ࡱ > - / ! " # $ % & ' ( ) * + , %` 0 bjbj"x"x @ @ | | | | , L u $ g h @ / ( | i E 0 u W : 4 ( u | | RUDOLF STEINER GESAMTAUSGABE VORTRGE VORTRGE VOR MITGLIEDERN DER ANTHROPOSOPHISCHEN GESELLSCHAFT RUDOLF STEINER Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie Einundzwanzig Vortrge, gehalten zwischen dem 14. Mrz 1908 und 21. November 1909 in verschiedenen Stdten 1986 RUDOLF STEINER VERLAG DORNACH/SCHWEIZ Nach vom Vortragenden nicht durchgesehenen Mitschriften und Notizen herausgegeben von der Rudolf Steiner-Nachlaverwaltung Die Herausgabe besorgten: 1. Auflage Ernst Weidmann, 2. Auflage Anna-Maria Baiaster und Ulla Trapp 1. Auflage, Gesamtausgabe Dornach 1970 2. Auflage, neu durchgesehen und erweitert um die Vortrge vom 14. Mrz 1908 und 14. Februar 1909 Gesamtausgabe Dornach 1986 Einzelausgaben und Abdrucke in Zeitschriften siehe zu Beginn der Hinweise Bibliographie-Nr. 108 Alle Rechte bei der Rudolf Steiner-Nachlaverwaltung, Dornach/Schweiz 1986 by Rudolf Steiner-Nachlaverwaltung, Dornach/Schweiz Satz: Kooperative Drnau, Drnau Printed in Germany by Greiserdruck, Rastatt ISBN 3-7274-1081-7 Zu den Verffentlichungen aus dem Vortragswerk von Rudolf Steiner Die Grundlage der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft bilden die von Rudolf Steiner (1861 - 1925) geschriebenen und verffentlichten Werke. Daneben hielt er in den Jahren 1900 bis 1924 zahlreiche Vortrge und Kurse, sowohl ffentlich wie auch fr die Mitglieder der Theosophischen, spter Anthroposophischen Gesellschaft. Er selbst wollte ursprnglich, da seine durchwegs frei gehaltenen Vortrge nicht schriftlich festgehalten wrden, da sie als mndliche, nicht zum Druck bestimmte Mitteilungen gedacht waren. Nachdem aber zunehmend unvollstndige und fehlerhafte Hrernachschriften angefertigt und verbreitet wurden, sah er sich veranlat, das Nachschreiben zu regeln. Mit dieser Aufgabe betraute er Marie Steiner-von Sivers. Ihr oblag die Bestimmung der Stenographierenden, die Verwaltung der Nachschriften und die fr die Herausgabe notwendige Durchsicht der Texte. Da Rudolf Steiner aus Zeitmangel nur in ganz wenigen Fllen die Nachschriften selbst korrigieren konnte, mu gegenber allen Vortragsverffentlichungen sein Vorbehalt bercksichtigt werden: Es wird eben nur hingenommen werden mssen, da in den von mir nicht nachgesehenen Vorlagen sich Fehlerhaftes findet. ber das Verhltnis der Mitgliedervortrge, welche zunchst nur als interne Manuskriptdrucke zugnglich waren, zu seinen ffentlichen Schriften uert sich Rudolf Steiner in seiner Selbstbiographie Mein Lebensgang (35. Kapitel). Der entsprechende Wortlaut ist am Schlu dieses Bandes wiedergegeben. Das dort Gesagte gilt gleichermaen auch fr die Kurse zu einzelnen Fachgebieten, welche sich an einen begrenzten, mit den Grundlagen der Geisteswissenschaft vertrauten Teilnehmerkreis richteten. Nach dem Tode von Marie Steiner (1867- 1948) wurde gem ihren Richtlinien mit der Herausgabe einer Rudolf Steiner Gesamtausgabe begonnen. Der vorliegende Band bildet einen Bestandteil dieser Gesamtausgabe. Soweit erforderlich, finden sich nhere Angaben zu den Textunterlagen am Beginn der Hinweise. INHALT I ber die hheren Welten Wien, 21, November 1908 Astrale und devachanische Welt. Erlebnisse, die die Seele in der Astralwelt haben kann. Wesenheiten des Astralplanes. ber Vogelzge. Tiergruppenseelen und ihr Gegenbild. Michael und der Drache. Die Pflanzenwelt auf der astralen Ebene. Das Prinzip der Wiederholung - therleib. Das Prinzip des Abschlusses - Astralleib. Zusammenwirken von therischem und Astralem, zum Beispiel in der Bildung des Rckgrats. Tier-Ich und Pflanzen-Ich. Erlebnisse der Seele in der Devachanwelt. Was ist Selbsterkenntnis? Wien, 23. November 1908 Die vier Stufen der wahren Selbsterkenntnis. Die niederste Art der Selbsterkenntnis ist die, die der Mensch durch das gewhnliche Tagesbewutsein bekommt, indem er sich der physischen Organe bedient: Erkennen der Umgebung. Die zweite Stufe schaut hin auf das Wirken des Selbstes im Atherleibe: Erkennen von Zugehrigkeit zu Familie, Rasse, Volk; was stammt von frher, was reicht in die Zukunft? Unabhngigwerden der Individualitt von der Vererbungslinie durch Sich-Erziehen zur Umbildung von Talenten und Fhigkeiten; Vernderungen der Aura. Die dritte Stufe ist die Erkenntnis der Wirkungen des Karma, die sich im Astralleibe ausleben. Fr die hchste Stufe der Selbsterkenntnis mssen wir Erkenntnis des kosmischen Zusammenhanges unserer Erde erringen: Selbsterkenntnis durch Welterkenntnis. Das Leben zwischen zwei Wiederverkrperungen Breslau, 2. Dezember 1908 Die viergliedrige Menschenwesenheit im Wach- und Schlafzustand. Schlaf und Tod. Das dreieinhalbtgige Erinnerungstableau nach dem Tode; das Ablegen des therleibes. Die Kamalokazeit und ihre Dauer; das Ablegen des Astralleibes. ber Astralleichname. Der Eintritt ins Devachan. Freundschaft, Kindes- und Mutterliebe und ihre Bedeutung. Das Ttigsein des Menschen in der Devachanzeit und die Vorbereitung fr eine neue Geburt. Die Zehn Gebote Stuttgart, 14. Dezember 1908 Wie waren die Inspirationen der Eingeweihten in den aufeinanderfolgenden Kulturepochen? Was die Rishis lehrten, ging vom oberen Devachan aus. Die Eingeweihten der persischen Epoche konnten sich bis zum niederen Devachan erheben. Die gyptischen Eingeweihten waren heimisch in der Welt des Astralplanes. Whrend der Vorhang der geistigen Welten sich mehr und mehr zuzog, war das Volk des Moses ausersehen, eine Offenbarung aus den geistigen Welten zu erhalten. Die Sendung des Moses: der Mensch sollte sich die Gottheit im Bilde des Ich vorstellen. Die zehn Gebote als Ich-Gebote. bersetzung und Erklrung der Zehn Gebote, die Anleitung geben, das Gttliche so zu verehren, da die uere Entwickelung des Menschengeschlechtes auf dem physischen Plan im Einklang mit dem Gttlichen sich vollziehen kann. Der Erkenntnispfad. ber den inneren Zusammenhang des Menschen mit der Erde Pforzheim, 17. Januar 1909 Freude und Schmerz in den drei Naturreichen. Die Himmelskrper als Schaupltze geistiger Wesenheiten. Das Herabsteigen des Christus von der Sonne auf die Erde. Das Damaskus-Erlebnis des Paulus. Einflsse Lu-zifers und Ahrimans im Laufe der Menschheitsentwickelung. Erdbeben, Vulkanausbrche und Menschheitskarma. Die Besnftigung der Naturelemente durch das Wirken des Christusgeistes in den Menschenherzen. Fragen des Karmagesetzes St. Gallen, 21. November 1909 Karma ist geistige Verursachung eines Ereignisses im Menschenleben durch ein Vorhergehendes. Beispiele fr Karmawirkungen zwischen Geburt und Tod; Weingenu, Zorn, Andacht, erzwungener Berufswechsel. Karmawirkungen aus frheren Verkrperungen. Folgen von Disharmonie zwischen Vererbung und dem aus frheren Verkrperungen Mitgebrachten. Wie wirkt sich das, was in Empfindungsseele, Verstandesseele und Bewutseinsseele lebt, im Leiblichen aus? Schdelgestaltung. Karmische Ursachen von Unglcksfllen. Die Bedeutung des Todes. Verstndnis fr das Christusereignis und seine Bedeutung fr die Erreichung des Erdenzieles. 11 Novalis und seine Hymnen an die Nacht Berlin, Matinee, 26. Oktober 1908 Das Leben des Novalis. Familie, Studium, Beruf; sein Verhltnis zur Mathematik. Spirituelle Erlebnisse, Erinnerung an frhere Inkarnationen. Sophie von Khn. Die Hymnen an die Nacht. Novalis und das Mysterium von Golgatha. Novalis, der Seher. Das Weihnachtsmysterium Berlin, 22. Dezember 1908 Das Damaskus-Erlebnis des Novalis. Er erkannte in Christus den Gott der Zukunft, den Menschensohn. Das Weihnachtsfest. Die Vorherverkndigung des Christus durch die Eingeweihten in den Mysterien der Atlantis und der nachatlantischen Kulturen. Das Mysterium von Golgatha. Christus bei den Toten. Das Ereignis von Golgatha bildet den Anfang fr ein Hinberwirkenknnen aus dem Physischen ins Geistige. Das Weihnachtsmysterium: der Zukunftskeim des Christus. Mrchendeutungen Berlin, 26. Dezember 1908 Mrchen mssen gedeutet werden aus der hinter der Mrchenwelt liegenden geistigen Wirklichkeit. Erzhlung der Mrchen vom Schneidergesellen und vom Rosmarienstengel und Goldvgelchen. Erleben und Wahrnehmen der geistigen Umgebung durch Empfindungs-, Verstandes- und Bewutseinsseele; Mrchen als Nachbilder dieser Erlebnisse. Besprechung verschiedener Mrchenmotive: Riesen, Zwerge, weise Frauen, Schwestern, verzauberte Gestalten, Vermhlung. Erzhlung des Mrchens von den drei Knigsshnen und ihren drei Schwestern; Kmpfe mit Drachen. Reste atavistischen Hellsehens in den Mrchen. III Die Stellung der Anthroposophie zur Philosophie Berlin, 14. Mrz 1908 Die Entstehung des Subjektivismus in der Philosophie und seine berwindung durch die Geisteswissenschaft. Das erste philosophische System, das nur aus der Quelle des Denkens in Begriffen schpft, finden wir bei Aristoteles. Er gibt eine Denktechnik, eine formale Logik, auf welche sich durch Jahrzehnte sowohl die christlichen Philosophen wie auch die Denker der arabischen Kulturstrmung sttzen. Die Scholastik; Nominalismus und Realismus. Der Subjektivismus, das Netz, in dem sich die Philosophie seit Kant verfangen hat. Die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt. Die Notwendigkeit der Unterscheidung zwischen Vorstellung und Begriff und die Bedeutung des innerlichen Konstruierens der Begriffe. Sinnlichkeitsfreies Denken. ber Philosophie Mnchen, 20. Mrz 1908 (Notizen) Der Weg der Philosophie seit dem Altertum. Die Entwickelung des begrifflichen Denkens aus dem alten Sehertum. Der Aristotelismus und seine Nachwirkungen in der Scholastik und im Arabismus. Einige erkenntnistheoretische Begriffe: Form und Materie; Gattung und Gattungsbegriff; Universalien vor und nach den Dingen. Nominalismus und Realismus. Die berwindung des Kantianismus. Formale Logik I Berlin, 20. Oktober 1908 (Notizen) Die Aufgabe der formalen Logik. Gesetze des richtigen Denkens. ber das Wesen des Begriffs. Was ist Wahrnehmung, Empfindung, Vorstellung? Unterscheidung zwischen Vorstellung und Begriff. Vorstellungsverlauf und Begriffsverlauf. Die Verbindung von Vorstellungen durch Assoziation oder Apperzeption. Die Verknpfung von Begriffen zu Urteilen, von Urteilen zu Schlssen. Grenzen der formalen Logik. Formale Logik II Berlin, 28. Oktober 1908 (Notizen) Die Lehre von Begriffen, Urteilen und Schlssen. Differenzierung der Begriffe nach Umfang und Inhalt. Formen des Urteils: affirmativ - negativ, partikular - universell, absolut - hypothetisch. Die einfachste Schlufigur. Kants Einteilung in analytische und synthetische Urteile. Unterscheidung zwischen formal richtigen und existentialen Urteilen. Kriterien fr die Gltigkeit von Urteilen. ber Philosophie und formale Logik Mnchen, 8. November 1908 (Notizen) 218 Den ueren Fortschritten der Naturwissenschaften steht heute ein Unvermgen philosophischen Denkens und philosophischer Begriffsdurcharbeitung gegenber. Denkfehler und Denkgewohnheiten. Notwendigkeit einer Denktechnik. Logik, die Lehre von Begriff, Urteil, Schlu. Zu Kants Widerlegung des ontologischen Gottesbeweises. Das Bilden von Begriffen und die Kategorienlehre Hegels Berlin, 13. November 1908 {Notizen) 237 Wahrnehmung, Vorstellung, Begriff. Die Stellung des Begriffnetzes zur sinnlichen und zur bersinnlichen Wirklichkeit. Das Sich-Bewegen in reinen Begriffen nach der Methode Hegels. Die Kategorienlehre. Hegels Ausbildung der Kategorien im ersten Teil seiner Wissenschaft der Logik. Konkordanz zwischen Begriff und Wirklichkeit. Praktische Ausbildung des Denkens Karlsruhe, 18. Januar 1909 256 Wirklich praktisches Denken und bloe Denkgewohnheiten. Wie kann man die richtige Stellung zum Denken gewinnen? Die Ausbildung des Denkens durch bungen. Vertiefung der Gedankenkrfte. bungen zur Strkung des Gedchtnisses. Beispiele fr Denkfehler. ber die Bedeutung sachgemen Denkens. ANHANG Friedrich Nietzsche im Lichte der Geisteswissenschaft Dsseldorf, 10. Juni 1908 (Notizen) 279 Die Persnlichkeit Nietzsches; sein Verhltnis zur materialistischen Kultur des 19. Jahrhunderts und zum Griechentum. Einiges zur Biographie Nietzsches; seine Erkrankung; sein Verhltnis zur Musik. Schopenhauer. Richard Wagner. ber einige Gedanken in Nietzsches Schriften Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, Die Geburt der Tragdie, Also sprach Zarathustra. Der Begriff des bermenschen. Nietzsche konnte in der ueren Kultur seiner Zeit nicht Antworten auf die Sehnsuchten und Ideale finden, die in seiner Seele lebten. ber die Mission des Savonarola Berlin, 27. Oktober 1908 (Notizen) 293 Das Christentum zeigt sich zur Zeit der Renaissance in zweifacher Gestalt, im inneren Erleben der Menschenseelen und in der ueren Machtentfaltung der Kirche. Savonarola, das Gewissen des Christentums. Aus einem Kapitel okkulter Geschichte. Die Rishis Stuttgart, 13. Dezember 1908 (Notizen) 298 Vernderungen der nachtodlichen Seelenerlebnisse im Laufe der geschichtlichen Entwicklung. Die Eingeweihten der verschiedenen Kulturepochen. Die Bedeutung des Ereignisses von Golgatha fr das Leben in der jenseitigen Welt in der Zeit zwischen Tod und neuer Geburt. Okkulte Geschichte I Nachtodliches Leben in vor- und nachchristlicher Zeit Nrnberg, 16. Dezember 1908 (Notizen) 302 Verschiedenheit der Seelenerlebnisse des Menschen im nachtodlichen Leben in der vor- und in der nachchristlichen Zeit. Das Bewutsein des Atlantiers; sein Zusammenleben mit den gttlich-geistigen Wesenheiten. Das Leben in der physischen und in der geistigen Welt whrend der indischen, persischen, gyptischen und griechisch-rmischen Kulturepoche. Das Ereignis von Golgatha und die Verkndigung des Christus in der Welt der Toten. Die Bedeutung dieses Ereignisses fr die drei Welten, in denen der Mensch lebt. Okkulte Geschichte II Das Aufkeimen zuknftiger Seelenkrfte Nrnberg, 9. Februar 1909 (fragmentarische Notizen). . . . 318 Die Zeit der Atlantis: Eingeweihte, Orakelsttten, Fhigkeiten der Menschen. Welche dieser Fhigkeiten wurden herbergetragen in die nachatlantische Kultur? Hinweise 323 Personenregister 330 Rudolf Steiner ber die Vortragsnachschriften 333 bersicht ber die Rudolf Steiner Gesamtausgabe 335 BER DIE HHEREN WELTEN Wien, 21. November 1908 Auf den Wunsch Ihres Vorsitzenden werden wir heute ber ein Thema sprechen, das gewisse Voraussetzungen an die Zuhrer stellt, also in einer gewissen Weise fr vorgeschrittene Anthroposophen bestimmt ist. Wir werden in den folgenden ffentlichen Vortrgen Gelegenheit haben, denjenigen Rechnung zu tragen, die von den Grundlagen der anthroposophischen Weltanschauung noch wenig gehrt haben, und manches, was vielleicht in den internen Vortrgen sozusagen einer Aufklrung bedarf, wird wenigstens zum Teile in den ffentlichen Vortrgen eine solche erfahren. Wenn von vorgeschrittenen Anthroposophen gesprochen wird, so fassen Sie das keineswegs so auf, meine lieben Freunde, als ob damit gemeint wre, da man, um auf geisteswissenschaftlichem Felde vorgeschritten zu sein, theoretisch viel gelernt haben mte; darauf kommt es eigentlich nicht an. Worauf es ankommt, ist weniger eine Welt von solchen Theorien im Inneren der Seele, sondern eine gewisse Ausbildung unserer Empfindungswelt, unserer Gefhlswelt, eine gewisse Gesinnung, knnte man sagen, die man sich allmhlich aneignet, wenn man wieder und wieder im anthroposophischen Kreise arbeitet. Diejenigen, welche viel und seit Jahren innerhalb dieses Kreises arbeiteten, oder innerhalb eines anderen solchen Kreises sich bettigten, die werden zurckdenken an die Zeit, wo sie sozusagen zum ersten Male etwas gehrt haben von dem, was die anthroposophi-sche Geisteswissenschaft der Menschheit zu sagen hat, und sie werden sich erinnern, da mancherlei von dem, was ihnen damals wie eine erste Botschaft zugekommen ist, nicht nur unwahrscheinlich, sondern vielleicht konfus, phantastisch - wenn nicht vielleicht noch Schlimmeres davon gesagt werden mte - geschienen hat. Aber im Laufe der Zeit haben sich solche, die dann der anthroposophischen Weltanschauung naher und nher traten, hineingewhnt in eine gewisse Empfindungs - und Gefhlswelt, die es mglich macht, Dinge, die aus den hheren Welten mitgeteilt werden, hinzunehmen, wie eben Erzhlungen von Tatsachen, die auf dem physischen Plane, in der physischen Welt geschehen, hingenommen werden. Dasjenige, was man Beweise fr die geisteswissenschaftlichen Mitteilungen nennen knnte, ist ganz und gar nicht auf dem Felde zu suchen, wie der Beweis fr die anerkannten wissenschaftlichen Wahrheiten. Mit solcher Beweisfhrung wrde man nicht viel anfangen knnen. Die Beweisfhrung, die sich ergibt fr den, der sich einlebt in die anthro-posophische Weltanschauung, liegt in der ganzen intimen Umgestaltung, die das Seelenleben erfhrt. Und lange bevor der Mensch so glcklich sein kann, durch Anwendung der geisteswissenschaftlichen oder okkulten Methoden hinaufzudringen zur Anschauung der geistigen Welten, bildet sich in ihm ein Vorgefhl, eine Vorahnung aus von der Richtigkeit, von der tiefen Begrndetheit dessen, was mitgeteilt wird ber diese hheren Welten. Mancherlei von dem, was uns eine Vorstellung wird geben knnen ber die Art, wie der Mensch hinaufdringen kann in die hheren Welten, wie er mit seinen eigenen geistigen Sinneswerkzeugen wahrnehmen kann in diesen hheren Welten, wird Ihnen der nchste Vortrag Was ist Selbsterkenntnis? zur Anschauung bringen. Heute wollen wir mehr erzhlend einige Betrachtungen ber diese hheren Welten pflegen, ber den Zusammenhang dieser Welten mit unserer physischen Welt. Sie alle kennen ja aus Ihren bisherigen anthroposophischen Arbeiten auer unserer Welt zwei andere Welten, die sogenannte astra-lische und die sogenannte devachanische Welt, die von den Religionen, soweit sie hierzulande bekannt sind, die himmlische Welt genannt wird, die eigentlich geistige Welt. Sie kennen vor allem diese Welten als Gebiete, die der Mensch zu durchlaufen hat zwischen dem Tod und einer neuen Geburt. Sie wissen ja, da zunchst die astralische Welt als Kamaloka durchlaufen wird, da dann der Mensch in eine rein geistige Welt, in das Devachan eintritt, wo er heranreift zu einer neuen Geburt, um nach einer gewissen Zeit wieder herunterzusteigen zu einem neuen Erdenleben, einem Leben in der physischen Welt. Nun ist es aber nicht genug, wenn man die Astral- und Devachan-welt eigentlich sich nur vorstellt als gewisse Gebiete, die der Mensch zwischen dem Tode und einer neuen Geburt durchluft, sondern diese Welten sind ja fortwhrend um uns. Wir leben fortwhrend nicht nur in der physischen Welt, sondern auch m der astralischen oder Seelenwelt, die uns mit ihren Wesenheiten und Tatsachen umgibt. Man kann diese Astral- oder Seelenwelt so bezeichnen, da man sagt, sie durchdringt unsere physische Welt, wie wenn man einen Schwamm mit Wasser durchtrnkt. Der Unterschied dieser beiden Welten gegenber unserer physischen Welt ist nur der, da unsere physische Welt wahrgenommen wird durch Werkzeuge unseres Leibes, und da sich zunchst fr den Menschen diese hheren Welten der Wahrnehmung deshalb entziehen, weil er dafr keine Wahrnehmungsorgane ausgebildet hat. So wahr sie innerhalb unserer Welt sind, so wahr spielen ihre Wirkungen fortwhrend in unsere Welt herein. Und vieles, was in der physischen Welt vorgeht, wrde sich der Mensch leichter erklren knnen, wenn er die dahin-terliegende geistige Astral- und Devachanwelt kennen wrde, wenn er wte, da in unserem Umkreis Wesen um uns sind und Tatsachen, welche mit unseren Sinnen nicht erfat und begriffen werden knnen. Die Astralwelt enthlt zunchst nicht nur Tatsachen, die sich bersinnlich in unserer Umgebung abspielen; sie enthlt auch Wesenheiten, die, wenn wir so sagen drfen, in der Substanz dieser Welt ebenso verkrpert sind, wie der Mensch, die menschliche selbstbewute Wesenheit, hier in der physischen Welt verbunden ist mit Fleisch und Blut. Der Unterschied zu Wesenheiten wie den eben bezeichneten ist der, da diese Wesenheiten keine so dichten physischen Leiber annehmen, da sie mit unseren physischen Augen gesehen werden. Ihr grbster Leib ist der Astralleib. Nun mssen wir gleich, wenn wir von den Wesenheiten sprechen, die also zum untersten Gliede ihres geistigen Organismus ebenso den Astralleib haben, wie der Mensch zum untersten Gliede den physischen Leib hat, von vornherein aufmerksam machen, wie nun derjenige, dessen hellseherisches Bewutsein geffnet ist, der also schauen kann, diese Wesenheiten wahrnimmt. Diese Wesenhei- ten unterscheiden sich ganz wesentlich von den auf dem physischen Plane existierenden Wesenheiten unserer verschiedenen Naturreiche. Wir sind hier umgeben von Mineralien, Pflanzen, Tieren und Menschen. Wenn wir eine charakteristische Eigenschaft dieser Wesenheiten der verschiedenen Naturreiche einmal hinstellen wollen, so ist es das Stndige, das Bleibende der Form. Einen Menschen, den Sie heute gesehen haben, werden Sie morgen oder bermorgen oder selbst nach Jahren noch daran erkennen, da seine uere Form bestndig geblieben ist. Ebenso ist es der Fall beim Tier, bei der Pflanze, beim Mineral. Das ist nun ganz und gar nicht der Fall bei den Wesenheiten, die nur auf dem astralischen Plan verkrpert sind. Die haben fortwhrend eine wechselnde Gestaltung, eine Gestaltung, die bei vielen Wesenheiten in jedem Augenblick eine andere wird; denn die Gestalt, welche auf dem astralischen Plan wahrgenommen wird, ist ein genauer Abdruck der inneren Seelenerlebnisse und Seelenbettigungen dieser Wesenheiten. Denken Sie sich nur einmal, wenn Sie Ihre Seele betrachten am Morgen, wo Sie gerade einen freudigen Brief erhalten haben, und die frohe Botschaft die Seele angefllt hat mit Freude und Lust, und sozusagen dieses Gefhl in Ihrer Seele lebt, denken Sie sich nun, wenn Sie Ihre uere Gestalt jedesmal dem Seelenleben entsprechend nderten, wie anders diese Bilder aussehen wrden als nachmittags, etwa wenn Sie eine Todesnachricht erhalten, oder in dem Augenblicke, wo Zorn und Furcht Sie durchzittern. Wenn dann jedesmal Ihre uere Gestalt gendert wrde und diese zum Ausdruck brchte, was in der Seele vorgeht, dann htten Sie ein Bild dessen, was auf dem Astralplan vorgeht. Daher also das Verwirrende, das Hinhuschende und sich fortwhrend Verndernde der Formen der Astralwesenheiten. So also mten Sie sich vorstellen, da das hellseherische Bewutsein, wenn es die Aufmerksamkeit vom physischen Plane abwendet, umgeben ist von einer solchen astralen Bilderwelt. Natrlich kann alles das, was sich da abspielt, nicht geschildert werden; es knnen nur Einzelheiten skizzenhaft hingestellt werden. Das Leben auf dem astralen Plan ist viel reicher als auf der physischen Welt. Sie mssen sich nur vorstellen, da da in der Astralwelt lichte Bilder, die nicht an einem ueren Gegenstande haften, hinhuschen, da sie eine gewisse Form haben, die entweder licht oder weniger licht, weniger leuchtend oder getrbt sind, da sie in jedem Augenblicke sich ndern, und das sie nichts anderes sind als ein Ausdruck fr Seelen, sagen wir, die da leben auf dem astralen Plane. Aber diese lichten Krper zeigen nicht blo Licht und verschiedene Farbenbildungen, sondern auch alle anderen dem Physischen hnliche Sinneseindrcke; nur werden diese nicht mit ueren, sondern mit den Geistorganen der Seele wahrgenommen. Es ist nun ein Unterschied zwischen der Wahrnehmung eines Lichtkrpers auf dem astralen Plane und der einer Farbe oder eines Lichtkrpers auf dem physischen Plan. Demgegenber, was dort als Licht entgegentritt, hat das Bewutsein nicht das Gefhl, als sei es auerhalb dessen, sondern es hat das Gefhl: Du lebst darin. - Das ist zunchst recht schwer, sich vorzustellen; denn Sie mssen sich denken, da in dem Augenblicke, wo das hellseherische Bewutsein im Menschen aufgeht, der Mensch noch etwas anderes fhlt, als da nur der Raum sich mit astralen Tatsachen und Wesenheiten anfllt, sondern er fhlt, als wenn er wchse, als wenn er grer und grer wrde. Es dehnt sich das Bewutsein: Das bin ich ber die Haut hinaus. Das ist das Wesentliche des hellseherischen Bewutseins. Er sprt, wie wenn er sich hinausbreite und in das, was er wahrnimmt, hineinkrche, so da er innerhalb dieser Leuchtkrper lebt und Wrme- und Klteempfindungen versprt; er versprt auch Geschmack. Alle diese Empfindungen, die er zunchst aus der Sinnenwelt kennt und die hier mit dem ueren begrenzten Krper verknpft sind, durchstrmen und durchhuschen den Raum, und vor allen Dingen tritt noch etwas auf. Hier in der physischen Welt hat der Mensch natrlich das Gefhl, da nur dasjenige zu einem Wesen gehrt, was sozusagen rumlich mit dem Wesen zusammenhngt. Es wrde Sie sonderbar berraschen, wenn irgendein physisches Wesen hineinliefe in den Raum und hinterher ein anderes, und jemand behauptete, die beiden gehren zusammen, obzwar keine Verbindung zwischen ihnen da ist. Man wrde sie fr getrennte Wesen halten; denn man wird niemals rumlich getrennte Krper in der physischen Welt als ein Wesen ansehen. In der Astralwelt ist das durchaus der Fall, da das, was gar nicht rumlich zusammenhngt, ein Wesen ist, und da haben Sie keinen anderen Mastab dafr, anzuerkennen, da das ein Wesen ist, als da, sagen wir, Sie drinnen sind und nun das Bewutsein haben, diese zwei voneinander ganz abstehenden Glieder gehren zu einer Wesenheit. Verwirrend ist also, da sich das hellseherische Bewutsein nicht immer gleicht, und da das, was zusammengehrt, nicht immer als solches erblickt werden kann. Ja, es kann noch weitergehen: Da Sie ein Wesen sehen knnen, das Ihnen erscheint als eine Reihe voneinander getrennter Kugeln, hier eine leuchtende Kugel, weit davon eine zweite, dann eine dritte, vierte und so weiter. Daraus werden Sie sehen, da es auf dem Astralplan in grndlichster Weise anders aussieht als hier. Aber es gibt ja etwas, das mit dem Menschen selbst verbunden ist und das in dieser Verbindung mit dem Menschen zu gleicher Zeit alle Eigenheiten der astralischen Welt als Wirkungen auf den Menschen uert; das ist des Menschen eigener Astralleib. Das ist das dritte Glied seiner Wesenheit, von dem Sie erfahren haben, da es in einer gewissen Weise eine selbstbegrenzte Gestalt hat. Whrend des Lebens zwischen Geburt und Tod kann man allerdings sehen, da im wesentlichen der Astralleib sich wie eine Art ovale Wolke ausnimmt, in welche der physische und therleib eingebettet sind. Eine Art Eiform ist der Krper, auf dessen ueren Grenzen bestndig wogende Bewegungen geschehen, so da von einer Regelmigkeit keine Rede sein kann. Der Astralleib zeigt eine verhltnismig feste, bestndige Form, solange er im physischen Leibe drinnensteckt. Solange das der Fall ist, so lange bleibt diese Form. Schon in der Nacht, wenn der Astralleib sich herauszieht, beginnt dieser sich dem Seelenleibe anzupassen. Da kann man schon sehen, wie ein Mensch, der bei Tage in bsartigen Gefhlen lebt, in der Nacht eine andere Form zeigt als ein Mensch, der whrend des Tages in guten Gefhlen gelebt hat. Im allgemeinen bleibt aber doch die Form des astralischen Leibes in der Nacht bestehen, weil die Krfte des physischen und therleibes sehr stark wirken und auch in der Nacht noch nachwirken, und den Astralleib in seiner Form im wesentlichen, aber nur im wesentlichen, erhalten. Aber wenn der Mensch im Tode, nach Beendigung seines physischen Lebens, zunchst den physischen Leib abstt und dann auch denjenigen Teil des therleibes abstt, der abzustoen ist, dann zeigt der Astralleib schon whrend der Kamalokazeit durchaus eine wechselnde Form. Ganz und gar angepat ist dieser Leib in seiner Form und Bildgestalt seinem Seelenleben, so da ein Mensch, der seinen Leib im Tode mit hlichen Gefhlen verloren hat, eine abschreckende Gestalt zeigt, whrend ein Mensch, der mit schnen Gefhlen gestorben ist, schne, sympathische Formen des Astralleibes zeigt. Es kann so weit kommen, da Menschen, die ganz und gar aufgehen in sinnlichen Begierden und die sich nicht erheben knnen zu irgendwelchen edlen Gefhlen und Trieben, nach dem Tode eine Zeitlang wirklich die Form von allerlei grotesken Tieren annehmen, nicht solchen, wie sie auf dem physischen Plan leben, sondern solchen, die nur daran erinnern. Derjenige nun, der Erlebnisse hat auf dem astralen Plan und verfolgen kann, welche Gestalten sich da dem hellseherischen Bewutsein darbieten, der wei, welches Bild einer Seele mit edlem und einer mit unedlem Inhalt entspricht; von dem kann also alles an den Gestalten erlebt und erschaut werden. Ich sagte schon, da dieser astrale Menschenleib keineswegs absolut etwa ganz bestimmte innere und uere Formen zeigt, sondern nur innerhalb bestimmter Grenzen ist das der Fall. Auch schon im physischen Leben, namentlich in jenem Teil des Leibes, der nach dem Einschlafen austritt, pat sich in einer gewissen Weise der Astralleib doch auch dem an, was die Seele erlebt. Und da kann man aus gewissen Bildungen und Gestaltungen, die der Astralleib in sich annimmt, sehen, was innerhalb des Menschen vorgeht und was er erlebt. Nur bezglich einiger Dinge, die die Seele erleben kann, mchte ich Ihnen einiges angeben, nmlich, wie dann der astrale Leib gesehen wird. Nehmen Sie an, ein Mensch sei schwatzhaft, neugierig oder er neige zum Jhzorn oder anderen hnlichen, sagen wir, Untugenden. Da drcken sich diese Untugenden in einer ganz bestimmten Weise in seinem Astralleib aus. Wenn der Mensch zum Beispiel geplagt wird von Zorn, rger, namentlich wenn er jhzornig ist, dann zeigen sich in seinem Astralleib knollige Bildungen, Verdichtungen durch den Astralleib. Er wird unrein. Von diesen Verdichtungen gehen recht schlimm aussehende schlangenartige Fortsetzungen aus, die sich auch in der Frbung von anderen Substanzen unterscheiden. Namentlich bei jhzornigen Menschen kann das leicht beobachtet werden. Wenn die Menschen schwatzhaft sind, dann zeigt sich dieses namentlich dadurch, da der Astralleib allerlei Verdichtungen zeigt, die man so charakterisieren knnte, da man sagt, durch die Verdichtungen werde nach allen Seiten ein Druck im Astralleib ausgebt. Wenn die Menschen neugierig sind, dann zeigt sich das im Astralleib, indem er sich in Falten legt; gewisse Teile werden faltig schlaff, und es hngen sozusagen gewisse Teile einander entgegen; es zeigt sich ein allgemeines Schlaffwerden, Sie sehen also, da dieser astrale Menschenleib in einer gewissen Art die allgemeinen Eigenschaften der Astralwelt teilt, da er seine Form den inneren Seelenerlebnissen des Menschen anpat. Nun finden wir, wenn wir die Astralwelt im allgemeinen durchforschen, zunchst gewisse Wesenheiten, von denen der Mensch, der nur das Physische kennt, eigentlich keine Ahnung haben kann. Vor allen Dingen erscheint ihm diese physische Welt in einer ganz anderen Art, als sie ihm vorher erschienen ist. So zum Beispiel finden wir als ganz besondere Wesenheiten die Gruppenseelen der Tiere. Der Mensch, wie er uns hier entgegentritt, hat eine individuelle Seele, die, eine jede fr sich, eine Ich-Wesenheit hat. Die Tiere haben nicht in der gleichen Weise eine Ich-Wesenheit. Bei ihnen haben die gleichgestalteten Formen, also alle Lwen, alle Tiger, alle Schildkrten dasjenige, was man eine gemeinsame, eine Gruppenseele nennen kann. Und Sie mssen sich vorstellen, da auf dem astralen Plane eine Ichheit lebt, gleichgltig wo die Tiere im Physischen leben. Alle sind eingebettet in eine Ichheit, die auf dem astralen Plane eine wirkliche Persnlichkeit ist, und dort kann man dieser Persnlichkeit, dieser Gruppenseele begegnen, wie hier einem Menschen. Ein Beispiel: Nehmen Sie einmal einen Vogelzug, wenn die Vgel anfangen, von den nrdlichen Gegenden zum quator zu ziehen. Wer nicht oberflchlich diese wirklich auerordentlich weisheitsvollen Vogelzge beobachtet, wird staunen darber, wieviel von dem, was man Intelligenz nennt, zu einem solchen Zuge der Vgel gehrt. Die einen ziehen in diese, andere in die andere Region; Gefahren bestehen sie, sie landen, wo sie landen mssen. Da sieht das gewhnliche physische Bewutsein nur die dahinziehenden Schwrme. Das hellseherische Bewutsein aber sieht die Gruppenseele, das Wirken der Persnlichkeiten, die da leiten und lenken, was da vorgeht. Tatschlich sind es solche kstrale Persnlichkeiten, die das Ganze fhren und leiten. Diese Gruppenseelen sind es, die uns zunchst als eine Bevlkerung der Astralwelt entgegentreten. Die Mannigfaltigkeit, die in der Gruppenseele der Tiere auf dem Astralplan herrscht, diese Buntheit ist eine unendlich viel grere. Nur nebenbei sei erwhnt, da auf dem astralen Plan Platz fr alle ist, weil sich dort die Wesen durchdringen; denn das Gesetz der Undurchdringlichkeit gilt nur fr den physischen Plan. Nur fhlen sie dort die Einflsse, wenn sie durchdrungen werden, gute wie bse; im innerlichen Erleben spren sie das Durchgehen. Sie knnen also durch einander durchgehen; sie knnen auch an ein und demselben Orte leben. Es herrscht dort das Gesetz der Durchdringlichkeit. Aber das ist wiederum nur ein Teil der Astralbevlkerung, allerdings einer, den wir im vollen, richtigen Sinne erst erkennen, wenn wir ihn ganz erfassen. Glauben Sie nicht, da derjenige schon einen Begriff von einer Gruppenseele irgendeiner Tierform hat, der, sagen wir, aufmerksam ist, wie diese in der Astralwelt eingebettet ist und wie zu dieser Gruppenseele hinauf sein Bewutsein geleitet wird. Das gengt nicht. Gerade hier tritt uns lebendig entgegen, da das, was rumlich getrennt ist, zusammengehrt, so da wir fr jede Tiergruppenseele, die weisheitsvoll das Ganze leitet, ein Gegenbild haben, und zwar ein schlimmes Gegenbild. Darin besteht die Tier-heit, da sie einmal hinaufweist in die Astralwelt, aber dann hinunterweist in jenen Teil der Astralwelt, wo Hlichkeit und Widrigkeit herrschen, so da wir fr jede Tiergruppe eine Lichtgestalt und eine hliche Gestalt haben, welche sich einmal abgesondert hat von der Lichtgestalt als das Bse, Hliche, was einmal in ihr drinnen war. Da knnen Sie nun sehen, wie die alten Bilder und Kunstwerke aus einer hheren Erkenntnis hervorgegangen sind. Heute erkennt man als eine Individualitt nur das, was im Menschen lebt. Und man kann daher, wenn man etwas Hheres darstellen will, nur zur Phantasie greifen. So war das durchaus nicht immer. Damals, als ein groer Teil der Menschheit, namentlich der, welcher knstlerisch wirkte, ein gewisses hellseherisches Bewutsein oder doch berlieferungen vom Hellsehen hatte, da hat man immer dargestellt das, was sich wirklich in den hheren Welten vorfindet. Und so haben Sie in dem Ihnen bekannten Michael mit dem Drachen oder Sankt Georg mit dem Drachen eine wunderbare Darstellung der Verhltnisse, welche der Hellseher auf dem astralen Plane bezglich der Tierformen immer vorfindet. Sie erhebt ihn zu einer hheren Gestaltung, die weise ist und weit hinausragt ber die Weisheit der Menschen. Aber diese Weisheit ist errungen dadurch, das herausgeworfen worden ist aus der Astralitt solcher Wesenheiten die schlimme Seite. Diese schlimme Gestalt haben Sie in dem widrigen Drachen. Wenn der Hellseher aufsieht von der lebenden Form, so sieht er alles, was fr die lebendige Form angeordnet wird von der hheren Wesenheit, die weise ist, die nur nicht die Liebe kennt. Aber diese Ausbildung der lichten Seelengestalt ist nur errungen worden dadurch, da unter die Fe getreten worden sind die bsen Eigenschaften, die in der Wesenheitsform waren. Der Mensch hat seine heutige Natur dadurch errungen, da er heute noch in seinem Karma Gut und Bse vermischt hat, whrend auf das Tier die moralischen Unterschiede von Gut und Bse sich nicht anwenden lassen. Aber der Begriff der lichtvollen Wesenheit ist mit dem Zuge nach oben, der des Gefallenseins mit dem, was berwunden worden ist, verknpft. Alte Kunst hat meist so geschaffen in bedeutungsvollen Symbolen, und was da geschaffen worden ist, ist nichts weiter als ein Ergebnis hellseherischer Betrachtungen. Das wird erst dann begriffen werden, wenn man die astralischen Urbilder wieder erkennen wird. Auch die Pflanzenwelt bietet auf der astralischen Ebene etwas Eigentmliches dar. Wenn der Hellseher eine Pflanze betrachtet, wie sie mit der Wurzel im Boden wurzelt, Bltter und Blten ansetzt, hat er zunchst vor sich die Pflanze, bestehend aus dem physischen Leibe und dem therleib. Das Tier hat noch den Astralleib. Nun knnen Sie einmal die Frage aufwerfen: Haben die Pflanzen gar nichts von einem Astralleibe? Es wre falsch, wrde man das behaupten; er ist nur nicht drinnen, wie er in dem Tiere drinnen ist. Wenn das hellseherische Bewutsein die Pflanze beschaut, so sieht es namentlich oben, wo die Blten sind oder entstehen, die ganze Pflanze eingetaucht in eine astrale Wolke, eine helle Wolke, die die Pflanze namentlich an diesen Teilen umgibt und einhllt, wo sie blht und Frchte trgt. Also die Astralitt senkt sich gleichsam auf die Pflanze nieder und hllt einen Teil der Pflanze ein. Der Astralleib der Pflanze ist eingebettet in diese Astralitt. Und das Eigentmliche davon ist, da, wenn Sie sich die ganze Pflanzendecke der Erde denken, so werden Sie finden, da die Astralleiber der Pflanzen einer an den anderen grenzen und sie ein Ganzes bilden, von dem die Erde eingehllt ist wie von physischer Luft, von der Pflanzen-astralitt. Wenn die Pflanzen nur einen therleib htten, wrden sie so wachsen, da sie nur Bltter, keine Blten ansetzen wrden, denn das Prinzip des therleibes ist Wiederholung. Wenn eine Wiederholung abgeschlossen und ein Abschlu gebildet werden soll, mu ein Astralleib dazukommen. So knnen Sie am Menschenleibe selbst betrachten, wie das therische und das Astrale zusammenwirken. Denken Sie sich die aufeinanderfolgenden Ringe des Rckgrats. Da gliedert sich Ring an Ring. Solange dies geschieht, wirkt hauptschlich das therische Prinzip im Organismus. Oben, wo die kncherne Schdelkapsel eintritt, dort berwiegt das Astrale, nmlich dort hat das Astrale das bergewicht. Also das Prinzip der Wiederholung ist das Prinzip des therischen, und das Prinzip des Abschlusses ist dasjenige des Astralen. Die Pflanze wrde oben nicht abgeschlossen sein in der Blte, wenn sich nicht in das therische das Astrale der Pflanzennatur senken wrde. Wenn Sie eine Pflanze verfolgen, wie sie den Sommer hindurch wchst und dann im Herbste Frchte trgt und dann anfngt zu wel- ken, also wenn die Blte anfngt zu ersterben, dann zieht sich das Astrale wieder aus der Pflanze zurck nach oben. Das ist ganz besonders schn zu beoachten. Whrend das physische Bewutsein des Menschen im Frhling seine Freude haben kann an dem Erblhen der Pflanzen, wie sich Flur um Flur mit herrlichen Blten bedeckt, gibt es fr das hellseherische Bewutsein noch eine andere Freude. Wenn gegen den Herbst zu die Pflanzen, die einjhrig sind, absterben, dann leuchtet es und huscht hinauf wie huschende Gestalten, die sich als astrale Wesenheiten herausbegeben aus den Pflanzen, die sie den Sommer hindurch versorgt haben. Hier ist wieder eine Tatsache, die uns in dem poetischen Bilde entgegentritt, das nicht verstanden werden kann, wenn nicht hierin das hellseherische Bewutsein verfolgt werden kann. Da sind wir schon in einem intimen Felde des astralen Bewutseins. Aber bei Vlkern der Vorzeit, wo solche intime Hellseher vorhanden waren, da war auch schon dieses Sehen im Herbst vorhanden. Sie finden bei dem hellseherischen Volke Indiens in der Kunst das wunderbare Phnomen dargestellt, da ein Schmetterling oder ein Vogel hinausfliegt aus einem Bltenkelch. Wiederum ein solches Beispiel, wie in der Kunst etwas aufsteigt, wo durchaus das hellseherische Bewutsein zugrunde liegt aus jenen fernen Zeiten her, wo entweder das hellseherische Bewutsein in den Knstlern gewirkt hat oder als eine Tradition beachtet wurde. Ein Astralleib ist also auch in der Pflanze vorhanden. Das Tier hat physischen Leib, therleib, Astralleib. Das Ich des Tieres haben wir gefunden in der Gruppenseele. Wir haben jetzt vom Astralleib der Pflanze gesprochen, den wir, wenn die Pflanze welk wird, als ein sich herausziehendes Wesen charakterisiert haben. Hat die Pflanze auch ein Ich? Ja, es gibt dasselbe fr die Pflanzen, was wir beim Tier die Gruppenseele nennen, nur herrscht hier das Eigentmliche vor, da alle die Pflanzen-Iche nach einem einzigen Ort der Erde sich richten, nmlich nach dem Mittelpunkt der Erde. Es ist, als ob die Erde von allen Seiten bestrahlt wrde von den Gruppen-Ichen aller Pflanzen, und deshalb wchst die Pflanze gegen die Erde zu. Dieses Ich aber kann auf dem astralen Plan nicht beobachtet werden. Dort findet der Hellseher die tierischen Gruppenseelen. Er findet auch jene Doppelwesen, wie wir sie im Symbol von Michael mit dem Drachen gesehen haben. Er findet auch, was nun geschildert worden ist, aber die Pflanzen-Iche wrde er vergeblich auf dem astralen Plane suchen. Die sind erst in der hheren, in der eigentlich geistigen Welt, in den grberen, unteren Partien des Devachans, im Rupa-Devachan. Da sind die eigentlichen Pflanzenseelen, die Pflanzen-Iche, und die stecken alle so ineinander, da sie mit ihrem eigentlichen Mittelpunkte alle ineinander sind, im Mittelpunkte der Erde vereinigt sind. Da kann nun die Frage entstehen: Es sind doch der physische Plan, der astrale Plan, der devachanische Plan eigentlich ineinander, so da der Hellseher sich rumlich nirgends anders befindet, als wo der physische Mensch sich befindet; wie unterscheidet man da eigentlich den einen von dem anderen? Es ist bald gesagt, wodurch der physische Plan sich vom astralen unterscheidet. Der physische Plan ist da, solange man sieht, hrt, tastet, und wenn der Mensch innere Fhigkeiten entwickelt, dann werden ihm zwischen und in dem Physischen die astralen Wesen unterscheidbar. Dort, wo solche Wesen in unser Bewutsein eintreten, die mit physischen Organen nicht wahrzunehmen sind, da beginnt der astrale Plan. Aber wann beginnt dann der devachanische Plan? Nun gibt es die Mglichkeit, Grenzen anzugeben zwischen dem astralen und devachanischen Plan, obwohl sie ineinander verschwimmen; es gibt durchaus eine uere und eine innere Mglichkeit, den Aufstieg vom astralen zum devachanischen Plane zu erkennen. Die uere Mglichkeit ist folgende: Wenn der Mensch sein hellseherisches Bewutsein entwickelt, mu er zunchst Augenblicke im Leben haben, wo er die physische Welt in gewisser Beziehung verlt. Das ist schon ein hherer Grad menschlicher Entwickelung, wenn er sozusagen gleichzeitig die physische und dann in ihr, diese durchsetzend, die astrale Welt erblickt, also zum Beispiel das Physische eines Tieres und den astralen Leib eines Tieres sieht. Aber das kann nur erreicht werden bei einem gewissen Grade von Entwickelung, nachdem man etwas anderes durchgemacht hat, nmlich, da man die physische Welt nicht sieht, wenn man die astrale Welt sieht. Dieses Hineinleben des Menschen im Beginn der Entwickelung in die astrale Welt zeigt sich dadurch, da sich folgendes abspielt. Der Mensch ist an einem bestimmten Orte. Er hrt allerlei um sich, sieht die Gegenstnde, er tastet sie, er schmeckt sie. Wenn nun der Mensch sich nach und nach hellseherisch in die astrale Welt einlebt, dann ist es so, da diese sinnlichen Eindrcke zuerst anfangen, weiter und weiter vom Menschen abzuziehen, so da der Ton wie in weiter, weiter Ferne zu sein und dann ganz und gar zu verschwinden scheint. Ebenso ist es mit den Tastwahrnehmungen: Der Mensch wird nach und nach dasjenige, was sonst getastet wird, nicht als unmittelbar empfinden; er wird mit gewissen Gefhlen die Krper durchdringen, in sie hineintasten. Ebenso die Farbenwelt, die Lichtwelt; der Mensch breitet sich aus, er lebt sich in diese Lichtwelt hinein. So zieht dasjenige, was die sinnliche Welt ist, vom Menschen ab, und an ihre Stelle treten die Erscheinungen, wie sie vorhin besprochen worden sind. Das erste nun zunchst, was da beobachtet werden mu, ist das, da da, wo die Astralwelt wirklich vom Menschen beschritten wird, sozusagen vollstndig die Tonwahrnehmungen, die Gehrwahrnehmungen, die Schallwelt, die Tonwelt ausgelscht sind. Das ist eine Zeitlang berhaupt in der Astralwelt nicht vorhanden. Der Mensch mu sozusagen diesen Abgrund durchmachen, in einer tonlosen Welt zu leben. Allerdings ist sie dadurch ausgezeichnet, da sich in ihr mannigfaltige Eindrcke finden, namentlich eine differenzierte Bilderwelt. Wenn er hher steigt in der Entwickelung, lernt er etwas kennen, was ihm jetzt ganz neu ist, nmlich das, was wie ein geistiges Gegenbild zur Tonwelt zu bezeichnen ist. Er lernt zuerst innerhalb der Astralwelt kennen das, was neu auftritt als geistiges Hren. Das ist nun freilich schwer zu beschreiben. Nehmen Sie nun folgendes an: Sie sehen eine leuchtende Gestalt. Eine andere kommt ihr entgegen; sie nhern sich und durchdringen sich. Eine dritte kommt, kreuzt den Weg und so weiter. Nun, was sich Ihnen darbietet, das sehen Sie nicht blo an mit dem hellseherischen Bewutsein, sondern das gibt Ihnen in die Seele die mannigfaltigsten Gefhle. So kann es sein, da in Ihnen die Gefhle einer gei- stigen Lust entstehen, dann wieder Unlust, aber die verschiedenst differenzierten Gefhle, wenn sich die Wesen durchdringen, oder wenn sie sich annhern oder entfernen. Und so lebt sich die hellsehend werdende Seele ein, so da das Zusammenwirken auf dem astralen Plan nach und nach durchglht und durchsetzt wird von erhabenen oder widersprechenden Gefhlen rein geistiger Art. Das ist die geistige Musik, die wahrgenommen wird. Aber mit dem Momente, wo dies auftritt, ist man schon im Gebiete des Devachan. Also das Devachan beginnt uerlich, wo die Tonlosigkeit beginnt aufzuhren, die zum Teile auf dem astralen Plane eine schauerliche Tonlosigkeit ist. Denn der Mensch hat keine Ahnung, was es heit, in einer unendlichen Tonlosigkeit zu leben, die nicht nur keinen Ton darbietet, sondern die auch zeigt, da sie keinen in sich hat. Das Gefhl der Entbehrung auf der physischen Welt ist eine Kleinigkeit gegen die Gefhle der Seele, wenn diese Unmglichkeit empfunden wird, da da etwas heraustnen kann aus dem unendlich sich ausbreitenden Raum. Dann kommen eben die Mglichkeiten, das Zusammenwirken der Wesenheiten, ihre Harmonie und Disharmonie wahrzunehmen, die Tonwelt beginnt. Das ist das Devachan, uerlich in den Formen betrachtet. Auch in anderer Weise kann die Seelenempfindung den bergang von der Astralwelt zum Devachan anzeigen. In der physischen Welt begleitet der Mensch in seiner Seele die Dinge ja nach dem Charakter, den er hat. Der eine geht an einem Bilde vorbei und empfindet nichts, der andere fhlt eine Welt von Seligkeit, indem er vor dem Bilde steht. Menschen gehen aneinander vorbei; der eine sagt von dem anderen, da er der Rechte sei und sieht vermge seiner Seeleneigentmlichkeit, da er zu dem anderen gehrt, er empfindet eine aufleuchtende Freude. So ist es eigentlich in den hheren Welten sehr bald nicht mehr. Da fordert der Mensch mit einer inneren Notwendigkeit die Erlebnisse einer Gefhlswelt heraus, und da knnen Sie nicht etwa kalt oder nchtern vor gewissen Erlebnissen des astralen und devachanischen Planes vorbeigehen, sondern gewisse Erlebnisse fordern Ihnen ab eine Hingebung, ein volles Eingehen; andere hingegen stoen Sie ab. Das ist es, was dem nicht richtig Vorbereiteten gefhrlich werden kann, weil er nmlich in fortwhrend wechselnden Empfindungen leben mu, die unter Umstnden innerlich zerstren, innerlich zerreien und daher wieder auf die Gesundheit schdigend rckwirken mssen. Da kann er von Stufe zu Stufe merken, in welcher Welt er ist. Whrend er in der Astralwelt ist, kennt er hauptschlich zwei Gefhlsnuancen in der mannigfaltigsten Weise. Die eine ist die, die besonders stark hervortritt, wenn der Mensch unmittelbar nach dem Tode in dem Gebiete der Astralwelt ist, das wir Kamaloka nennen. Da ist er ja sozusagen mit seinen Gefhlen noch nicht losgekommen vom Leben der physischen Welt; da verlangt er nach ihr, er begehrt ihrer. Nehmen wir zum Beispiel einen Feinschmecker, der Verlangen nach leckeren Speisen hat. Nach dem Tode und nach dem bergang in die Astralwelt hat er noch immer die Lust, aber nicht mehr die physischen Organe. Daher lechzt er gierig nach dem, was nur Zunge und Gaumen einem Menschen bieten knnen. Daher wird ihm dieses, was er in seiner Seele erlebt, zur peinigendsten Nuance dieses Gefhls, zum Gefhle der Entbehrung. Entbehrung ist berhaupt etwas, was auf der einen Seite unserer Gefhlswelt steht, wenn wir in der Astralwelt sind. Man lernt da, wenn man das Bewutsein entwickelt hat, nicht jene peinigende Entbehrung kennen, wie ein Gestorbener sie hat, aber das Gefhl des Suchens nach etwas, das Gefhl der Entbehrung wird auch den Hellseher berkommen, wenn nicht ein anderes zum Erhalten des Gleichgewichtes da wre. Betritt er unvorbereitet oder nicht in der richtigen Weise vorbereitet den astralen Plan, dann wird sich das geltend machen. Nicht Rast und nicht Ruhe hat die Seele; eine Unruhe, eine Rastlosigkeit wird die Seele von einem zum anderen drngen. Um das zu vermeiden, gibt es nur eines: die entgegengesetzte Gefhlsnuance mu ausgebildet werden, und in allen Geheimschulen wird diese Gefhlsnuance vorbereitet: die Entsagung. Man bereitet sich fr ein richtiges Leben in der Astralwelt durch alles das vor, was in einer gewissen Weise mit Entsagung bezeichnet werden kann. Wenn Sie sich die geringste Kleinigkeit hier versagen, ist es durchaus wahr, da Sie sozusagen einen Stein in die Treppe zum astralen Plan einlegen. Die ruhigere Betrachtung der Astralwelt wird errungen dadurch, da man sich dazu vorbereitet durch die Gefhlswelt der Entsagung. Whrend das Gefhl der Begierde die Astralwelt zu einer Welt des Schmerzes und der Unlust macht, macht das, was man durch Entsagung erwirkt, da man immer klarer und klarer, deutlicher und deutlicher die Gebilde und Wesenheiten des astralen Planes beobachten kann, so da man nicht mehr hin und her schwanken mu zwischen Begierde und Entsagung. Das sind die Gefhlsnuancen im astralen Plane, und so lange diese vorzugsweise in der Seele ttig sind, ist man im astralen Plan. Dann kommen neue Geftihlserlebnisse der Seele. Vor allen Dingen macht sich dort, wo die Seele die Grenze der Devachanwelt berschreitet, das Gefhl der Beseligung geltend, der Seligkeit. Selbst wenn man das Devachan unwrdig betreten wrde, das heit, wenn man durch irgendeinen Zauber oder durch schwarze Magie vor dem Tode dort eintreten knnte, wrde man sehr bald in einem Meer von Seligkeiten geringeren oder hheren Grades schwimmen. Nun knnte man sagen, das ist doch sonderbar, da selbst ein unwrdiges Betreten des Devachan Beseligung verleiht. Es ist so, aber es hat in gewisser Weise auch seine Nachteile, lautet die Antwort. Dieses Gefhl aus- und hinflieender Seligkeit ist auf dem devacha-nischen Plane untrennbar mit etwas anderem verknpft, nmlich mit dem Verluste des Selbst, der Selbstbewutseinskraft, der inneren Ich-Kraft. Wir wrden zerflieen, wenn nicht eine andere Gefhlsnuance hinzutreten wrde. Das ist die, die man in der Geheimwissenschaft das Gefhl der opferwilligen Hingabe, der Opferfhigkeit nennt. Im astralen Plan finden wir also Entbehrung und Entsagung, auf dem devachanischen Plane Seligkeit und Opferwilligkeit. Und es ist sonderbar, aber doch wahr, da, wenn der Mensch auf dem devachanischen Plane gar nicht das Gefhl htte: Du sollst dich hingeben dem, was um dich ist -, sondern mit seinem Ich nur die Seligkeit genieen wollte, wrde er zerflieen im Meere der devachanischen Wesenheiten. Wenn er aber mit dem Gefhle sich durchtrnkt: Ich will mich opfern, ich will ausstrmen lassen, was ich mir erworben habe -, dann bewahrt er sich im Devachan vor dem Zerflieen, vor dem Vergehen. Das hchste Gefhl der Liebe, der schaffenden Liebe, das mu als zweite Gefhlsnuance im Devachan da sein. Und das ist etwas, was Ihnen auch verstndlich macht, wie das Wirken im Devachan zwischen Tod und einer neuen Geburt geschieht. Indem der Mensch aus dem Kamaloka, wo er zunchst in Entbehrung gelebt und die Dauer seines Aufenthaltes dadurch verkrzt, da er entsagen gelernt hat, in das Devachan kommt, mu er gleich beginnen, an die Arbeit einer nchsten Inkarnation zu gehen. Langsam baut er sich die Urbilder seines nchsten Erdenlebens auf. Er wird es um so besser aufbauen, wenn er zum Gefhl der Seligkeit, das unbedingt eintritt, gelernt hat hinzuzufgen die opferwillige Hingabe seines Wesens an das, was ihn umgibt. In dem Mae, als er sich hinopfert mit seiner Seele, in dem Mae baut sich das Urbild seiner knftigen Persnlichkeit auf. Wrde er das nicht knnen, dann wrde er entweder ganz und gar vergehen oder riesig lange brauchen, bis er wieder zu einem irdischen Dasein kommen knnte. So sehen wir sozusagen, wie die Seele uerlich in den Formen - beim bergnge aus der stummen, leuchtenden Astralwelt in die tnende Devachan-welt - die Grenzen findet; viel wichtiger aber ist, wie sie sich innerlich hineinlebt in die andere Welt. - Das sind so einige Hindeutungen auf die Verhltnisse der hheren Welten, die der Mensch betritt in der Beobachtung des alten griechischen Weisheitsspruches Erkenne dich selbst! Man knnte noch vieles hinzufgen, aber es kann ja immer nur ein Stck davon gegeben werden, was zur Charakteristik der hheren Welten zu gelten habe. So lebt man sich allmhlich ein, und indem man sich einlebt, wird man auch die Wirkungen auf die physische Welt erkennen lernen, und so wird auch diese Welt immer durchsichtiger. WAS IST SELBSTERKENNTNIS? Wien, 23. November 1908 Wir haben vorgestern hier ein im eminentesten Sinne okkultes Thema behandelt, einen Ausblick gehalten in die hheren Welten. Wir haben dann gestern im ffentlichen Vortrag uns damit beschftigt, durch welche Methode und Verrichtung der Mensch in die Lage kommt, die in seiner Seele schlummernden Fhigkeiten und Krfte so zu erwecken, da ihm nach und nach die Erkenntnis dieser hheren Welten mglich wird. Das Thema, das uns heute obliegen wird, steht in einem gewissen inneren Zusammenhange mit den beiden, und es steht in einer gewissen Beziehung auch mit allem anthropo-sophischen Streben. Nicht nur, da in der Theorie so oftmals der Ausspruch gehrt wird, da eigentlich die anthroposophische Geisteswissenschaft nichts anderes sei als eine umfassende, universelle Selbsterkenntnis des Menschen, eine Selbsterkenntnis des Menschen so, da ihm aufgeht der tiefste Grund, das tiefste Wesen des eigenen Ich und sich mit ihm Welterkenntnis erschliet. Aber nicht nur, sage ich, da Sie diesen Ausspruch oftmals in der theosophischen Literatur und auch sonst finden knnen, sondern wahre, echte Selbsterkenntnis ist auch dasjenige, was wie eine Begleiterscheinung parallel laufen mu allem wirklichen Forschen auf dem Gebiete der hheren Welten, parallel laufen mu aller Entwickelung der inneren Seelenkrfte. Das Erkenne dich selbst, dieser uralte Menschheitsspruch, bedeutet viel, sehr viel gerade fr den Anthroposophen. Nun wollen wir heute das, was man im geisteswissenschaftlichen Sinne Selbsterkenntnis nennen kann, betrachten auf den verschiedensten Stufen der menschlichen Entwickelung. Wir wollen ausgehen von der gewhnlichsten, alltglichsten Selbsterkenntnis und wollen aufsteigen bis zu jener Selbsterkenntnis, die Welterkenntnis im anthroposophi-schen Sinne genannt werden kann, und wir wollen bei allen einzelnen Dingen, die wir zu besprechen haben, das, was man geheimwissenschaftlich nennen knnte, die okkulte Seite, durchaus mit bercksichtigen. Selbsterkenntnis ist nun um so wichtiger innerhalb der anthropo-sophischen Weltanschauung zu besprechen, als sie, richtig verstanden, das Hchste einschlieen kann, um was es sich im anthroposo-phischen Streben handeln kann, falsch verstanden, etwas auerordentlich Gefhrliches werden kann. Falsch verstandene Selbsterkenntnis ist dasjenige, was insbesondere im Anfang des geisteswissenschaftlichen Strebens von der wahren Bahn, die uns in der Anthroposophie vorgezeichnet wird, eher ab- als hinfhrt. Goethe, der in vieler Beziehung auf diesem Felde durchaus bewandert war, sagte einmal, da er schon ein gewisses Mitrauen habe gegen den Ausdruck Selbsterkenntnis, da dieser etwas bedeute, was Menschen vertreten, die im Grunde genommen in irgendeiner Art durch falsche Melancholie, Selbstbetubung, in ein ganz unrichtiges Fahrwasser hineingekommen sind. Und dies ist eine durchaus richtige Ausdrucksweise. Wir haben ja auf geisteswissenschaftlichem Felde immer wieder Gelegenheit, die komplizierte Menschennatur ins Auge zu fassen, wenn wir uns erinnern an dasjenige, was wir alle wissen: da wir in anthroposophischer Hinsicht den Menschen gliedern in den physischen Leib, in das, was wir den therleib, den Astralleib und den eigentlichen Ich-Trger nennen. Und wenn wir ins Auge fassen, da im Grunde dasjenige, was wir das Selbst nennen, mit allen diesen Gliedern der Menschennatur zu tun hat, so werden wir leicht dazu kommen, da Selbsterkenntnis etwas auerordentlich Kompliziertes ist. Um die einfachste, niederste Art der Selbsterkenntnis gleich vorwegzunehmen, erinnern wir uns daran, da wir bei diesen vier Gliedern der menschlichen Natur allerdings unterscheiden mssen - je nach dem gegenwrtigen Verhltnisse dieser Glieder - den wachenden und den traumlos schlafenden Menschen, da wir sagen mssen, da beim schlafenden Menschen der physische und der therleib verlassen sind vom Astralleib und dem Ich-Trger und die beiden letzteren auerhalb des Leibes sind. Wir wissen aber gleichzeitig, da fr den gegenwrtigen Menschheitszyklus normal ist, da das Ich des Menschen nur dann seiner selbst bewut werden kann, wenn es sich der physischen Organe bedient, um auf dem physi- sehen Plan die Wahrnehmungen zu machen. So sprechen wir zwar im geisteswissenschaftlichen Sinne von einem Ich-Trger, der dauert durch diejenigen Zustnde hindurch, die wir als den bewutlosen Schlaf bezeichnen. Wir mssen aber von diesem Ich-Trger sagen, da er die heutige Seite des Bewutseins und Selbstbewutseins nur entwickeln, also ins unmittelbare Beobachtungsfeld hereinbekommen kann, wenn er sich der physischen Organe bedient, also am Morgen wieder hineinsteigt in den physischen und Atherleib. Da haben wir das fr den heutigen Menschen normale Selbstbewutsein vor uns, und wir mssen uns fragen: Was ist das Wesen dieses Selbstbewutseins auf der niedersten Stufe? - Besser aber ist die Frage noch bezeichnet, wenn wir so sagen: Wie kommt der Mensch dazu, dasjenige zu erkennen, das vom Morgen bis zum Abend in seinem physischen Leibe wohnt und sich der physischen Organe bedient, wie kommt der Mensch zu einer Erkenntnis des Wesens des Ganzen oder des Selbst ? - Leicht kann da geglaubt werden, da der Mensch nun in sein Inneres blicken mu, da er sozusagen sich selbst erforschen mu. Da kommen wir nun an alle mglichen Arten der Selbsterkenntnis, die da gepflogen und angeraten werden. Zum Beispiel soll der Mensch beobachten, was er tut, was seine Eigenschaften sind und seine Fehler, er soll hineinbrten in sein Inneres und zu erkennen suchen, wieviel er wert sei, wie tchtig er zu dieser oder jener Handlung sei und dergleichen. Hier beginnen schon die Gefahren der falsch verstandenen Selbsterkenntnis, und darum mssen wir von den Gefahren sprechen. Wir haben ja immer im Auge, da der Mensch versuchen soll, hinaufzukommen in die hheren Welten. Wir wissen auch, da dieses Hinaufsteigen etwas ist, was aus dem Menschen etwas ganz anderes macht, als er heute ist, und deshalb ist es natrlich, da da manche Hindernisse in den Weg treten. Durch falsche Selbsterkenntis wird der Aufstieg ebenso gefahrvoll, wie er erst mglich wird durch eine richtige Selbsterkenntnis. Diese Art Selbsterkenntnis, die man eher ein Bebrten seines alltglichen Ich nennen mchte, ein Achtgeben auf seine Fehler, ist eine falsche und eine Gefahr, die den Menschen tatschlich eher zurckwirft, weil nmlich der umfassende Mastab fr das Urteil fehlt. Wenn der Mensch durch eine gewhnliche Erwgung seiner Vorzge und Fehler sagt: Das hast du richtig gemacht, das hast du unrichtig gemacht, da mut du dich bessern -, setzt das voraus, da er einen Mastab habe, nach dem er sich richten kann. Dieser Mastab wird sozusagen auch zu einem Wertmesser fr dasjenige, was der Mensch auch in der Zukunft darstellen wird. Und auf diese Art wird der Mensch eigentlich niemals ber sich selbst hinauskommen, und das ist gerade das, was der Anthroposoph sich immer vorzusagen hat: Nicht stehenbleiben, sondern immer und immer, Schritt fr Schritt ber diesen Punkt hinauskommen. - Ein Ausspruch, der beherzigt werden sollte, ist: Alles, was du in bezug auf Entwickelung der Seele unternimmst und was dich auf dem Lebenspfade vorwrts bringt, ist gut getan; alles, was dich auf dem Punkte erhlt, ist im Grunde genommen fr deine Seele ein Verlust. - Keine Selbsterkenntnis, die den Menschen dahin treibt, da er in Reue zerknirscht ist oder ihn zu einer Selbstbefriedigung fhrt, kann den Menschen vorwrts bringen. Wenn wir nur eine Mglichkeit gewinnen wollen, einzusehen, worauf es ankommt, mssen wir uns die Frage vorlegen : Wovon hngt denn der eigentliche Mensch gewhnlich ab ? -Sie werden sich leicht hineinversetzen in den Gedanken: Wie wre es denn mit meinen Vorstellungen, meinen Empfindungen und Gefhlen, wenn diese Individualitt, die ja von Inkarnation zu Inkarnation gegangen ist und von Inkarnation zu Inkarnation gehen wird, wie wre es, wenn diese Individualitt nicht, sagen wir, vor so und soviel Jahren in Wien geboren wre, sondern fnfzig Jahre frher etwa in Moskau? Was wrde diese Individualitt dann fr einen Inhalt haben; welche Empfindungen, Gefhle, Vorstellungen, Gedanken und Ideen wrden dann diese Individualitt durchziehen und ihr den eigentmlichen Grundton geben? Ganz andere! Sie kommen am leichtesten dazu, sich das ganz genau vorzustellen, wenn Sie einmal darber reflektieren, wie vom Morgen bis zum Abend Ihre Vorstellungen und Empfindungen laufen, wieviel bei diesen abhngt davon, wann und wo Sie in die Welt geraten sind. Versuchen Sie, sich einmal genau eine Rechnung zu machen, ziehen Sie vom Inneren der Seele alles ab, was bedingt ist von dem Wann und Wo der Geburt. Alle diese Vorstellungen werfen Sie aus dem Seelenleben hinaus. Versuchen Sie einmal darber nachzudenken, was dann noch bleibt, und versuchen Sie vor allen Dingen noch nachzudenken, wieviele von diesen Vorstellungen, die vom Morgen bis zum Abend durch die Seele ziehen, berhaupt Gltigkeit und Wert haben auer durch Ort und Zeit Ihres Lebens zwischen Geburt und Tod. Da werden Sie sehen, wie bedeutsam es ist fr das Ich, wohl darauf zu achten, wie weit es unter den Einflssen des Wann und Wo steht. Das lernen Sie nicht erkennen dadurch, da Sie in Ihr Inneres hineinbrten, sondern das lernen Sie erkennen durch eine gute Bercksichtigung des Dichterspruches: Willst du dich selbst betrachten, lerne dich durch die anderen kennen! - durch die Umgebung. Und so werden wir in eigenartiger Weise vom Bebrten der Seele ab- und dazu gefhrt, da wir sagen: Wir mssen, um unser Ich kennenzulernen, uns ein offenes Auge, einen offenen Sinn schaffen fr die Eigenart des Weltinhalts, in den wir nach Wann und Wo hineingeboren sind. Je mehr wir uns bemhen, diesen offenen Sinn zu haben fr die Auenwelt, fr das, was um uns ist, desto mehr kommen wir im geisteswissenschaftlichen Sinne zu dem, was wir auf diesem niedersten Gebiete Selbsterkenntnis nennen knnen. Lernen wir durch freien Blick sozusagen die ganze Tonfrbung unserer eigenen Zeit kennen; versuchen wir einmal, uns klarzumachen, wie in der mannigfachsten Weise uns zur Verfgung steht das Eigenartige unseres Zeitalters, unseres Ortes, in dem wir leben. Hchst eigenartig ist diese Selbsterkenntnis, die uns hinweist von unserem Selbst auf unsere Umgebung. Lernen wir diese unsere Auenwelt kennen, versuchen wir in ihren Geist einzudringen, das zu erforschen, was uns herauskristallisiert hat, dann werden wir wie ein Spiegelbild unser Ich erkennen. Das ist ein objektiver Weg. Das Hineinschauen in sich selbst ist eine Gefahr. Man soll die Ursachen erkennen, warum man so und so ist. Die kann man in der Umgebung kennenlernen; dadurch werden wir von uns abgelenkt. Da haben wir also zunchst das, was uns die Fhigkeit gibt, uns zu erkennen, soweit wir ein Ich sind, das sich des physischen Organs bedient, um mit seiner Mitwelt zu leben. Nun bedient sich dieses Ich des Organs des therleibes, des Lebensleibes, desjenigen feinen Organismus, der dem anthroposophi-schen Geisteswissenschafter seiner Beschaffenheit nach ganz gelufig ist, der den physischen Leib durchzieht und der ein fortwhrender Kmpfer ist gegen den Zerfall des physischen Leibes. Das Selbst nun, wenn es morgens untertaucht in den physischen und in den therleib, wirkt im heutigen Menschheitszyklus in beiden Leibern, also auch im therleib. Da kommt dabei nicht dasjenige in Betracht, was Ort und Zeit, das Wann und Wo aus uns machen, sondern da kommt mehr in Betracht. Am therleibe hngt noch etwas ganz anderes, was in gewisser Beziehung noch tiefer mit unserem Selbst verknpft ist, was schon hinausgeht ber Geburt und Tod. Da kommen wir dann zu dem, was in einer gewissen Beziehung dieses Selbst mit sich bringt, was von frher herstammt und in die Zukunft hineinreicht, was dieses Selbst schon hat, wenn es in einem physischen Leibe verkrpert wird. uerlich angesehen, indem man einfach den Menschen oberflchlich betrachtet, stellt sich besonders am therleibe dasjenige dar, was wir als Talente, Anlagen, besondere Fhigkeiten des Selbst zu bezeichnen haben, und hier sind wir schon in einer gewissen Beziehung auf einem schwierigeren Gebiete der Selbsterkenntnis. Obwohl sie gegen das, was auf den hheren Stufen der hheren Entwickelung Selbsterkenntnis ist, eine verhltnismig noch niedere Stufe ist, wird der Mensch auch da nicht weit kommen, wenn er hineinbrtet in sein Inneres und sich klarwerden will: Welches sind deine Talente und Fhigkeiten? Es wrde heute zu weit fhren, aus dem Wesen des Menschen heraus die Begrndung zu geben zu dem, was ich jetzt sagen werde. Es lauern da der Selbsterkenntnis die schlimmsten Feinde auf, wenn der Mensch beginnt, sich klarwerden zu wollen ber seine Talente und Fhigkeiten durch Selbstbebrtung. Gerade da mu er seine Betrachtungen von sich heraus auf die Umgebung, vom Persnlichen auf das Unpersnliche hinberziehen. Da haben wir die Betrachtung nunmehr zu lenken, wo es auf das Gebiet des therleibes geht, auf unsere Zusammengehrigkeit mit dieser oder jener Rasse. Da haben wir uns zu fragen, zu welchem Gliede der Menschheit gehrst du eigentlich? Und wir sollen uns bemhen, die Eigenart dieser Menschheitsgruppe, zu der wir gehren durch Familie, Rasse, Volk, im Vergleich mit den universellen Eigenschaften des ganzen Menschengeschlechts zu erforschen. Lernen wir also kennen dasjenige, was sich in der Vererbungslinie hindurchzieht, was vom Urgrovater auf den Grovater und so weiter sich fortentwickelt, und was das Selbst innerhalb dieser Vererbungslinie eigentmlich frbt, was also nicht zusammenhngt direkt mit Wann und Wo, sondern zusammenhngt mit tieferen Grundgesetzen des Menschendaseins, lernen wir diese Eigentmlichkeiten kennen, dann werden wir wiederum den richtigen Hintergrund finden, um dann erst zu sehen, wie sich unser eigenes Selbst von diesem Hintergrunde abhebt. Aber jedes Selbstbebrten des Selbst vor Betrachtung dieses Hintergrundes ist vom bel. So also verlangt zwar die Anthroposophie von uns eine unbequemere Art der Selbsterkenntnis als diejenige ist, die oft phrasenhaft gemeint ist, aber auf eine andere Weise kommt man eben nicht zu einer wirklichen Selbsterkenntnis, weil der Mastab fehlt, weil man nur in einen eigenen Punkt hineinbrtet und keinen Vergleichungsmastab hat. Nun mchte ich gleich die okkulten Tatsachen anknpfen. Wir wissen alle, da dieser Menschenleib umgeben ist von einer Aura, eingebettet ist in diese astrale Aura, die wie eine ovale Wolke dem hellseherischen Bewutsein sichtbar ist. Dadurch, da der Mensch in eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort hineingeboren ist, wird das Ma seiner Aura in einer gewissen Weise bestimmt. Ein Mensch, welcher einen sehr geringen Gesichtskreis hat, der also eigentlich in seinem Selbst nur das erleben kann und beurteilen will und nur von den Willensimpulsen leiten lassen will, was ungesehen aus der Umgebung ihn anspornt, der also das Produkt des Wann und Wo ist, der zeigt dem hellseherischen Bewutsein in seiner Aura etwas Zusammengepretes, Gedrcktes. Die Aura ist in diesem Falle nicht gro und reicht nicht weit hinaus ber den physischen Leib. Im Augenblick, wo der Mensch seinen Gesichtskreis erweitert, in dem Augenblick, wo er also einen offenen Sinn, ein offenes Auge fr die Beobachtung seiner Umgebung entwickelt, sehen wir tatschlich, wie sich die Aura nach allen Seiten hin vergrert, wie sie umfassender wird mit Bezug auf die Grenzen des physischen Leibes. Der Mensch wird also innerlich geistig grer dadurch, da er seinen Horizont in Bezug auf seine Begriffswelt und Gefhlswelt erweitert. Fr das hellseherische Bewutsein zeigt sich das in geradezu auffallender Weise, wie bei Menschen, die ein Echo ihrer Umgebung sind, die Aura klein ist. Wenn aber die Menschen anfangen, ihr Urteil zu einem feineren, unabhngigen zu machen, so da sie dazu kommen, sich einmal zu unterscheiden von dem Landlufigen, dann sieht das hellseherische Bewutsein, wie sich die Aura erweitert, wie sie gro wird, wie der Mensch in sich feiner und umfassender wird. So grotesk es fr viele klingen mag - Erkenntnis der Umgebung ist der erste Schritt der Selbsterkenntnis. Erkenntnis der Familie, Rasse ist der zweite Schritt. Bei dem Menschen, der in seinen Gefhls- und Willensimpulsen versucht, frei zu werden von dem, in das er hineingestellt ist, in Volk, Rasse, Familie und so weiter, bei ihm sieht das hellseherische Bewutsein nicht nur, wie die Aura weiter wird, sondern auch wie sie in sich beweglicher wird, Vibrationen erhlt, whrend sie frher tot war, unbeweglich. Nun, damit ist ja schon gesagt, da - allerdings nicht unmittelbar, aber in einer gewissen Weise - dasjenige, was wir besondere Frbungen und Fhigkeiten nennen, mit dieser Vererbungslinie zusammenhngt. Wie knnen wir uns nun erheben ber dasjenige, was so die Bestimmungsgrnde, die Ursachen des inneren Gefges des Selbst sind? Es ist noch nicht viel erreicht fr den Menschen, wenn er sich auf diese Weise erkennt. In bezug auf seine Talente und Fhigkeiten wird in der Regel nicht viel getan sein, wenn sich der Mensch nur eine Vorstellung ber Abstammung und Vererbungslinie bildet, da wird er nicht zu einem Herausgehen kommen. Hier kann nur die geisteswissenschaftliche Erfahrung sprechen. Es handelt sich darum, da aus der geisteswissenschaftlichen Erfahrung gegeben werde das, was den Menschen unabngig macht von Talenten und Fhigkeiten. Dieses Heilmittel sieht dem, was es erreichen soll, gar nicht hnlich, doch ist es das Heilmittel: Wenn der Mensch versucht, ein warmes, inniges Gefhl sich anzueignen fr das, was ihn zunchst wenig interessiert, fr das, was ihm Mhe macht, sich dafr zu interessieren, und namentlich, wenn er sein Interesse vielseitig macht, dann wird er seine Individualitt aus den ererbten Fhigkeiten herausarbeiten. Der erste Schritt, die Erkenntnis der Umgebung, wird verhltnismig bald vollzogen sein; der zweite - dieses Sich-Erziehen - bildet nur langsam die Talente um. Ja, es mu sogar darauf aufmerksam gemacht werden, da zuweilen fr diese Inkarnation verzichtet werden mu darauf, da ein Umschaffen der Talente vollzogen werde, aber der Weg wird eingeleitet, und es ist auerordentlich wichtig, da wir das wirklich versuchen. Dann wird sich dem hellseherischen Bewutsein sehr bald zeigen, wie die Aura in sich beweglich wird, wie sie vibrierend wird. Wir werden wenigstens in den ersten Anfngen eine Umwandlung unserer eigenen Natur sehen. In dieser nach und nach erfolgenden Selbsterziehung ergibt sich dann ganz von selbst dasjenige, was wir eine unpersnliche Selbsterkenntnis nennen knnen. Nun kommen wir zum dritten wichtigen Gebiete. Wir kommen nun dazu, dasjenige an unserem Selbst zu betrachten, was dieses Selbst auslebt dadurch, da es in einem Astralleibe steckt, in dem Trger von Lust und Schmerz, von Leidenschaften und so weiter. Dieser Astralleib ist im traumlosen Schlaf aus dem physischen und therleibe herausgehoben. Der gewhnliche Mensch hat den Astralleib niemals bewut abgetrennt vom physischen und therleibe. Das hellseherische Bewutsein kann es, aber das normale Bewutsein kann es nicht. Welches Gesetzmige in der Menschennatur wird nun gerade sein Charakteristisches in dem astralen Leibe ausleben? Da lebt dasjenige im Selbst sich aus, was wir nennen das Karma, dasjenige, was Eigenart des Selbst oder der Individualitt ist, was nicht nur in der Vererbungslinie sich fortentwickelt, sondern was von Inkarnation zu Inkarnation geht, was also zusammenhngt mit eigenen Taten, mit den eigenen Erlebnissen der Seele durch Inkarnationen hindurch. Was der Mensch erlebt durch seine Krper, das also, was als ein Gesetz von Ursache und Wirkung rein geistiger An sich auslebt, das kommt bei der dritten Stufe der Selbsterkenntnis in Betracht. Es fragt sich nun: Kann der Mensch etwas tun, um auf diesem Gebiete zu einer Selbsterkenntnis zu kommen? Ich konnte bei einer Fragenbeantwortung darauf hindeuten, wie schwierig es im jetzigen Menschheitszyklus ist, auch nur zu begreifen, wie die Wirkung des Karma ist. Ich habe gesagt, es sei beispielsweise in dem Karma eines Menschen vorgezeichnet, da er in einer Zeit, etwa in vierzehn Tagen, eine Reise machen mu. Nun nimmt er sich aber vor, da er in drei Wochen etwas tun msse, weil er das Karma nicht schaut, weil er nichts davon wei. Dazu nun richtet er alles, bis er die Nachricht erhlt, da er die Reise jetzt unternehmen mu. Nun kommen die zwei Richtungslinien miteinander in Kollision. Das, was er getan hat, kommt in Widerspruch mit seiner Karmalinie. Sie sehen daraus, da sich dem Karma immer Neues angliedert. Dadurch verstrken und verketten sich die Karmalinien. Damit nun soll gesagt sein, da der Mensch in seiner normalen Entwickelung den Weg des Selbst, des Ich, schwer ermessen kann, insofern diese Karmaverkettung in Betracht kommt; denn wenn er nicht ein hellseherisches Bewutsein von einer hohen Entwickelung hat, kann er nicht wissen, was in seinem Karma liegt. Nun handelt es sich darum: Kann im normalen Leben Selbsterkenntnis bis zu diesem Punkte errungen werden? Da mu ich Ihnen nun gleich jenes Mittel angeben, welches die geisteswissenschaftliche Erfahrung uns gibt, welches dem Menschen sozusagen mglich macht, dasjenige nicht zu bersehen, was karmisch richtig ist, und in einem gewissen Momente das Richtige zu vollziehen. Es ist eine ganz falsche Auffassung, der man zeitweilig begegnet, nmlich, da der Mensch durch das Karma unfrei sei. Karma macht nicht unfrei. Eben vermge seiner Freiheit kann der Mensch alle Augenblicke etwas tun, was Karma erzeugt. Das Karma schliet also nicht aus, da die karmische Linie verwoben, hin und her verknpft werden kann. Kann nun der Mensch etwas tun, um sich in eine gewisse Beziehung zu seinem Karma zu stellen, in einer Weise, da er diesem Karma nicht gar zu sehr entgegenwirkt und dadurch neue Ursachen legt, die ihn statt vorwrts nur zurck bringen? Da gibt es eines, was so wirkt, da der Mensch immer mehr und mehr in die Richtung hineinkommt, die seine Karmalinie einhalten will, und zwar gibt es da etwas, was in den Kreisen, die die anthroposophische Weltanschauung pflegen, ja immer gebt und besprochen wird. Es ist gerade dasjenige, was sich als Gesinnung in der Seele ergibt unter dem Einflu einer Weltanschauung wie die anthroposophische. Das ist dasjenige, was den Menschen in das Karma immer mehr hineinbringt. Wir mssen uns in der anthroposophischen Weise richtig einstellen; die Bequemlinge, die nur davon sprechen, da der Mensch sich in sich vertiefen soll, den Gott in sich suchen soll, werden den Menschen wenig weiter fhren auf seiner Bahn, sondern dasjenige gerade bringt ihn weiter, was ihn von seiner Person wegfhrt, was ihm eine Weltanschauung gibt, die ihm bersinnliche Weltanschauung mglich macht. Alles, was uns in der Anthroposophie geboten wird, lt uns hineinschauen in die bersinnlichen Geschehnisse. Zunchst kann der Mensch wohl nicht selbst Hellseher sein; er mu hinnehmen, was ihm von hellseherischen Forschern gesagt wird. Es ist auch nicht geradezu notwendig, da er Hellseher sein mu, geradesowenig wie einer gleich das Teleskop oder Mikroskop zur Hand nehmen mu. Dasjenige, was der Forscher auf diesem Gebiete mitteilt, ist durchaus durch eine vorurteilslose Logik zu erfassen. Der Mensch mu sich sozusagen selbst zu einem Instrumente machen, um selbst auf bersinnlichem Gebiete forschen zu knnen; eingesehen kann aber alles werden, ohne da man selbst ein Instrument werden mu. Wenn so der Anthroposoph sich ein Bild macht, wie es in den hheren Welten aussieht, wie es zugeht hinter den sinnlichen Tatsachen, dann bleibt das nicht ohne Wirkung fr sein ganzes Gemtsund Empfindungsleben. Das mssen wir uns einmal recht in die Seele sprechen, da wir uns nicht hingeben der bequemen Ausrede: es komme nicht darauf an, da man viel lerne, sondern da man diese oder jene moralischen Prinzipien habe. - Es ist einmal so, da in der anthroposophischen Geisteswissenschaft das Lernen nicht erspart werden kann und da derjenige auf dem Holzwege ist, der sagt: Was kmmert mich jene Theorie von hheren Welten und so weiter? -Gewi kommt es auf die anthroposophische Gesinnung an; das ist eine selbstverstndliche Bedingung; aber so wie ein Ofen das Zimmer warm macht, wenn er geheizt wird, weil Brennmaterial hineingelegt und entzndet worden ist, so auch ist es mit dem Menschen. Aber wenn Sie dem Ofen nur predigen, nur sagen: Lieber Ofen, deine Pflicht ist, das Zimmer warm zu machen -, so wird er das Zimmer nicht wrmen. Predigen Sie den Menschen immer nur, es sei ihre Pflicht zu lieben und so weiter, so wird wenig daraus werden. Es ntzt wenig, da wir uns als Moralprediger hinstellen, denn alles Moralpredigen lt die Menschheit so, wie sie ist. Wenn Sie den Ofen heizen, macht er das Zimmer warm. Geben Sie ihm die Feuerung, dann wird sie die Veranlassung zur Wrme des Zimmers werden. Geben Sie dem Menschen die Weltanschauung, die ihm die Anthroposophie geben kann ber die bersinnlichen Tatsachen, dann folgt dasjenige, was im ersten Grundsatz der Theosophischen Gesellschaft enthalten ist - die allgemeine Verbrderung -, ganz notwendig. Anthroposophische Gesinnung mu sein, aber das immer zu wiederholen, hilft nichts. Sie tritt sicher auf in der Gestalt, als welche sie wirksam ist fr die Welt, wenn sich die Erkenntnis der hheren Welt, die bersinnliche Welterkenntnis erschliet. Wie die Pflanzen sich der einen Sonne erschlieen, ebenso streben alle, die nach dieser Welterkenntnis streben, der einen Zentralsonne zu, und alle die anderen Folgen ergeben sich von selbst. So ist anthroposophische Gesinnung, wie sie sich aus der geisteswissenschaftlichen Erkenntnis ergibt. Das ist dasjenige, was dem Menschen mglich macht, im Sinne seines Karma dann von selbst zu leben. Es handelt sich also nunmehr darum, da der Mensch dazu kommt, die anthroposophische Lehre in die Tatsachen umzusetzen. Es ist notwendig, soll Karma nicht eine abstrakte Idee bleiben, soll sie wirksam werden, da man daran geht, diese Karmaidee probeweise in das Leben einzufhren, probeweise wenigstens, weil man schon der Mannigfaltigkeit und der Unruhe unseres alltglichen Lebens wegen nicht stndig in Selbstbeobachtung bleiben kann. Es ist notwendig, da man sich die Frage vorlegt, was heit das: karmisch denken? Nehmen wir einen radikalen Fall als Beispiel an: Jemand hat einem anderen - mir zum Beispiel - eine Ohrfeige versetzt. Was heit in einem solchen Falle karmisch denken ? Ich war in einem frheren Leben da, der andere auch. Ich habe vielleicht damals, in dem frheren Leben, ihm zu seiner jetzigen Handlungsweise die Ursache gegeben, ihn dazu gedrngt, ihn erst gleichsam abgerichtet dazu. Ich will nicht theoretisieren, ich will eine Hypothese aufstellen, die eine Lebenshypothese werden soll. Gibt er mir nun den Schlag, wenn ich so denke? Nein, er gibt ihn mir gar nicht. Ich selbst gebe ihn mir, denn ich habe ihn selbst dahin gestellt auf den Platz, ich habe die Hand, die er gegen mich aufhob, selbst erhoben. Nunmehr kann das Weitere nur die Erfahrung geben, und die gibt folgendes: Wenn der Mensch versucht, ernsthaft so die Karma-idee ins Auge zu fassen, ab und zu solch eine Frage zu stellen, in vollem Ernste und in voller Wrde, wird er tatschlich sehen, da er einen Erfolg davon hat. Das kann Ihnen kein Mensch beweisen. Sie mssen es sich selbst beweisen, indem Sie es tun. Da werden Sie sehen, da tatschlich Ihr inneres Leben ein ganz anderes wird, Sie bekommen ganz andere Gefhle, Willensimpulse ber das Leben, und ein ganz anderes inneres Leben zeigt seine Konsequenzen; es wird sich zeigen an einer ganz anderen Stelle. Wo Sie groen Schmerz, Enttuschungen erfahren htten, nehmen Sie den Schmerz ruhig hin; Sie sind quilibriert deswegen, weil Sie das so getan und gedacht haben. Es tritt die Folge ein, da ber das ganze Seelenleben eine merkwrdige Ruhe kommt, eine Art gesetzmigen Erfassens der Geschehnisse, keineswegs eines fatalistischen. Das ist auch der Weg, den man einschlagen mu, wenn man nach und nach die Karmaidee, das Wahrhalten dieser Idee zur Gewiheit ausbilden will. Gegen die Karmaidee lt sich streiten. Wer Grnde vorbringen will, der kann es. Man kann auch theoretisch so etwas nicht beweisen, sondern nur durch die Probe, und da gibt Ihnen die Erfahrung dasjenige, was dabei herauskommt. Die Erfahrung gibt, wenn sie intensiv wird, die Mittel, Karma zunchst zu begreifen. Dann merkt man aus der Gruppierung der Dinge, da es wirklich etwas ist, was in den Dingen liegt, so wie man merkt, ob man ein Phantasiebild hat, oder ob man die Wirklichkeit des Bgelstahls hat, wenn man ihn angreift. So mu die Erfahrung selbst jene Zusammenfassung der Tatsachen des Lebens geben, wodurch wir nach und nach unsere Willkr, unsere inneren Willensimpulse eingliedern in unser Karma. Diese Arbeit unseres Lebens, die kompliziert ist, ist etwas, was zu den besten Mitteln zur Erreichung einer dritten Stufe der wahren Selbsterkenntnis gehrt. Dadurch lernen Sie nach und nach fhlen, was der Niederschlag im gegenwrtigen aus dem frheren Leben ist. Diese Erkenntnis ist nicht so billig wie ein Hineinbrten, weil sie doch wieder erst von der Umgebung zu sich kommen mu. Es handelt sich vor allem darum, aus sich herauszugehen, selbst bei der hchsten Selbsterkenntnis, die Welterkenntnis ist. Fichte hat gesagt: Die meisten Menschen wrden sich lieber fr ein Stck Lava im Monde, als fr ein Ich halten. - Da lernt man das Ich mehr in seinem punktuellen Dasein, mehr als einen Punkt kennen. Dieses Ich erkennt man als ein punktuelles Abbild der ganzen Welt. In diesem Sinne ist Selbsterkenntnis, wenn man will, Gotteserkenntnis, nicht im pantheistischen Sinne, sondern wie ein Tropfen von gleicher Substanz und Wesenheit ist mit dem ganzen Meere. Und wie er infolge der Wesensgleichheit das Wesen und die Art des ganzen Meeres erkennen lt, so ist der Mensch von dem gleichen Wesen mit der Gottheit, die er erkennen kann; aber keinem wrde es einfallen, den Tropfen fr das Meer zu erklren. Wir knnen Substanz und Wesenheit des Gttlichen wie die des Meeres aus dem Tropfen erkennen, aber kein Mensch wird sich vermessen zu sagen, mir gengt die Erkenntnis des Tropfens; und sicher wird jeder sagen, mir ist es zu tun um die Erkenntnis des Meeres, und das geschieht, wenn Sie darauf herumfahren. Sie lernen also insbesondere das Gttliche erkennen, wenn Sie den Tropfen des Gttlichen in sich, in Ihrem Inneren erfassen, aber Sie lernen dasjenige, wovon das in Ihrem Inneren wieder nur ein Tropfen oder Funke ist, nicht anders kennen, als indem Sie sich selbstlos in die groen bersinnlichen Welten in hchster Art vertiefen. Wollen wir uns selbst erkennen, mssen wir ganz aus uns herausgehen und mssen die bersinnlichen Welten in der allertiefsten Art erforschen. Fr die dritte Stufe mge das von Reinkarnation und Karma Gesagte gengen. Fr die hchste Selbsterkenntnis mssen wir erringen die Erkenntnis des groen kosmischen Zusammenhanges unserer Erde; denn wir sind ein Teil unserer Erde, wie ein Finger ein Teil des ganzen Organismus ist. Der Finger gibt sich nicht der Illusion hin, da er eine selbstndige Wesenheit ist; schneiden Sie ihn ab, und er ist kein Finger mehr. Knnte er auf ihrem Organismus herumgehen, dann knnte er sich wie der Mensch der Illusion hingeben, da er ein selbstndiger Organismus sei. Der Mensch bedenkt nicht, da, wenn Sie ihn einige Meilen ber die Erde hinaufheben, er kein Mensch mehr ist. Der Mensch ist ein Glied im Erdorganismus, die Erde wieder ein Glied im Kosmos. Dies knnen wir nur erschauen, wenn wir den Grund des kosmischen Zusammenhanges erfassen. Alles Nachdenken ber das Selbst ohne umfassende Welterkenntnis, ohne zu begreifen, wie das Ich alle vorhandengewesenen Ereignisse brauchte, ist umsonst; ohne das zu berblicken, knnen wir nicht zu einer Erkenntnis gelangen, auch nicht des Ich-Selbst. Wir kommen zu einer Erkenntnis des Tag-Ich, wenn wir die Umgebung nach Wann und Wo untersuchen. Die Erkenntnis, wie sich das Ich im therleibe auslebt, finden wir, wenn wir die Vererbungslinie betrachten. Die Erkenntnis, wie das Ich sich im Astralleibe auslebt, finden wir, wenn wir das Karma leben, und die letzte Erkenntnis, wenn wir uns Welterkenntnis verschaffen; denn da ist ausgebreitet, was zusammengedrngt im punktuellen Ich des Menschen ist. Welterkenntnis ist Selbsterkenntnis. Wenn Sie sich dasjenige genau vor die Seele fhren, was in den Aufstzen Aus der Akasha-Chronik ber die Entwickelung der Erde geschildert wird, was scheinbar ganz fremd fr die Seele ist, wie es zuletzt mit Notwendigkeit zur heutigen Konfiguration hinfhrt, dann haben Sie Selbsterkenntnis durch Welterkenntnis! So fhrt uns die Selbsterkenntnis immer weiter und weiter aus uns heraus, immer zum Unpersnlichen. Wie durch Anwendung des Karma im Leben die Aura heller und lichter wird, so wird durch die eigentliche Erkenntnis der kosmischen Zusammenhnge die Aura kraftvoller und fhig, aus sich heraus ursprnglich freie Impulse zu schaffen. Hier kommen Sie zur Lsung der Frage nach Freiheit und Unfreiheit. Denn Freiheit ist ein Entwickelungsprodukt, und man gelangt zu ihr immer mehr, je mehr man zur Selbsterkenntnis gelangt. Dann kommt man durch eine solche bung der Selbsterkenntnis im geschilderten Sinne dazu, mancherlei auf dem geisteswissenschaftlichen Felde im richtigen Sinne zu erfassen, sich in die anthro-posophische Geistesstrmung hineinzufhlen. Mancherlei spukt als Kinderkrankheit in der anthroposophischen Bewegung, das wegfallen mu, namentlich wenn einmal solche Dinge begriffen worden sind, wie sie als Anweisung zur Selbsterkenntnis gegeben wurden. Es wird die unpersnliche Art der anthroposophischen Erkenntnis immer besser erkannt werden. Sie ist ja errungen dadurch, da sie von denjenigen Forschern gewonnen worden ist, welche nicht allein ihre Seele umgestaltet haben als Instrument der Selbsterkenntnis, sondern auch sie entwickelt haben - wie eben heute erzhlt worden ist -, die also dazu gekommen sind, unpersnlich zu erzhlen, was die hheren Welten darbieten. Ein erster Grundsatz, der gewonnen werden soll, ist der alte, schne Grundsatz des griechischen Weisen: Wer zur Wahrheit kommen will, darf der eigenen Meinung nicht achten. - Daher werden Sie die Erfahrung machen, da derjenige, der wirklich auf geisteswissenschaftlichen Wegen erfahren ist, sagt: Ja, mit Meinungen kann ich nicht dienen; ich kann Beschreibungen geben von Erfahrungen, nicht Regulationsprinzipien, keine Postula-te des Handelns, und solche Beschreibungen sollen als Lehren einflieen in die Theorie der Geisteswissenschaft. - Meinungen und Standpunkte mu sich der Geisteswissenschafter abgewhnen. Er hat keinen Standpunkt, weil alle Anschauungen sind wie Bilder, die von verschiedenen Standpunkten aus entstehen, und die so verschieden sind wie die Menschen, welche die Welt von den verschiedensten Seiten anschauen. Von einer Seite ist das Bild von materialistischer Anschauung, dann von anderen Seiten von einer spirituellen, einer mechanistischen, vitahstischen Anschauung. Das alles sind Anschauungen. Sie nicht nur theoretisch zu erkennen, sondern so zu leben mit einer Weltanschauung, da sich alle Anschauungen wie Bilder von verschiedenen Seiten ausnehmen, das ist die innere Toleranz, um die es sich handelt. Es soll nicht Meinung und Meinung sich bekmpfen. Dann ergibt sich die innere und aus dieser die uere Toleranz, die wir brauchen, wenn die Menschheit ihrem Heile in der Zukunft entgegengehen will. Auch mu besonderer Wert auf die Einsicht gelegt werden, da dasjenige, was an Ideen durch die anthroposophische Weltstrmung fliet, ein Produkt des Unpersnlichen ist. Dadurch wird man dahin kommen, eines auszuschalten aus der anthroposophischen Bewegung in dem Sinne, wie es in den frheren Zeiten und auch noch heute da ist: Autoritt im schlimmen Sinne. Nennen wir das Mikroskop eine Autoritt? Es ist eine Notwendigkeit, ein Durchgangspunkt. So mssen auch die Menschen ein Durchgangspunkt werden, aber wir mssen uns erheben zum Unpersnlichen, weil nur durch Menschen in die Welt kommen kann, was kommen soll. Autorittenglaube ist aus dem anthroposophischen Lexikon zu streichen, und darum gerade gelangen Menschen, die sich in diese Erkenntnis einleben, zu einer Unbefangenheit, so da sie durch das Persnliche in das Unpersnliche des Weltenganges hineinkommen. DAS LEBEN ZWISCHEN ZWEI WIEDERVERKRPERUNGEN Breslau, 2. Dezember 1908 Wir haben gestern vor einem etwas greren Kreise einiges besprechen knnen ber die Wege, die in die hheren Welten hineinfhren. Heute mag es gestattet sein, einiges ber die hheren Welten selbst zu sagen, und zwar wollen wir gleich eines der wichtigsten Kapitel aus dem Gebiet der bersinnlichen Welten herausgreifen und wollen einen Blick werfen auf die Vorgnge, die sich mit dem Menschen abspielen zwischen dem Tode und einer neuen Wiedergeburt. Es ist dies eines der wichtigsten Kapitel aus dem Gebiete des hhe-ren Lebens deswegen, weil es die grundlegendsten Tatsachen und Vorgnge der menschlichen Entwickelung betrifft, und da das physische Dasein des Menschen zusammenhngt und verwoben ist mit bedeutsamen Vorgngen in jenen Welten, mu man in diese Geheimnisse eindringen, wenn man das menschliche Wesen berhaupt begreifen will. Ich mchte sogleich damit beginnen, das Leben des Menschen zwischen Tod und einer neuen Geburt zu schildern, doch mssen wir, um begreifen zu knnen, was da in dieser Zwischenzeit geschieht, zunchst das Wesen des Menschen ins Auge fassen. Fr diejenigen, die sich schon lnger mit anthroposophischen Dingen und Studien befat haben, drfte ja dasjenige, was in der Einleitung erlutert werden wird, nichts Neues sein. Aber wir mssen doch diese Dinge von vornherein ganz genau ins Auge fassen, um uns fr ein vollstndiges Verstehen der darauffolgenden Beschreibungen vorzubereiten. Fr die anthroposophische Geisteswissenschaft ist das Wesen des Menschen nicht blo jenes Wesen materieller Art, wie es den ueren Sinnen erscheint, das wir mit den Hnden tasten knnen und das durch die physische Gesetzmigkeit an die physische Welt gebunden ist. Geisteswissenschaft zeigt, da dieser physische Krper des Menschen nur ein Teil von seiner ganzen Wesenheit ist, und zwar hat der Mensch diesen physischen Leib gemeinsam mit der mineralischen Welt. Wir knnen uns drauen umsehen in der Natur -alles, was scheinbar toter, mineralischer Natur ist, besteht aus denselben Stoffen, aus denen der menschliche Leib aufgebaut ist. Im Stein und im menschlichen Leibe zeigen sich dieselben physischen Vorgnge, aber es ist ein groer Unterschied zwischen den Vorgngen der gewhnlichen, leblosen physischen Krper und dem Wesen des Menschen. Ein uerlicher physischer Krper, wie ein Stein, hat eine Form, und er behlt seine Form so lange, bis ein uerer Vorgang, wie ein Zerschlagen oder sonst eine Gewalt, die Form zerstrt. Der menschliche physische Leib dagegen oder der eines anderen lebenden Wesens wird im Tode zerstrt durch die eigene Gesetzmigkeit der physisch-chemischen Stoffe, und der menschliche Leib ist in diesem Falle ein Leichnam. Die Geisteswissenschaft zeigt uns nun, da in dem Zustand zwischen Geburt und Tod, also whrend unserer physischen Lebenszeit, noch ein zweites Glied der menschlichen Wesenheit vorhanden ist als ein fortwhrender Kmpfer gegen diesen Zerfall des physischen Leibes. Wir nennen ihn den therischen Leib oder Lebensleib. In uns allen ist er. Wrde dieses zweite Glied nicht im Menschen sein, so wrde der Leib in jedem Augenblicke nur den physischen Krften folgen; er wrde zerfallen. Der Kmpfer gegen diesen Zerfall ist der therische Leib oder Lebensleib. Nur im Falle des Todes trennt sich dieser Lebensleib von dem physischen Krper. Diesen Lebensleib hat der Mensch gemeinsam mit jedem anderen Lebewesen; das Tier hat ihn, und auch die Pflanze hat einen solchen fortwhrenden Kmpfer. Auch in ihnen mu gegen den Zerfall ein solcher fortwhrender Kmpfer sein. Wenn der physische Leib als ein erstes, der Lebensleib als ein zweites Glied der Lebewesen bezeichnet worden ist, so hat der Mensch aber ber dieses zweite Glied hinaus noch ein drittes Glied. Schon mit dem Verstnde allein, mit der Logik sind wir imstande, das einzusehen. Wir wollen annehmen, ein Mensch stnde vor uns. Ist in diesem Rume, den er einnimmt, ist in dieser Hand, die er gebraucht, ist da nichts weiter vorhanden, als das bisher Erwhnte? Oh, es ist noch etwas mehr darinnen als Knochen und Muskeln, als allerhand chemische Bestandteile, die wir mit unseren Augen sehen, mit unseren Hnden tasten knnen. Und ein jeder von uns wei es auch ganz genau, da etwas mehr darinnen ist. Dieses Mehr, das ist die Summe seines Leides und seiner Lust; dieses Etwas kennt ein jeder, denn es ist alles, was an Empfindungen und an Gefhlen, von morgens bis abends, das ganze Leben hindurch abluft. Es gibt einen unsichtbaren Trger dieser Empfindungen, und wir bezeichnen ihn als den astralischen Leib oder Empfindungsleib des Menschen. Dieser fr das physische Auge des Menschen nicht wahrnehmbare astra-lische Leib ist bedeutend grer als der physische Leib. Fr das hellseherische Bewutsein ist er erkennbar als eine lichtausstrahlende Wolke, in welcher der physische Krper eingebettet ist. Dieses dritte Glied seiner Wesenheit hat der Mensch gemeinschaftlich mit dem Tiere, denn auch dieses besitzt einen astralischen Leib. Dann aber gibt es noch ein viertes Glied in der menschlichen Wesenheit, die Krone des Erdenreichs, die Krone der menschlichen Natur. Dieses vierte Glied knnen wir ins Auge fassen, wenn wir einer intimen Bewegung der menschlichen Seele nachspren. Eines gibt es im Menschen, das niemals von auen an ihn herantreten kann. Es ist dieses ein Name, der einfache Name Ich. Nur aus den tiefsten Tiefen der Seele kann dieser Name, diese Bezeichnung Ich herausklingen. Niemals kann ein anderer Mensch zu einem Mitmenschen Ich sagen. Nur zu sich selber kann der Mensch das sprechen; nur aus ihm heraus, aus seinem eigenen tiefsten Inneren heraus kann es kommen, und hier beginnt etwas ganz anderes, etwas Gttliches durch den Namen Ich herauszutnen. Das empfanden auch alle groen Religionen, da in dem Ich etwas Heiliges liegt. Auch im Alten Testament ist dies deutlich erkennbar. Da ist der Name Ich gleichbedeutend mit dem Namen Gottes. Nur der Priester durfte bei besonders feierlichen Gelegenheiten, bei besonders feierlichen Gottesdiensten den Gottesnamen aussprechen, und wenn er im Tempel den Namen Jahve ehrfurchtsvoll ertnen lie, so bedeutete der Name Jahve nichts anderes als Ich oder Ich bin. Da der Gott selber im Menschen sich ausspricht, sollte es bedeu- ten. Und nur dasjenige Wesen kann dieses Wort in der Seele zu seiner Seele aussprechen, in dessen Natur das Gotteswesen sich offenbart. Die Offenbarung Gottes im Menschen ist ein viertes Glied der menschlichen Wesenheit. Aber nicht denken sollten wir nun, da wir nun Gott selber wren. Ein Funken ist es aus dem Meere der Gottheit, der im Menschen aufblitzt. Wie ein Tropfen aus dem Meere nicht das Meer selber ist, sondern nur ein Tropfen daraus, so ist das Ich des Menschen kein Gott, sondern ein Tropfen aus der gttlichen Substanz: der Gott beginnt zu sprechen in der menschlichen Seele. Nur der Priester durfte Jahve, den heiligen Namen, bei besonders feierlichen Anlssen aussprechen. Dieses Gotteswesen in der Seele des Menschen zum Tnen zu bringen dadurch, da der Mensch sagen kann: Ich bin, das ist die Krone der Schpfung. Dieser Ich-Trger, das vierte Glied in der menschlichen Natur, macht den Menschen zum ersten unter den Wesen, die sichtbar sind in der irdischen Schpfung. Daher sprach man berall in den alten Mysterien von der heiligen Vierheit, deren erstes Glied der sichtbare physische Leib ist, deren zweites Glied der therische Leib oder Lebensleib, deren drittes Glied der astralische Leib oder Empfindungsleib und deren viertes Glied das Ich ist. Das sind die vier Glieder, die wir zunchst betrachten wollen. Und von der Art und Weise, wie sie miteinander verbunden sind, hngt das menschliche Leben, das menschliche Bewutsein ab. Nur im Tagesbewutsein, im Wachen, durchdringen sich die vier Glieder der menschlichen Natur. Da haben wir den physischen Leib durchdrungen von dem therleib, nur feiner und etwas grer, ber den physischen Leib hinausragend. Dann haben wir den Astralleib, den Trger unserer Empfindungen, den therleib durchdringend und wie ein groes glnzendes Oval den mit dem therleib verbundenen physischen Leib umragend. Und dann haben wir den Ich-Leib. Die vier Glieder der menschlichen Natur durchdringen sich aber nur beim Wachen. Wenn der Mensch schlft, tritt der Astralleib mit dem Ich-Trger heraus, whrend der physische Leib mit dem therleib verbunden im Bette liegen bleibt. Am Morgen, oder wenn der Mensch erwacht, steigen die ersteren beiden der vier Glieder wieder herab und verbinden sich wieder mit den anderen beiden. Was tut nun beim gewhnlichen Menschen der astralische Leib in der Nacht? Er ist nicht unttig. Wie eine spiralige Wolke erscheint er dem Auge des Hellsehers, und es gehen Strmungen von ihm aus, die ihn mit dem daliegenden physischen Leibe verbinden. Wenn wir des Abends ermdet einschlafen, was ist da die Ursache dieser Ermdung? Da der astralische Leib den physischen Leib whrend des Wachens am Tage gebraucht und dadurch abntzt, das erscheint als Ermdung. Die ganze Nacht aber, whrend des Schlafens, arbeitet der astralische Leib an der Fortschaffung der Ermdung. Daher rhrt die Erquickung durch den guten Schlaf, und daraus ist zu ermessen, wie wichtig ein wirklich gesunder Schlaf fr den Menschen ist. Er stellt in der richtigen Weise wieder her, was durch das Wachleben abgenutzt wurde. Auch noch andere Schden bessert der astralische Leib whrend des Schlafes aus, so zum Beispiel Krankheiten des physischen und auch des therleibes. Sie werden es nicht nur aus eigener Lebenserfahrung an sich selbst und an anderen Menschen beobachtet haben, Sie werden auch erfahren haben, da jeder vernnftige Arzt sagt, in gewissen Fllen sei der Schlaf ein unentbehrliches Heilmittel zur Wiedergesundung. Das ist die Bedeutung des Wechselzustandes zwischen Schlafen und Wachen. Jetzt wollen wir dazu bergehen, einen noch wichtigeren Wechselzustand zu betrachten, denjenigen zwischen Leben und Tod. Wenn vorhin gezeigt wurde, da, sobald der Schlaf eintritt, der astralische Krper mit dem Ich-Trger den mit dem therischen Leibe verbundenen physischen Leib verlt, so tritt im gewhnlichen Leben fast niemals, hchstens in gewissen Ausnahmefllen, welche spter noch erwhnt werden sollen, eine Trennung des therleibes von dem physischen Leibe ein. Erst im Tode findet normalerweise zum ersten Male eine Trennung des physischen Leibes von dem therlei-be statt. Jetzt also, im Tode, geht nicht blo wie im Schlafe der astralische Leib mit dem Ich aus dem viergliedrigen Menschenwesen heraus, sondern da verlassen die drei Glieder, therleib, Astralleib und Ich, den physichen Krper, und wir haben auf der einen Seite den physischen Krper, der als Leichnam zurckbleibt, sofort von den physisch-chemischen Krften angegriffen wird und der Zerstrung anheimfllt; auf der anderen Seite haben wir eine Verbindung von therischem Leib, astralischem Leib und Ich-Trger. Hier liegt nun die Frage nahe, wie jemand berhaupt wissen knne, wie jene Verhltnisse beim Tode sich entwickeln. Nun, wenn Sie dem gestrigen, ffentlichen Vortrage gefolgt sind, so werden Sie verstehen, da jene Menschen, welche imstande sind, in hhere Sphren zu schauen, auch in der Lage sind, ber die Verhltnisse nach dem Tode zu berichten. Und fr einen jeden Menschen stehen Mittel offen und sind Wege geboten, sich solche Fhigkeiten zu erwerben, weshalb auch die Mglichkeit vorliegt, zu wissen, was der Mensch erlebt, wenn er die Pforte des Todes durchschreitet. Wenn ber irgendwelche Tatsachen berichtet wird, die nicht sogleich von jedermann kontrollierbar sind, so kann ber deren Richtigkeit nur der entscheiden, welcher wirklich wei. Wenn aber von Seiten Unwissender dem Wissenden der Einwurf gemacht wrde, da auch dieser nichts wissen knne, so lge der Vorwurf des Hochmutes ganz auf Seiten derer, die nichts wissen und dabei behaupten, da man nichts wissen knne. Also nur der Wissende kann entscheiden, was man wissen kann. Wenn der Mensch durch den Tod geschritten ist, so hat er zunchst ein Gefhl, da er in eine Welt hineinwchst, in der er immer grer und grer wird, und da er nicht mehr wie in dieser physischen Welt auerhalb aller Wesenheiten sich befindet, nicht allen anderen Dingen gegenbersteht, sondern gewissermaen innerhalb derselben, als ob er in alle Dinge hineinkrieche. In dem Zeitpunkte unmittelbar nach dem Tode fhlen Sie kein Hier und Da, sondern ein berall; es ist, als wenn Sie selbst hineinschlpften in alle Dinge. Dann tritt eine Gesamterinnerung an Ihr ganzes vergangenes Leben ein, welches mit allen Einzelheiten wie ein groes Tableau vor Ihnen steht. Dieses Erinnern lt sich nicht vergleichen mit einem noch so guten Erinnern des frheren Lebens, wie Sie das Erinnern im Erdenleben kennen, sondern dieses Erinnerungstableau steht mit einem Male in ganzer Gre da. Auf was beruht das? Es liegt daran, da der therische Leib in Wahrheit der Trger des Gedchtnisses ist. Solange noch im Erdendasein der therische Leib im physischen Krper darinnen steckte, mute er durch das Physische wirken und war an die physischen Gesetze gebunden. Da ist er nicht frei; da vergit er, denn da tritt beiseite alle Erinnerung, die nicht unmittelbar zum allernchsten gehrt, was der Mensch gerade erlebt. Im Tode aber, wie vorhin erlutert wurde, wird der therische Leib, der Trger des Gedchtnisses, frei. Er braucht nicht mehr durch das Physische zu wirken, und daher treten die Erinnerungen in ungebundener Weise pltzlich auf. In Ausnahmefllen kann auch whrend des Lebens diese Trennung von physischem und therischem Leibe auftreten. Zum Beispiel in Fllen von Lebensgefahr, beim Ertrinken, beim Abstrzen, das heit in solchen Fllen, wo das Bewutsein durch den Schrek-ken eine groe Erschtterung, einen Schock erhlt. Leute, die einem solchen Schock unterworfen gewesen waren, erzhlen mitunter, da whrend einiger Augenblicke ihr ganzes Leben wie ein Tableau vor ihnen gestanden habe, so da die entschwundenen Erlebnisse aus frhester Lebenszeit pltzlich mit voller Deutlichkeit aus der Vergessenheit wieder auftauchten. Solche Erzhlungen beruhen nicht auf Tuschung, sondern auf Wahrheit; sie sind Tatschlichkeiten. In jenem Moment des Aufblitzens des Erinnnerungstableaus geschieht etwas ganz Besonderes mit dem Menschen; nur darf bei solchem Schock das Bewutsein nicht verloren werden. In jenem Moment des Abstrzens oder eines anderen Schreckens, der die Veranlassung zu dem Schock gegeben hat, tritt nmlich etwas ein, was der Hellseher sehen kann. Nicht immer, aber doch manchmal, tritt der Teil des therischen Leibes, der die Kopfgegend erfllt, ganz oder zum Teil aus dem Kopf heraus, und wenn dies auch nur auf einen Moment geschieht, so wird doch dadurch die Erinnerung frei, weil der therische Leib in solchem Momente von der physischen Materie, dem Hindernisse der ungehemmten Erinnerung, befreit ist. Wir knnen auch noch bei anderen Gelegenheiten einen teilweisen Austritt des therischen Leibes beobachten. Wenn Sie sich ir- gendein Krperglied drcken oder stoen, so tritt mitunter ein eigentmliches, prickelndes Gefhl auf, und wir pflegen dieses Gefhl zu bezeichnen, indem wir sagen, das Glied sei eingeschlafen. Kinder, welche beschreiben wollen, was fr ein Gefhl sie dabei haben, hat man schon oft den Ausdruck sagen hren: Ich fhle in meiner Hand wie Selterswasser. Was ist das? Die eigentliche Ursache ist, da aus diesem Glied der zugehrige Teil des Lebensleibes fr eine Weile herausgehoben ist. Der hellsehende Mensch kann dann den herausgehobenen Teil des therleibes wie eine Kopie des physischen Menschenleibes in dessen Nhe wahrnehmen. So wird zum Beispiel bei einem Sturz der zugehrige entsprechende Teil des therleibes aus dem Kopfe durch die abstrzende Bewegung herausgedrckt. Im Tode tritt dieses Erinnerungstableau sofort mit voller Strke ein, weil der ganze physische Krper verlassen wird. Man wei auch die Dauer dieses Erinnerungstableaus nach dem Tode. Sie betrgt drei bis vier Tage. Es ist nicht leicht, die Grnde hierfr anzugeben. Diese Zeitdauer ist bei jedem Menschen verschieden und entspricht ungefhr der Fhigkeit des betreffenden Menschen, wie lange er es im Leben htte aushalten knnen, wach zu bleiben, ohne einzuschlafen. Danach tritt etwas anderes ein. Was dann eintritt, das ist, da sich eine Art zweiten Leichnams herauslst. Der Mensch lt nmlich nunmehr auch noch den therleib zurck; doch behlt er davon einen gewissen Extrakt, eine Essenz, und das nimmt der Mensch mit und behlt es in alle Ewigkeit. Jetzt, nach Ablegung des therleibes, beginnt fr den Menschen die Kamalokazeit, der Kamalokazustand. Wollen Sie sich klarmachen, was fr ein Zustand das ist, so mssen Sie beachten, da der Mensch, nachdem er den physischen und therischen Leib zurckgelassen hat, von seinen vier Gliedern noch den Astralleib und das Ich behalten hat, und es taucht fr uns nun die Frage auf, was fr eine Bewandtnis es mit dem Astralleibe hat, mit dem das Ich nun in die Kamalokazeit hineinlebt. Der Astralleib ist der Trger von Lust und Schmerz, von Genssen und Begierden, daher hren diese nicht auf, wenn der physische Krper abgelegt wird; nur die Mglichkeit, die Begierden zu befriedigen, hrt auf, da das Instrument zur Befriedigung der Begierden, der physische Leib, nicht mehr zur Verfgung steht. Alles, was der Mensch als empfindendes Wesen war im physischen Leibe, hrt nicht auf zu sein. Der Mensch behlt das alles in seinem astralischen Leibe. Denken wir uns einmal eine gewhnliche Begierde, und whlen wir der Einfachheit halber eine solche recht banaler Art, zum Beispiel die Begierde nach einer leckeren Speise. Diese Begierde hat ihren Sitz nicht im physischen, sondern im astralischen Leibe. Daher ist diese Begierde nicht abgelegt mit dem physischen Leibe; sie bleibt. Der physische Leib war nur das Instrument, mit welchem diese Begierde befriedigt werden konnte. Wenn Sie ein Messer haben, um damit zu schneiden, so ist dieses das Instrument, und Sie verlieren nicht die Fhigkeit zum Schneiden, wenn Sie das Messer weglegen. So ist beim Tode nur das Werkzeug zum Genu abgelegt, und deshalb ist der Mensch zunchst in einem Zustande, in dem alle seine verschiedenen Begierden vertreten sind, welche nunmehr erst abgelegt werden mssen oder vielmehr abzulegen gelernt werden mssen. Die Zeit, in der das geschieht, ist die Kamalokazeit. Sie ist eine Prfungszeit, und sie ist sehr gut und wichtig fr die weitere Entfaltung des Menschen. Denken Sie einmal, Sie litten Durst, und Sie wren in einer Gegend, wo es kein Wasser gbe, natrlich auch kein Bier oder Wein, berhaupt kein Getrnk irgendwelcher Art. Da leiden Sie brennenden Durst, der nicht gestillt werden kann. In hnlicher Weise erleidet der Mensch ein gewisses Durstgefhl, wenn er nicht mehr das Instrument besitzt, mit welchem einzig er seine Begierden zu befriedigen imstande war. Kamaloka ist eine Abgewhnungszeit fr den Menschen, da er seine Begierden ablegen mu, um sich in die geistige Welt hineinzuleben. Diese Kamalokazeit dauert bei dem Menschen lngere oder krzere Zeit, je nachdem er mit dem Abgewhnen der Begierden fertig wird. Es kommt hierbei darauf an, wie der Mensch sich schon im Leben angewhnt hat, seine Begierden zu regeln, und wie er gelernt hat, im Leben zu genieen und zu verzichten. Es gibt aber Gensse und Begierden niederer und hherer Art. Solche Gensse und Begierden, zu deren Befriedigung der physische Leib das eigentliche Instrument nicht ist, nennen wir hhere Gensse und Begierden, und solche gehren nicht zu denjenigen, die sich der Mensch nach dem Tode abzugewhnen hat. Nur solange der Mensch noch etwas hat, was ihn nach dem physischen Dasein hinzieht - niedere Gensse -, so lange bleibt er im astralischen Leben der Kamalokazeit. Wenn ihn dann nichts mehr hinunterzieht nach jener Abgewhnezeit, dann ist er fhig geworden, in der geistigen Welt zu leben, dann tritt ein dritter Leichnam aus dem Menschen. Der Aufenthalt des Menschen in dieser Kamalokazeit dauert ungefhr so lange wie ein Drittel der Lebenszeit. Es kommt daher darauf an, wie alt der Mensch war, als er starb, das heit, wir lange er im physischen Leibe gelebt hat. Jedoch ist diese Kamalokazeit durchaus nicht immer eine greuliche oder unangenehme. In jedem Falle wird der Mensch dadurch unabhngiger von den physischen Begierden, und je mehr er sich schon im Leben unabhngig gemacht und sich Interessen im Anschauen geistiger Dinge verschafft hat, desto leichter wird diese Kamalokazeit fr ihn verlaufen. Er wird durch sie freier, so da der Mensch dankbar wird fr diese Kamalokazeit. Das Gefhl des Entbehrens im physischen Leben wird zur Seligkeit in der Kamalokazeit. Es treten also die entgegengesetzten Gefhle ein, denn alles, was man im Leben gelernt hat, gern zu entbehren, wird in der Kamalokazeit zum Genu. Wenn dann, wie schon erwhnt wurde, aus dem Menschen der dritte Leichnam austritt, dann entschwebt mit diesem, dem astralischen Leibe alles, was der Mensch fernerhin in der geistigen Welt nicht brauchen kann. Fr den Hellseher sind diese astralischen Leichname sichtbar, und es dauert zwanzig, dreiig bis vierzig Jahre, bis sie sich aufgelst haben. Da solche astralischen Leichname fortwhrend da sind, so gehen sie gelegentlich durch die Leiber Lebender, durch unsere eigenen Leiber hindurch, besonders whrend der Nacht, wenn unsere astralischen Leiber im Schlafe von den physischen Krpern getrennt sind, und daher rhren gewisse schdliche Einflsse, die der Mensch empfangen kann. Geradeso wie fr den eigentlichen Menschen nach dem Austritt des therischen Leichnams ein Extrakt, eine gewisse Essenz fr alle Ewigkeit zurckbleibt, so bleibt auch fr ihn nach dem Austritt des astralischen Leichnams fr alle Ewigkeit eine gewisse Essenz zurck als Frucht der letzten Verkrperung. Und jetzt beginnt fr den Menschen die Zeit des Devachan, der Eintritt in die geistige Welt, in die Heimat der Gtter und aller geistigen Wesenheiten. Wenn der Mensch in diese Welt eintritt, dann erlebt er ein Gefhl, das man vergleichen kann mit der Befreiung einer Pflanze, die in einer engen Felsspalte wuchs und pltzlich ans Licht emporwchst. Denn wenn der Mensch in diese Himmelswelt einzieht, erlebt er in sich die vollkommene geistige Freiheit, und er geniet fortan die absolute Seligkeit. Denn, was ist eigentlich die Zeit des Devachan? Sie knnen sich davon eine Vorstellung machen, wenn Sie erwgen, da der Mensch hier die Vorbereitung trifft zu einem neuen Leben, zu einer neuen Wiederverkrperung. In der physischen Welt, in dieser unteren Welt, hat der Mensch so viel erfahren und erlebt, und diese Erfahrungen hat er ja mit hinbergenommen. Er hat sie wie eine Frucht des Lebens in sich aufgenommen, was er nun frei in sich verarbeiten kann. Er bildet sich nun in der Devachanzeit ein Urbild fr ein neues Leben. Das geschieht whrend einer langen, langen Zeit. Das ist ein Schaffen am eigenen Sein, und jedes Schaffen, jedes Produzieren ist mit Seligkeit verknpft. Da jedes Produzieren, jedes Schaffen mit Seligkeit verknpft ist, davon knnen Sie sich eine Vorstellung machen, wenn Sie ein Huhn betrachten, das ein Ei ausbrtet. Warum tut es das? Weil es eine Lust empfindet, das zu tun. So ist es auch fr den Menschen eine Lust, im Devachan schaffend die Frucht des vergangenen Lebens hineinzuweben in den Plan zu einem neuen Leben. In der Kette der Wiederverkrperungen hat der Mensch ja schon viele Leben durchgemacht, aber er ist am Ende eines Lebens nie mehr dasselbe, was er am Anfang dieses Lebens gewesen war. In diesem Leben, hineingezwngt in den physischen Krper, da mu er sich ja ganz passiv verhalten. Jetzt aber, wo er befreit ist, befreit von dem physischen Leibe, von dem Atherleibe und von dem astralischen Leibe, da webt er hinein in seinen ewigen Wesenskern ein Urbild, und dieses Hineinweben, es wird wahrgenommen als Seligkeit, als ein Gefhl, das sich mit nichts vergleichen lt, was er je in der physischen Welt als Seligkeit erleben kann. Sein Leben ist Seligkeit in der geistigen Welt. Glauben Sie aber nun nicht etwa, da das physische Leben keine Bedeutung htte in dieser geistigen Welt. Wenn sich im Leben Bande der Liebe und der Freundschaft angeknpft haben von Seele zu Seele, so fllt mit dem Tode nur das Physische ab, aber das geistige Band bleibt und schlingt dauernde, unzerstrbare Brcken von Seele zu Seele, welche sich in den Urbildern zu Wirkungen verdichten. Diese vermgen sich dann in den folgenden Wiederverkrperungen im Physischen auszuleben. Ebenso ist es in dem Verhltnis, das zwischen Mutter und Kind besteht. Die Liebe einer Mutter zum Kinde ist die Antwort auf die vorgeburtliche Liebe des Kindes zur Mutter, welches sich gerade zu dieser Mutter infolge seiner Seelenverwandtschaft mit ihr durch Sehnsucht zur Wiederverkrperung hingezogen fhlte. Was sich dann im Leben, in der gemeinschaftlich durchlebten Verkrperung zwischen Mutter und Kind abspielt, bildet neue, seelische Bande, welche bleiben. Und alles, was Seele an Seele band, ist schon eingewoben in das geistige Leben, das Sie vorfinden, wenn Sie nach dem Tode in die geistige Welt eintreten. Es ist also das Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt so beschaffen, da dasjenige nachwirkt, was im vorangegangenen physischen Leben getan wurde. Ja sogar die Lieblingsbeschftigungen, denen ein Mensch im Leben anhing, wirken nach. Aber immer freier und freier wird der Mensch nach dem Tode, weil er ein Vorbereiter wird fr die Zukunft, fr seine eigene Zukunft. Tut nun der Mensch noch etwas anderes in diesem Jenseits ? Oh, er ist in diesem Jenseits sehr ttig. Hier knnte zwar jemand die Frage aufwerfen, wozu der Mensch denn da wiedergeboren wird, und weswegen er denn berhaupt wieder auf diese Erde zurckkommt, wenn er auch im Jenseits ttig sein kann. Nun, das geschieht deshalb, weil die Wiederverkrperungen niemals so eintreten, da der Mensch in ihrem Verlaufe unntigerweise wiedergeboren wird. Immer kann er Neues hinzulernen, immer haben sich die Erdenverhltnisse so gewandelt, da er in gnzlich vernderte Verhltnisse hineinkommt, um Erfahrungen zu seiner weiteren Fortentwickelung zu machen. Das Antlitz der Erde, die Gegenden, das Tierreich, die Pflanzendecke, alles dies ndert sich fortwhrend in verhltnismig kurzer Zeit. Denken Sie einmal hundert Jahre zurck. Welch ein Unterschied gegen heute! Da wie bei uns heute jeder Mensch im sechsten Lebensjahre lesen und schreiben lernt, ist noch gar nicht so lange her. Im Altertum gab es hochgelehrte Leute, die an der Spitze des Staatswesens standen und weder lesen noch schreiben konnten. Wo sind die Wlder und Tierarten, die vor fnfhundert Jahren das Land erfllten, das heute von Eisenbahnen durchzogen ist? Wie waren die rtlichkeiten beschaffen, wo heute unsere groen Stdte sich befinden, wie waren sie vor tausend Jahren? Dann nmlich wird erst der Mensch wiedergeboren, dann tritt er erst in eine neue Wiedergeburt ein, wenn sich die Verhltnisse so gendert haben, da der Mensch etwas Neues lernen kann. Verfolgen Sie die Jahrhunderte, wie das Antlitz der Erde durch die Verstandeskrfte der Menschen verndert, niedergerissen und aufgebaut wird. Aber es ndert sich auch noch vieles, woran die ueren Verstandeskrfte der Menschen nicht arbeiten knnen. Die Pflanzendecke und die Tierwelt, sie verndern sich vor unseren Blicken; sie verschwinden, und andere Arten treten an ihre Stelle. Solche Vernderungen werden von der anderen Welt aus bewirkt. Ein Mensch, der ber eine Wiese schreitet, kann wohl sehen, wie ber den Bach eine Brcke geschlagen wird, aber er kann nicht sehen, wie die Pflanzendecke aufgebaut wird. Das machen die Toten. Diese sind dabei ttig, das Antlitz der Erde umzugestalten und umzuarbeiten, um sich fr eine neue Wiederverkrperung den vernderten Schauplatz zu schaffen. Nachdem der Mensch whrend einer langen, langen Zeit dergestalt mit den Vorbereitungen zur neuen Wiederverkrperung beschftigt war, naht der Zeitpunkt, wo sie stattfinden soll. Was geschieht nun ? Was tut der Mensch dann, wenn er in seine neue Wiedergeburt schreitet? Zu dieser Zeit befindet sich der Mensch in seinem Devachan, und da fhlt er, da er sich zunchst einen neuen Astralleib angliedern mu. Dann schiet sozusagen die astralische Substanz von allen Teilen an ihn heran, und je nach seiner Eigenart kristallisiert sie sich sozusagen um ihn herum. Sie mssen sich das so vorstellen, wie die Eisenfeilspne der Anziehungskraft eines Magne- ten unterliegen und sich um ihn ordnen und gruppieren, so ordnet sich die astralische Substanz an das sich wiederverkrpernde Ich. Dann aber ist es noch ntig, ein geeignetes Elternpaar auszusuchen, und so wird der Mensch hingeleitet zu diesem oder jenem Elternpaar, aber nicht blo gehorchend seiner eigenen Anziehungskraft. Denn hierbei greifen ein und sind ttig hocherhabene Wesenheiten, die heute noch, dem gegenwrtigen Entwickelungszustande der Menschen angemessen, die Arbeit bernommen haben, diese Verhltnisse in Richtigkeit und Gerechtigkeit karmisch zu ordnen. Wenn also gelegentlich einmal die Eltern mit den Kindern und zu den Kindern anscheinend nicht stimmen, dann braucht nicht etwa Unrichtiges oder Ungerechtigkeit vorzuliegen. Darin liegt vielleicht manchmal das Gute, da der Mensch in die kompliziertesten Bedingungen hineinkommt und sich mit den sonderbarsten Verhltnissen abfinden soll, um dadurch zu lernen. Die Reihenfolge dieser sich immer wiederholenden Wiederverkrperungen ist jedoch nicht eine endlose. Es ist ein Anfang da und auch ein Ende. Einst, in einer fernen Vergangenheit, stieg der Mensch noch nicht herab zu Verkrperungen. Da kannte er noch nicht Geburt und Tod. Da fhrte er eine Art engelhaften Daseins, nicht unterbrochen von solch einschneidenden Vernderungen seines Zustandes, wie sie heute als Geburt und Tod vorhanden sind. Aber ebenso sicher wird fr den Menschen eine Zeit kommen, wo er eine gengende Summe von Erfahrungen in den unteren Welten gesammelt haben wird, um einen gengend gereiften, abgeklrten Bewutseinszustand erworben zu haben, um in den erhabenen oberen Welten wirken zu knnen, ohne gezwungen zu sein, wieder in die unteren Welten unterzutauchen. Nach dem Anhren der hier vorgetragenen Verhltnisse ber wiederholte Erdenleben glauben manche Leute, Angst haben zu mssen, da das Gefhl der Elternliebe beeintrchtigt werden knnte dadurch, da eine Mutter vernimmt, da das Kind nicht durchaus Fleisch ist von ihrem Fleisch, denn es ist ja an diesem Kinde etwas, das nicht von ihr ist, also etwas Fremdes. Doch diese Bande, die Eltern und Kinder umspannen, sind keineswegs dem Zufall unterwor- fen und gesetzlos. Es sind keine neuen Bande. Sie waren schon vorhanden in vorangegangenen Lebenslufen und haben einstmals auch schon in verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Verbindungen bestanden. Diese Bande der Liebe vereinigen sie dauernd auch in den hheren Welten in ewiger Wirklichkeit, und alle Menschen werden einst in ewiger Liebe umschlungen sein, auch wenn sie sich nicht mehr hinabsenken werden in den Kreislauf der Wiederverkrperungen. DIE ZEHN GEBOTE Stuttgart, 14. Dezember 1908 Es soll uns heute ein wichtiges Menschheitsdokument beschftigen, das, wenn es auch fern abzuliegen scheint auerhalb des Rahmens unserer bisherigen Betrachtungsfolge, dennoch im inneren Zusammenhang mit dieser steht. Es sind dies die Zehn Gebote, die wir einmal vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkt aus beleuchten wollen, aus dem Grunde, weil vielleicht auch gerade gegenber diesem Dokument der Menschheit die Geisteswissenschaft das richtige Licht zu seinem Verstndnis zu bringen vermag. Es wird von Seiten der gelehrten Theologie vielfach behauptet, da diese Zehn Gebote mit mancherlei Gesetzen und Geboten anderer Vlker des Altertums bereinstimmen und eigentlich nichts Besonderes darstellen. Sie seien hchstens nur insofern bemerkenswert, als sie eine Zusammenstellung dessen seien, was als Gebote und Gesetze bei den verschiedenen alten Vlkern da und dort zu finden sei, zum Beispiel bei Lykurg von Sparta oder in den Gesetzestafeln des Hammurabi. Dasjenige, was uns beschftigt hat, als wir den Entwickelungsgang der Menschheit in der nachatlantischen Zeit betrachtet und auf unsere Seelen haben wirken lassen, das wird uns auch in einer gewissen Beziehung ein Leitfaden sein knnen, um uns begreiflich erscheinen zu lassen das Groe und Gewaltige, was in die Menschheit eingeschlagen hat, als die Zehn Gebote auf dem Sinai gegeben worden sind. Erinnern wir uns daran, was uns bei der Betrachtung des Entwickelungsganges der Menschheit in der nachatlantischen Zeit entgegengetreten ist. Wir haben gesehen, da die fnf Kulturepochen - die indische, persische, chaldisch-gyptisch-jdische, die griechisch-rmische und die germanische Kulturepoche - ein allmhliches Erobern des physischen Planes durch die Menschheit bedeuten. Nun steht uns am Ende der dritten und am Anfang der vierten Epoche dasjenige gegenber, was wir die Sendung des Moses nennen knnen. Worin besteht diese Sendung? Da wollen wir uns noch einmal genauer vor die Seele fhren, wie die Inspirationen der Eingeweihten eigentlich in den aufeinanderfolgenden Zeitrumen waren. Gestern haben wir von den Rishis gesprochen, die in der altindischen Zeit die Inspiratoren ihres Volkes waren. Es wurde von den Rishis mitgeteilt, da sie im gewhnlichen Leben sozusagen schlichte Menschen waren, da sie aber zu gewissen Zeiten das Instrument, das Mundstck waren fr die Inspirationen hherer geistiger Wesenheiten. Diese Tatsache war besonders hervorstechend in den Zeiten des alten Indertums, und es konnten reden diese alten Rishis, diese grten Lehrer der nachatlantischen Kulturepoche, von hohen geistigen Wahrheiten. Fragen wir uns einmal, in welche Regionen des Geistes hinein haben sich diese alten Rishis versetzt, wenn sie innerlich durchweht und durchzogen sein sollten von den hheren Wesenheiten, die durch sie sprachen? Es erhoben sich diese Rishis, whrend in ihnen die hheren Mchte lebten, nicht blo zum Astral- oder unteren Devachanplan, sondern hinauf bis zum oberen Devachan, so da das, was sie lehrten, ursprnglich vom oberen Devachan ausging. In jenen alten Zeiten, kurz nach der atlantischen Katastrophe, war das noch mglich, weil die alten indischen Leiber noch durchaus den Menschen die Mglichkeit boten, aus ihnen herauszukommen und mit den Wesenheiten hherer Welten in Beziehung zu treten. Nun schreiten die Kulturstufen fort. In der Kulturepoche des Za-rathustra, der uralt-persischen, wissen die hchsten Eingeweihten zwar noch zu erzhlen von den hchsten geistigen Wesenheiten, aber ihre Erhebung kann nicht so ohne weiteres bis in die oberen Partien des Devachan gehen. Sie knnen sich nur bis zu dem unteren Devachan erheben. Trotzdem aber knnen sie sich ber die hheren Plane unterrichten lassen, denn diese hohen Wesenheiten des unteren Devachanplanes wissen ja auch von den hheren Planen. In der Welt, in der die gyptischen Eingeweihten hauptschlich heimisch waren, erhob man sich gewhnlich bis zum Astralplan, und es war keineswegs nur ein kleiner Kreis, der sich im alten gypten noch zu diesem Astralplan erheben konnte. Es war noch eine verhltnismig groe Anzahl von Menschen, die aus eigener Beob- achtung wuten, was auf dem Astralplan vorgehen kann. Wenigstens in gewissen Zwischenzustnden des Lebens, zwischen Schlafen und Wachen zum Beispiel, erlebten viele die Gemeinschaft mit jenen Wesenheiten, die nicht auf den physischen Plan herunterkommen, die aber auf dem astralischen Plan noch heimisch sind. So da diejenigen, welche auf dem Astralplan aus und ein gingen, die alten gyptischen Eingeweihten, es noch leicht hatten, die Dinge zu verknden, die in hheren Welten vorgingen. Indem wir uns immer mehr den spteren Kulturepochen nhern, zieht sich sozusagen der Vorhang vor den geistigen Welten immer mehr zu. Immer geringer wird die Zahl der Menschen, die imstande sind, selbst noch in den geistigen Welten Beobachtungen zu machen, und dadurch wurde gegen die vierte Kulturepoche hin eine besondere Art der Verkndigung durch die Eingeweihten notwendig. Einer derjenigen Eingeweihten, der in allen okkulten Knsten der gyptischen Eingeweihten bewandert war, war Moses; er bewegte sich durchaus frei auf dem Astralplan. Gerade sein Volk war dazu ausersehen, eine gewisse Offenbarung zu erhalten, die imstande war, den Menschen auch dann etwas zu sein, wenn sie nicht mehr in die hheren Welten hinaufblicken konnten. Es gab ja immer Eingeweihte, obwohl ihre Zahl immer geringer geworden war, die direkt oder indirekt von den hheren Welten wuten, weil sie bewut auerhalb ihres Leibes leben konnten. Der grte Teil des Volkes jedoch mute sein Leben ganz auf den physischen Plan beschrnken. Die Aufgabe, die der Menschheit gegenber zu erfllen war in der Zeit, als die Sendung des Moses ihren Anfang nahm, war diese: denjenigen Menschen, die ganz und gar auf den physischen Plan angewiesen waren, eine Offenbarung aus dem Geistigen zu geben, das hinter dem physischen Plane steht, wonach sie ihr Leben regeln konnten. Wie mute nun diese Sendung des Moses zunchst gestaltet werden? Denken Sie sich, da den Leuten zunchst einmal klar gemacht werden mute: Das, was drauen um euch herum ist, was ihr sehen und fhlen knnt, das ist eben der physische Plan; da ist nirgends etwas Geistiges. Das mt ihr nicht ansehen als das, was euch irgendwie das Geistige darstellen knnte, sondern ihr mt euch klar darber sein, da das Geistige eben im Geistigen gesucht werden mu, und da es nur ein einziges gibt, wo ihr das Geistige suchen knnt. In den Zeiten des alten Indertums, als die heiligen Rishis von den oberen Partien des Devachan aus sprachen, da konnte man auch Bilder geben, welche das, was vom oberen Devachan aus gesprochen wurde, als ueres Bild symbolisierten und vergleichsweise andeuteten. Man konnte Bilder und Bildnisse geben, und es war verhltnismig leicht, den Menschen begreiflich zu machen: Wir geben euch zwar Bilder, aber da ihr die uere Welt ja doch als Illusion, als Maja anseht, so werden diese Bilder euch nichts mehr sein als Bilder, Abbilder einer Welt des bersinnlichen. - Es war keine Gefahr vorhanden, da Gtzendienerei mit diesen Bildern getrieben werden konnte. Wie htte das auch sein knnen bei einem Volk, das alles Sinnliche fr Maja, fr Illusion ansah? Dieses Volk htte niemals Gtzendienerei treiben knnen. Das ist erst viel spter gekommen. Allerdings ist gerade spter in der morgenlndischen Kultur an Stelle des Symbols das Gtzenbild getreten. Aber leicht war es also den heiligen Rishis, dem ganzen indischen Volke klarzumachen: Dasjenige, was wir euch zu verkndigen haben, stammt aus den hheren Partien des Devachan, und das Sichtbare, das Physische, ist ein Sinnbild fr das, was so hoch und erhaben ist, da ihr es nur im Sinnbild aufnehmen knnt. Whrend der persischen Kultur konnten aber die Schler des Za-rathustra nicht in derselben Weise verfahren. Diese konnten nur noch eine Art von Zusammenhang ihres Volkes mit den unteren Partien des Devachanplanes herstellen. Daher waren sie nur imstande, in Bildern, aber in geistigen Bildern, von dem bersinnlichen zu sprechen. Sie haben kein sinnliches Bild genommen. Vor allen Dingen sprachen sie ihrem Volke von dem eigentlichen geistigen, guten Wesen, das sie Ahura Mazdao nannten, demjenigen Wesen, das seine uere Krperlichkeit in der Sonne hat, und mit dem der Mensch sich verbndet gegen den finsteren Geist: Ahriman. Das wurde als ein sinnlich-bersinnliches Bild sozusagen vor die Menschen hingestellt. Die Menschen sollten sich im Bilde vorstellen dieses geistige Lichtwesen. Aber nicht ein fertiges Bild, kein Bildnis sollten sie machen. Allenfalls konnten sie sich diesen gttlichen Ahura Mazdao in einem Vorgange, zum Beispiel im Feuer vorstellen, aber nicht in einem starren, ueren, sinnlichen Bild. Alles, was sinnliche Bilder, Gtterbilder sind, stammt aus einer spteren Zeit. Die alte persische Kultur hatte bildliche Vorgnge, die das bersinnliche ausdrcken sollten. Das war der Fortschritt. Nun kommen wir zu der dritten Kulturstufe, die uns hauptschlich im gyptertum entgegentritt. Da stand, wie wir wissen, gewissermaen im Mittelpunkt alles religisen Denkens und Fhlens die Gestalt des Osiris. Sie werden leicht verstehen, was jetzt gesagt werden mu. Was fr ein Wesen ist Osiris, hauptschlich in seiner gttlichen Gestalt? Bedenken Sie, da die gyptischen Kulturfhrer dem Menschen sagten: Wenn du deine Aufgabe hier in der physischen Welt richtig vollziehst, wenn du alles tust, was dich in bezug auf deine Seele zu einem wrdigen Menschen macht, dann wirst du nach dem Tode mit Osiris vereinigt sein. - Auf der anderen Seite wurde ihm gesagt: Der Osiris hat nur ein kurzes Leben hier auf Erden gehabt, denn er wurde von seinem Bruder Typhon - Seth - berwunden und lebt seit jener Zeit in den Welten, die die berirdischen sind. Sein unterstes Gebiet ist nicht mehr der physische, sondern der Astralplan, weiter steigt er nicht herab. Es ist nicht mehr mglich, da Osiris den physischen Plan betritt. Daher kann der Mensch im Leben nicht dem Osiris begegnen. Nach dem Tode aber, wenn er sich dessen wrdig gemacht hat, dann wird er mit Osiris vereint sein, weil dann der Mensch die Welt, in der Osiris weilt, betritt. Der Mensch mu also dem Osiris entgegenkommen, entweder wenn er gestorben ist, oder wenn er als Eingeweihter den astralen Plan betritt. Daher wurde dem Bekenner der Osiris-Religion klargemacht: Das bersinnliche, mit dem du selbst noch in einer Verbindung stehst, sollst du dir nicht anders als unter dem Bilde deiner eigenen Seele vorstellen, einer Seele, wie wir sie uns vorstellen unter dem Begriff des Astralleibes. Es wurde der Osiris als eine ideale Menschengestalt hingestellt, die alle mglichen Tugenden hat, und da Triebe sowohl als auch Tugenden im Astralleibe sind, so wurde sozusagen eine astralische Menschenwesenheit als die Wesenheit des Osiris hingestellt. Fr das Volk der Semiten, das durch die Schule des gyptertums gewissermaen hindurchgegangen war, und welches jenes groe Ereignis vorbereiten sollte, durch welches das Geistige, der Christus, in die physische Welt heruntergestiegen ist - nicht nur wie Osiris bis zum Astralplan, sondern wie Christus, der auf den physischen Plan gekommen ist -, fr dieses Volk durfte weder ein Gott im Gleichnis, im Symbol leben, wie bei dem alten Indertum, noch durfte es einen Gott in einem sinnlich-bersinnlichen Bilde verehren, wie in der persischen Kultur, noch im Bilde einer Astralwesenheit, wie in der gyptischen Kultur, sondern einzig und allein unter der unsinnlichen Vorstellung des Ich. Alle Bilder, die ursprnglich den alten Indern gegeben waren, um sich das Geistige vorzustellen, waren der physischen Welt, dem Mineralreiche entlehnt; es waren Bilder, welche in physisch-mineralischen Formen ausgeprgt waren. Die Gestalt, unter der die Eingeweihten der persischen Kultur ihrem Volke das bersinnliche klarmachten, war demjenigen entnommen, was auch in dem menschlichen therleibe lebt, dem Lebendig-therischen, denn auch Ahura Mazdao wurde ihnen sichtbar dadurch, da er in einer therischen Form, der Sonnenaura, sich ihnen kundgab. Osiris war unter einer astralischen Gestalt bei den gyptern vorgestellt worden. Diejenige Gottheit aber, die sich dem jdischen Volk ankndigte, sollte keine anderen Eigenschaften haben als die des Ich, des vierten Gliedes der menschlichen Wesenheit. Unter dem Ich erfat der Mensch etwas, was allein zu sich selber Ich sagen kann. Damit war aber noch etwa anderes verbunden. Der Mensch sollte nunmehr die Sendung des Moses in sich hineingieen; er sollte sich die Gottheit im Bilde dieses Ich vorstellen. Von nun an mute den Menschen gesagt werden: So wie ein Ich in jedem Menschen lebt und Herrscher ist ber alle Glieder der Menschennatur, so sollst du dir das Wesen vorstellen, das in der Welt als schpferisches Wesen webt und lebt und herrscht und waltet ber alles Geschaffene. Kein sinnliches, kein ther- und kein Astralbild kann das wiedergeben. Blo unter der Gestalt des Ich, einzig unter dem Namen Ich bin der Ich-bin sollst du dir das hchste Wesen vorstellen. - In dem Ich-bin selber sollte jeder Mensch ein Ebenbild der Gottheit empfinden. Das war die Mission, die Sendung des Moses, dem Menschen zu sagen: Siehe hinein in dein Inneres; da allein findest du ein wirkliches Ebenbild der reinen Gottheit. - Daher sollte alle Wirkung unter den Menschen von nun an nur von Ich zu Ich gehen. Das sollte vorbereitet werden durch die Sendung des Moses. Stellen wir uns noch einmal hinein in die gyptische Kultur. Da war viel Wirkung, aber sie ging nicht von Ich zu Ich, sondern von Astralleib zu Astralleib. Was heit das? Denken Sie sich, wie eine solche gigantische Pyramide gebaut worden ist. Ein groes Heer von Menschen war ntig, um solch eine Pyramide zustandezubringen. Die Arbeiter an dem Bau einer solchen Pyramide folgten den Auftrgen derjenigen, die die Baumeister waren, und das waren die Tempelpriester, die geistigen Fhrer der Kultur. Glauben Sie nicht, da diese Auftrge so gegeben wurden, wie man heute Auftrge gibt, von Ich zu Ich. Das war nicht der Fall. Sie werden am leichtesten verstehen, was damals vorging, wenn wir das Wort Suggestion gebrauchen. Krfte psychischer Natur wurden angewendet, um die Massen zu leiten. Die gyptischen Priester beherrschten solche Krfte in hohem Mae. Sie wirkten nicht auf das Ich, indem sie sagten: Tue dies oder jenes -, sondern sie beherrschten die Menge, wie es derjenige tut, der psychische Krfte handhaben kann, so da die Menschen willenlos folgten diesen Priestern, mit bergehen des Ich. Die Priester standen als Eingeweihte in hohem Dienste. Ihnen war nicht zuzutrauen, da sie diese Krfte mibrauchten; sie stellten sie in den Dienst des Guten. So waren es also Eingebungen, psychische Eingebungen, durch die sie wirkten, und von einer Freiheit des Ich gegenber dem Tempelpriester war nicht die Rede. Wenn Sie das verstehen, so begreifen Sie auch, da im alten Indien die heiligen Rishis in noch hherem Mae spirituelle Krfte anwendeten. Bei ihnen war es so: Wenn sie erschienen und bedeutsame Kundgebungen aus den geistigen Welten gaben, dann war es selbstverstndlich, da das ganze Volk ihnen willenlos folgte. Genauso wie bei uns die Hand dem Kopfe folgt, so folgten die groen Menschenmassen ihren Fhrern, den Eingeweihten. Das wurde immer weniger, je weiter der Mensch hinunterstieg auf den physischen Plan, aber im alten gyptertum war noch viel Wirksamkeit dieser psychischen Krfte. Die Menschen aus dieser Art der Wirksamkeit herauszureien und die Vorherverkndigung des Dem-Ich-Gegenberstehens, das war die Sendung des Moses. In jedem Menschen den gttlichen Urquell zu suchen, das groe Welten-Ich, das den Raum durchwellende und durchwehende Ich als Urbild anzusehen des eigenen Ich, das war der groe Ruf, der mit der Sendung des Moses verknpft war. Von diesem Gesichtspunkte aus werden wir verstehen, wie sich dieses groe Welten-Ich durch Moses verkndigen mute. In einer solchen Weise mu man die Ankndigung der Ich-Gebote in die heutige Sprache bersetzen, damit man wirklich das hat, was gefhlt und empfunden und gedacht wurde, wenn man in jener Zeit zum Beispiel das erste Gebot hrte. Alle lexikographischen bersetzungen geben das denkbar Ungenaueste wieder. Und nun mchte ich Ihnen das erste Gebot darstellen wie man es wirklich bersetzen mu, um dasjenige zum Ausdruck zu bringen, was man sich damals beim Hren desselben vorgestellt hat. Erstes Gebot. Ich bin das ewig Gttliche, das du in dir empfindest. Ich habe dich aus dem Lande gypten gefhrt, wo du nicht Mir in dir folgen konntest. Fortan sollst du andere Gtter nicht ber Mich stellen. Du sollst nicht als hhere Gtter anerkennen, was dir eine Abbildung zeigt von etwas, das oben am Himmel scheint, das aus der Erde heraus oder zwischen Himmel und Erde wirkt. Du sollst nicht anbeten, was von alldem unter dem Gttlichen in dir ist. Denn Ich bin als das Ewige in dir und bin ein fortwirkendes Gttliches. Wenn du Mich nicht in dir erkennst, werde Ich als dein Gttliches verschwinden bei Kindern und Enkeln und Urenkeln, und deren Leib wird verden. Wenn du Mich in dir erkennst, werde Ich bis ins tausendste Geschlecht als Du fortleben, und die Leiber deines Volkes werden gedeihen. Da haben wir den Hinweis darauf, in dem einzelnen Ich das Urbild des Ich, das Nachbild des gttlichen Ur-Ich zu erkennen, und zugleich den Hinweis darauf, da derjenige, der so sein Ich als Gott- liches erkennt, frei wird von der Art, wie die Menschen im alten gypterlande ihren Fhrern gegenberstanden. Ich habe dich aus dem Lande gypten gefhrt, wo du nicht Mir in dir folgen konntest. Dem Willen der Eingeweihten folgte man da, da war der Mensch nicht frei. Diese Eingeweihten wendeten ihre psychischen Krfte an, denen man folgte. Die erste Morgenrte jener menschlichen Freiheit, die dann als die Freiheit der Gnade im Christentum heraufgekommen ist, zeigt sich in diesem Hinweis: Ich habe dich aus dem Lande gypten gefhrt, wo du nicht Mir in dir folgen konntest. Fortan sollst du andere Gtter nicht ber mich stellen. Gerade darum, damit das jdische Volk das groe vorbereitende Volk werden konnte fr die Kundgebung im Christentum, mute klargelegt werden, da alle anderen Darstellungen des Gttlichen, des Urbildes des Ich, wegfallen muten. Was uere Gestalt eines Gttlichen ist, seien es selbst die Sternbilder oder irgend etwas anderes, das mute wegfallen. Durch gar nichts soll das Gttliche abgebildet werden, denn der Mensch soll, damit er frei wird, damit er den Quell von allem, was in ihm ist, findet: er soll alles, was er empfinden kann ber das Gttliche, in seinem Ich als dem Nachbilde des groen Welten-Ichs empfinden. Du sollst nicht als hhere Gtter anerkennen, was dir ein Abbild zeigt von etwas, das oben am Himmel scheint, das aus der Erde heraus oder zwischen Himmel und Erde wirkt. Ein bildloses Gttliches! Der einzige berechtigte Ausdruck dafr ist das menschliche Ich, das Abbild des Ich bin der Ich-bin. Du sollst nicht anbeten, was von alldem unter dem Gttlichen in dir ist. Wir haben es hervorgehoben: Aus dem physischen Leib wurde das Bild genommen im alten Indien, aus dem therleib in der persischen Kultur, aus dem Astralleib bei den gyptern. Das alles ist unter dem Ich. Von daher soll fortan nichts im Bilde von dem Gttlichen genommen werden. Wir wissen, da der physische Leib aus der mineralischen Natur, da der therleib aus der therischen Natur und der Astralleib aus demjenigen Reiche entnommen ist, aus dem auch der Astralleib der Tiere entnommen ist. Von all dem, was in den unteren Gliedern der Menschennatur ist, was aus der brigen Natur herausgenommen ist, von all dem, was unter dem Ich ist, soll nichts genommen werden fr das, was der Mensch anbetet. Denn Ich bin das Ewige in dir und bin ein fortwirkendes Gttliches. Da haben Sie einen wichtigen Satz. Da wurde den Juden als Gesetz gegeben, was vorher eine Tatsache war. Wir haben schon darauf aufmerksam gemacht, wie bei allen Vlkern, durch die ein gemeinsames Blut flo, ein gewisses Bewutsein durch die Generationen durchrann, wie der Sohn sich durch das Blut verbunden fhlte mit dem Vater und mit dem Grovater. Gemeinsames Blut fhlte sich als gemeinsames Ich. Das Ich lebte durch die Generationen hindurch. Der Gott, der sich zuerst als Ich ankndigte im jdischen Volke, mute sich ankndigen, indem er sagte, da Er es ist, der als der Gott durch die Generationen hindurchwirkt. Wenn du Mich richtig in dir erfassest, dann erfassest du, was fortwirkt von Generation zu Generation. Es ist das bersetzt worden mit: Ich bin ein eifernder Gott, oder sogar mit: ein zorniger Gott, whrend die wirkliche Bedeutung ist: Ich bin ein von Generation zu Generation fortwirkender Gott. Suche nie, eine unrichtige Vorstellung von Mir zu bekommen; bewahre das Richtige in dir, als Vorstellung von Mir, dann pflanzest du in dem Blute Gesundheit von Geschlecht zu Geschlecht fort. Eine richtige medizinische Vorstellung ist damit verbunden, denn derjenige, der dieses Gebot gab, verband damit die Vorstellung, da dann, wenn der Mensch eine reine Vorstellung von seinem Zusammenhang mit dem Gttlichen hat, auch eine gesundende Ich-Vorstellung durch das Blut fliet, und das Volk von Generation zu Generation gesund bleibt. Wir bekommen keine richtige Vorstellung von dem lebensvollen Gehalt dessen, was Moses seinem Volk gab, als er die Gesetze verkndete, wenn wir blo begrifflich denken, was er sagte. Nein, es wird gesagt unter der Voraussetzung, da der richtige Gedanke eine wirkende Realitt ist. Wenn du dir eine falsche Vorstellung von dem Gttlichen machst, dann wird sich das von Geschlecht zu Geschlecht vererben, so da es sich als Krankheit, als Siechtum uert. Richtige Gedanken bewirken Gesundheit, falsche aber Krankheit. Das ist eine im echten Sinn anthroposo- phisch oder okkult gehaltene Vorstellung. Das alles mu man bedenken, sonst bekommt man keinen richtigen Begriff, keine richtige Vorstellung gegenber diesem ersten Gebot. Es wird dem jdischen Volke darin aufgetragen: Stelle dir ja nicht deinen Gott vor unter einem falschen Bilde. Wenn ihr vor dem goldenen Kalb hinkniet, dann fliet eine falsche Vorstellung vom Gotte in euch ein, und dies falsche Gottesbild erzeugt, indem es mit dem Blute durch die Generationen hinunterzieht, die fortwirkende Snde, die dann in Krankheit bergeht. Wenn du Mich nicht in dir erkennst, werde Ich als dein Gttliches verschwinden bei Kindern und Enkeln und Urenkeln, und deren Leiber werden verden. Du erzeugst lebensfhige Kinder, Enkel und Urenkel, wenn du die richtige Vorstellung des Gttlichen aufnimmst; sonst aber stirbt das aus, was vom Blute abhngt. Indem du in deinem Ich Mich, den Urquell des Ich, richtig erkennst, geht eine Kraft ber von Geschlecht zu Geschlecht, denn ein fortwirkendes Gttliches bin Ich. Aus den Leibern verschwinde Ich, wenn Ich in falscher Vorstellung in euch lebe. Das ist wiederum eine ganz okkult medizinische Anweisung. Wenn du Mich in dir erkennst, werde Ich bis ins tausendste Glied fortleben, und die Leiber deines Volkes werden gelutert und deshalb gedeihen. So wird das Physische gedeihen, im echt okkulten Sinne, wenn der Mensch an die richtige Vorstellung des Geistigen anknpft. Damit zieht zugleich ein Hauch menschlicher Freiheit ein in die Menschenent-wickelung: gerade auf die Spitze sozusagen des fortwirkenden Ich wird die Menschheit gestellt, und dann angeknpft dieses Ich an das Gttliche. Das lt sich mit keiner anderen Gesetzgebung vergleichen, und es ist ein reiner Dilettantismus, wenn man diese Zehn Gebote zusammenstellt mit anderen Gesetzgebungen und einseitig erklrt, weil sie sich uerlich in Worten hneln, sie seien dasselbe. Die Gesetzgebung der Zehn Gebote vom Sinai ist einzigartig und lt sich nur aus der einzigartigen Sendung des Moses erklren. Und wie bei diesem ersten Gebot, so ist es bei allen anderen Geboten, wenn wir sie richtig bersetzen. Es wird uns aus allen der ganze Geist der Sendung des Moses klar, in bezug auf den Ich-Impuls, der jetzt in die Menschheit eingegossen werden soll. Zweites Gebot. Du sollst nicht im Irrtum von Mir in dir reden, denn jeder Irrtum ber das Ich in dir wird deinen Leib verderben. -Da haben Sie direkt die Notwendigkeit des geistig richtigen Gedankens hingestellt, der der eigentliche Schpfer des richtigen gesunden Leibes ist. Irrtum ber das Walten des hchsten Gttlichen in sich erzeugt Siechtum im Leibe im vollsten Mae. Es ist auerordentlich wichtig, einzusehen, da in diesem zweiten Gebote gesagt wird: Der Irrtum ber das Ich in dir wird deinen Leib verderben. Es gibt ein spteres Sprichwort: In einem schnen Krper wohnt eine schne Seele. - Die moderne materielle Menschheit legt sich das zuweilen so aus: Also pflege deinen Krper wohl, dann ist auch eine schne Seele darin. - Es ist aber so gemeint, da eine Seele, die in sich kraftvoll ist, dadurch, da sie aus frheren Inkarnationen etwas mitbringt, was sie durch eine Durchgeistigung der Seele sich erarbeitet hat, der richtige Schpfer des Leibes ist und einen gesunden, kraftvollen Krper erzeugt. Nicht, da der Krper die Seele macht; genau das Gegenteil davon ist gemeint. Da sehen wir, da es manchmal gar nicht so sehr darauf ankommt, einen genauen Wortlaut anzufhren. Eine jede Zeit macht sich, nach den Impulsen, die in ihr leben, eine andere Vorstellung ber den gleichen Wortlaut. Je nachdem die Zeit empfindet oder gesinnt ist, wird er so oder so ausgelegt. Damit hat man nicht immer das Richtige erwiesen, da man auf einen gleichen Wortlaut hinweist, sondern erst dadurch, da man in die Seele der Zeit eindringt und durch sie hindurch dieses oder jenes Wort zu verstehen sucht. Drittes Gebot. Du sollst Werktag und Feiertag scheiden, auf da dein Dasein Bild Meines Daseins werde. Denn, was als Ich in dir lebt, hat in sechs Tagen die Welt gebildet und lebte in sich am siebenten Tage. Also soll dein Tun und deines Sohnes Tun und deiner Tochter Tun und deiner Knechte Tun und deines Viehes Tun und dessen, was sonst bei dir ist, nur sechs Tage dem ueren zugewandt sein; am siebenten Tage aber soll dein Blick Mich in dir suchen. - Das ist die absolut sinngeme bersetzung dieses dritten Gebotes. Nicht in uerlichen Bildern mu das Gttliche im Menschen Abbild werden des Ur-Ich, sondern in dem, was dieses Ich tut, mu es Abbild werden des Ur-Ich, und wie das Ur-Ich geschaffen hat das Werk der Weltenschpfung in sechs Weltentagen und am siebenten Tage in sich ruhte, so soll auch der Mensch Werktag und Feiertag scheiden, sechs Tage schaffen und am siebenten Tage das Gttliche mit Hilfe des Ich suchen. So sehen wir, in welch wunderbarer Weise in diesem dritten Gebot das Abbild des Ur-Ich in uns als das zu Gott fhrende hingestellt wird. In diesen drei ersten Geboten haben wir den Hinweis darauf, wie der Mensch in dieser, mit der Sendung des Moses anbrechenden Zeit zu stehen hat dem Gttlichen gegenber, da sich in einer neuen Weise offenbart. In dem vierten Gebot haben wir ein Herausgehen auf den physischen Plan. Die drei ersten Gebote stellen dar, wie sich der Mensch in richtiger Weise zu den hheren Welten verhlt durch die Wirksamkeit seines Ich. Das vierte Gebot heit: Wirke fort im Sinne deines Vaters und deiner Mutter, damit dir als Besitztum verbleibt das Eigentum, das sie sich durch die Kraft erworben haben, die Ich in ihnen gebildet habe. Hier haben wir nicht das ganz nichtsagende Ehre Vater und Mutter, auf da es dir wohlergehe und du lange lebest auf Erden. Es handelt sich darum, da er nun auch wirklich nach auen dasjenige tut, was die Taten des Ich fortpflanzt, nachdem der Mensch in sich geistig und, wie wir es fassen konnten, sozusagen auch medizinisch das Gttliche gegrndet hat, das in ihm als Tropfen wirkt. Dies vierte Gebot ist sogar ein praktisches Gebot. Es sagt: Sieh hin als Nachkomme auf deine Vorfahren; wenn du als Nachkomme im Gegensatz zu ihnen stehst, kann niemals eine ruhig gedeihlich fortlaufende Entwickelung stattfinden. Wie sich innerlich das Ich durch das Blut bertrgt, so mu auch dasjenige, was uerlich als Besitztum durch das Ich erarbeitet ist, erhalten bleiben. Das starke Ich, das sich gebildet hat, das fliet auf der einen Seite durch das Blut hinunter durch die Generationen; auf der anderen Seite aber soll dadurch, da man das Ich stark macht, auch auf die uere Welt gewirkt werden. Es soll bewahrt werden, was ein starkes Ich begrndet hat; es soll nicht fortwhrend die Entwickelung unterbrochen werden. Wirke fort im Sinne deines Vaters, damit auch uerlich zusammenbleibt, was dein Vater und deine Mutter durch die Arbeit ihres Ich geschaffen haben. - Das ist es, was Ihnen zeigt, wie nun auch die ueren Verhaltungsmaregeln gegeben werden, damit nicht von auen zerstrt werde, was, eine neue Kultur schaffend, als Innenimpuls gegeben wird. Und nun kommen die Gebote, welche das Ich selbstndig dem Ich des anderen gegenberstellen, und welche in diesem Sinne die Tatsachenwelt, das soziale Leben regeln sollen. Sie sagen eigentlich dasselbe, was Paulus sagt, und was das Bibelwort umschreibt: Liebe deinen Nchsten wie dich selbst (Gal. 5, 14). - Sieh in dem anderen Menschen ebenso ein Ich wie in dir. - Als eine besondere Sendung hat dieses althebrische Volk den Impuls erhalten, das Gttliche bis in das in der Menschenseele webende Ich hinein zu verfolgen. Deshalb mute dieses Volk die Gebote erhalten, die nicht nur die Bewahrung des eigenen Ich, sondern auch die Achtung und die Bewahrung des Ich des anderen vorschreiben. Fnftes Gebot: Morde nicht. Sechstes Gebot: Brich nicht die Ehe. Siebentes Gebot: Stiehl nicht. Als drei Gebote auseinandergelegt das eine Gebot: Sieh in deinem Nebenmenschen ebenso ein Ich wie in dir selbst! - Damit war in der Tat das jdische Volk geistig aus dem Lande gypten gefhrt, dadurch, da das Ich auch erkannt werden soll im anderen Menschen durch die Wertschtzung des anderen Ich, denn im gypterlande wirkte man nicht, indem man das Ich des anderen respektierte, sondern indem man dieses Ich durch Suggestion unterdrckte. Und weiter heit: Das achte Gebot: Setze den Wert deines Mitmenschen nicht herab, indem du Unwahres von ihm sagst. - Nicht allein durch Taten soll man das Ich des anderen nicht in seinem Rechte schdigen und beeintrchtigen, sondern man soll auch nicht einmal mit einem gesprochenen Wort sein Ich in seinem Werte herabsetzen. Man soll nichts Unwahres ber ein anderes Ich sagen. Wer etwas Unwahres ber ein anderes Ich sagt, der anerkennt nicht, da das andere Ich dasselbe ist wie das eigene Ich. So geht es systematisch fort in diesen Zehn Geboten. Es wird hingewiesen auf dasjenige, was sich noch schdigend uern kann im Zusammenleben von Ich und Ich. Die Tat greift unmittelbar schdigend in die Sphre des anderen Ich ein, das Wort schon mehr geheim. Aber, willst du im Ernste das Ich des anderen anerkennen, dann darfst du auch nicht durch deine Lste, deine Begierde eingreifen in die Sphre deines Nchsten. Nicht nur dadurch, da du ihn bestiehlst, sondern schon dadurch, da du etwas haben mchtest, was er hat, greifst du in die Ich-Sphre des anderen ein. Du erkennst die volle Gleichschtzung des anderen Ich an dadurch, da du dich selbst nicht gelsten lt nach dem, was deines Nchsten ist. Daher die beiden letzten Gebote: Neuntes Gebot: Blicke nicht mignnend auf das, was dein Mitmensch besitzt als Eigentum. Zehntes Gebot: Blicke nicht mignnend auf das Weib deines Mitmenschen und auch nicht auf die Gehilfen und die anderen Wesen, durch die er sein Fortkommen findet. Erst dadurch knnen wir in gesunder Weise das Verhltnis von Mensch zu Mensch finden, da wir den anderen Menschen nicht mignnen, was ihnen zu eigen ist. So wird der Mensch neben den Menschen gestellt, da er in jedem Ich ein Nachbild des gttlichen Ich achte und ehre. Damit war das Wesen der einzelnen Iche untereinander geregelt. Das war einer der grten geistigen Einschlge, die in die Menschheit hereingekommen sind. Noch war das nicht ausgesprochen, was durch den Christus kommen sollte, dasjenige was in dem Worte liegt, da jeder in sich den Zusammenhang mit dem Vater finden kann. Niemand kommt zum Vater denn durch mich. Es war in dieser Gesetzgebung noch sozusagen der Impuls gegeben fr das gemeinsame Ich, das durch die Generationen flo. Aber zugleich war gegeben die Vorherverkndigung, da das Ich nicht nur ein Nachbild des Gttlichen ist, sondern da Gott selber lebendige Wesenheit in diesem Ich ist. Das Ich ist der Substanz und Wesenheit nach identisch mit seinem Vater.- Ich und der Vater sind eins. So sehen wir, wie die Impulse, durch die die Weltentwickelung geleitet wird, aufeinander folgen. Es ist leicht zu sagen: In der Welt- entwickelung hngt alles wie Ursache und Wirkung zusammen, von einer weisheitsvollen Weltenlenkung und Weltenfhrung aber ist nichts zu erblicken. - Wenn man aber so hineinschaut in die Welten-entwickelung, wie wir es in dieser Betrachtung getan haben, da bekommen wir eine Ahnung davon, wie immer zu der richtigen Zeit das Rechte geschieht, um die Menschheitsentwickelung weiterzufhren, und dann, mchte ich sagen, bleibt einem gar nichts anderes brig, als die weisheitsvolle Fhrung und Lenkung in der Weltentwickelung anzuerkennen. Wenn man durch okkulte Forschung sieht, wie am Ausgange der dritten Kulturepoche in den vierten Zeitraum hinein diese Verkndigung der Zehn Gebote geschehen ist, so da den Menschen Zeit gelassen war, sich vorzubereiten auf das, was das grte Ereignis war, das Mysterium von Golgatha, dann sieht man, wie gerade das ein Ausdruck grter Weisheit in der Weltenlenkung ist. Im ganzen Tone der Zehn Gebote, wenn wir sie richtig verstehen, sehen wir, wie die Gottheit sich in der urbildlichen Art enthllt, um auf den Moment vorzubereiten, wo der gttliche Geist sich wirklich in einem Menschen verkrpert. Damit die Menschen dahin gefhrt werden konnten, den Gott im Fleische, den fleischgewordenen Gott zu begreifen, muten sie zuerst lernen, den Gott in ihrem tiefsten Inneren der Seele seiner Substanz und Wesenheit nach zu begreifen. Betrachten wir dieses Menschheitsdokument der Zehn Gebote, dann sehen wir aus dem ganzen Tone, da in ihm die Gottheit zum Menschen spricht, und da diese Rede durchaus im Einklang ist mit dem immer weiter Hinaustreten des Menschen auf den physischen Plan, und da das nur richtig geschehen kann, wenn das Gttliche richtig erfat wird. Immer wird darauf hingewiesen, da die Leiber gedeihen, wenn das Gttliche richtig erfat wird. Es wird die Anleitung gegeben, das Gttliche so zu verehren, da auch die ueren Dinge auf dem physischen Plan gedeihen. In der richtigen Weise wird darauf hingewiesen, da eine gerade, eine gesunde Entwickelung stattfinden mu, damit die ueren sozialen Zusammenhnge gedeihen. Durch die Sendung des Moses wird geregelt, da das Gttliche im Inneren des Menschenwesens bewahrt bleibt, da aber das Men- schengeschiecht die Eroberung des physischen Planes in der richtigen Weise, im Sinne der nachatlantischen Entwickelung und im Einklang mit diesem Gttlichen vollziehen kann. Moses Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 10 8 Seite: 7 9 Im Verlaufe des Vortrages wurde folgende schematische bersicht von Rudolf Steiner an die Tafel geschrieben (von unten beginnend): BER DEN ERKENNTNISPFAD Pforzheim, 17. Januar 1909 Nach der Erffnung des Pforzheimer Zweiges sind wir zum ersten Male hier wieder beisammen und werden die Zeit am besten ausfllen, wenn wir gleich ein spirituelles Thema in Betracht ziehen, ein solches Thema, welches uns zeigen kann, da der Mensch durch die Anthroposophie nicht nur Lehren aufnimmt, Gedanken aufnimmt, sondern in seinem Gefhls- und Empfindungsleben bereichert, beruhigt, gesichert wird. Wir drfen uns nicht vorstellen, da Lehren, Vorstellungen, Gedanken fr unser Empfindungsleben unwichtig seien. Es ist zwar nun einmal so, da gerade in unserer Zeit der Mensch sich sagen wird: An Gedanken, an Wissenschaft gibt es genug in der Welt und man brauchte nur dieses oder jenes Buch, das uns unterrichten soll ber die Sternenwelt oder anderes, in die Hand zu nehmen, um Wissenschaft genug fr den Verstand zu erhalten. Theosophie aber soll etwas sein fr Gemt oder Empfindung. -Das ist gewi richtig, und richtig ist es, da die Wissenschaft, wie sie uns durch populre Vortrge und Werke entgegentritt, wenig bieten kann fr Gemt und Herz. Man darf aber daraus nicht den Schlu ziehen, da Lehren, Anschauungen und Erkenntnisse berhaupt wertlos seien. Geisteswissenschaftliche Erkenntnisse sind etwas anderes als Lehren der ueren Wissenschaft. Wenn wir sie richtig in uns wirken lassen, dann verwandeln sie sich in uns in Empfindung, in Gemtsimpulse, in Gesinnungen, und auf keine andere Weise knnen wir Mut, Sicherheit und Kraft im Leben gewinnen, als indem wir uns in diese Erkenntisse vertiefen. Es ist etwas ganz anderes, nur die ueren sinnlichen Dinge und Vorgnge zu kennen und zu wissen, wie die Dinge geschehen, als hinter die sinnlichen Dinge zu den geistigen Vorgngen zu dringen. Durch die geistigen Vorgnge, wenn wir sie in der Seele wirken lassen, werden wir warm, gesund und stark. Wir erkennen den Zusammenhang zwischen uns und dem, was als Geist und Seele die ganze Welt durchzieht, woraus alle Erscheinungen flie- en. Und so wollen wir zunchst uns einmal befassen mit der Verwandtschaft der ueren sinnlichen Welt drauen, den sinnlichen Dingen, und unserer Seele. Wenn wir in unsere eigene Seele blicken, dann werden wir sozusagen diejenigen Dinge, die uns am nchsten angehen - Leiden, Freuden, Schmerzen und Lust -, finden, und es kann die Frage entstehen: Wenn die Geisteswissenschaft uns sagt, da alles in der Welt durchgeistigt ist, dann knnte sie ja vielleicht davon reden, da Leid und Freude, Lust und Schmerz auch in denjenigen Dingen vorhanden sind, die um uns herum sind, auch in denjenigen Dingen, die sonst den Menschen als gefhllos, schmerzlos, empfindungslos entgegentreten. - Wir mssen uns durch die Anthroposophie aneignen, ber die Dinge um uns herum in der richtigen Art zu denken. Wir sehen zum Beispiel um uns herum die verschiedenen Pflanzen der Erde, Tiere und Mineralien. Nicht allein, da die Tiere gleich uns Freude und Leid, Lust und Schmerz erleben; daran zweifelt niemand. Bei den Pflanzen und der scheinbar leblosen Welt der Steine knnten uns schon Zweifel kommen, ob da auch Gefhle, Lust, Freude und Schmerz enthalten seien. Das ist es eben, was wir uns als Empfindung gegenber der ganzen uns umgebenden Welt aneignen mssen, da alle Wesen nicht nur physisch mit uns verbunden sind, sondern die Wesen sind mit uns so verbunden, da sie auch seelische Inhalte haben, wie wir seelischen Inhalt haben. Nur mssen wir uns in der richtigen Art einmal vertiefen in das, was geistige Forschung, geistige Erkenntnis darber zu sagen hat. Es wird selbst von einem mehr sinnlichen Denken in unserer Zeit begriffen, da auch in der Pflanze etwas Seelisches sei, ja man wird geneigt sein, zuzugeben, da auch in einem scheinbar leblosen Stein etwas Seelisches sein knne. Wenn man berlegt, wird man aber dennoch leicht zu Irrtmern kommen, wenn man nicht auf die Forschung der Geisteswissenschaft Rcksicht nimmt, denn man kann leicht dazu kommen, zu sagen: Wenn ich einem Menschen in den physischen Leib schneide, so tut ihm das weh, ebenso beim Tiere; wenn ich eine Pflanze schneide, wird es ihr auch weh tun? - Und weiter mchte man meinen, wenn man einen Stein zerklopfe, msse ihm das auch weh tun. Gerade dadurch, weil die Menschen, wenn sie ber diese Dinge nachdenken, zu sehr meinen, es msse alles bei anderen Wesen gerade so sein wie beim Menschen selber, gerade darum, weil die Menschen das glauben, knnen sie sich so schwer in die Erkenntnisse der Geisteswissenschaft hineindenken. Die Geisteswissenschaft lt uns etwas ganz anderes ber die Seelenwesenheit zum Beispiel von Pflanze und Stein erkennen. Da erscheint es, wenn wir die Pflanze betrachten, so, da allerdings, wenn die Pflanze beschdigt war an Teilen, die aus der Erde in die Hhe wachsen, da da fr die Pflanze nicht etwa ein Schmerzgefhl eintritt; das tut ihr nicht weh, das Gegenteil ist der Fall. Dasjenige, was die eigentliche Pflanzenseele ist, das fhlt, wenn die ber der Oberflche der Erde befindlichen Teile der Pflanze zerstrt werden, Lust, geradezu Freude. Schmerz beginnt erst fr die Pflanzenseele, wenn wir die Pflanze aus der Erde herausreien, wenn wir sie entwurzeln, und es tritt dann fr die Pflanzenseele ein hnlicher Schmerz ein, wie wenn wir zum Beispiel einem Menschen oder einem Tiere Haare ausreien. Das ist etwas, was erst derjenige nach und nach in seiner Seele erleben kann, der den sogenannten Erkenntnispfad geht. Diese Dinge lassen sich durch das eigene Selbst nur erleben, wenn wir unsere Seele so umgestalten, da die in ihr schlummernden echten Erkenntniskrfte erwachen. Dann beginnt fr diese Seele die Mglichkeit, mitzufhlen nicht blo mit den anderen Menschen, sondern mitzufhlen mit der ganzen brigen Natur, und dann wird diese brige Natur in einer wunderbaren Weise verstndlich. Man knnte nun sagen: Ja, was haben wir von der geisteswissenschaftlichen Forschung, solange wir selbst solches nicht fhlen knnen. - Das wre ein unrichtiger Einwand, wenn wir glaubten, Anthroposophie habe solange keine Bedeutung. Sie hat schon als Erzhlung geistig-seelischer Tatsachen einen groen Wert. Und wenn solche Erkenntnisse zum Beispiel ber das Verhltnis von Pflanzenleid und Pflanzenlust sprechen, dann sollen wir wohl nachdenken ber diese Erkenntnisse und sollen solche Gedanken auf uns wirken lassen. Durch das bloe Nachdenken darber werden die in uns befindlichen Krfte herausgelockt und wir werden bald fhlen, da es wirklich so ist, wie die Geisteswissenschaft sagt. Wir lernen aber dadurch, da wir in die Weisheit der Natur hineinschauen, wissen, wie die Pflanzenseele Lust empfindet, wenn wir die Pflanze pflcken. Wir knnen eine Ahnung davon bekommen, wenn wir bedenken, was geschehen wrde, wenn die Pflanze dabei Schmerzen empfinden knnte. Denken Sie nur daran, wie ein groer Teil der Wesen unserer Erde sich von den Pflanzen ernhren mu, und wie dann durch die Ernhrung von Mensch und Tier ber die Erde hin Schmerz ausgebreitet wrde. Das ist nun nicht der Fall, sondern es geht Lust und Freude ber die Erde hin, wenn das Tier auf der Weide grast. Und wer Erkenntnis hierber hat, der fhlt ganze Strme von Lust hinwehen ber die Erde, wenn im Herbst die Sichel durch die Getreidehalme geht. Wenn das junge Tier die Milch des Muttertieres saugt, so bedeutet dies nicht Schmerz, sondern ein gewisses Lustgefhl. Wir sehen also hinein in die Weisheit der Natur, wenn wir dieses erleben. Gegen solche Dinge darf man niemals einwenden: Ja, es kann aber unter Umstnden zarter erscheinen, wenn man eine Pflanze mit der Wurzel ausgrbt und versetzt, anstatt die Blte abzureien. -Gewi, aber das ndert nichts an der Tatsache, da dieses Entwurzeln dem eigentlichen Pflanzen-Seelischen Schmerz bereitet. Mutwilliges Abreien der Blten kann natrlich von gewissem Gesichtspunkt getadelt werden. Aber auch das ndert nichts daran, da es der Pflanzenseele Lust bereitet. Es sieht sich eben alles von verschiedenen Standpunkten verschieden an. Es kann zum Beispiel vom Schnheitsstandpunkt aus ein Mensch denken, da er sich die ersten grauen Haare ausreien soll, und das mag ganz gerechtfertigt sein, aber weh tut es ihm doch. Aber auf anderes werden wir noch aufmerksam gemacht, wenn wir den Vergleich ernsthaft nehmen, da das Ausreien der Pflanzen so ist wie das Ausreien der Haare der Menschen. Wir werden dann verstehen, was es heit, wenn die Geisteswissenschaft hierbei nicht die einzelnen Pflanzen betrachtet, sondern sozusagen das Pflanzenwachstum der ganzen Erde ins Auge fat. Wie die Haare zum ganzen Menschen gehren, so bilden die Pflanzen mit der Erde eine Einheit, und wir verstehen es auch und knnen es uns denken, da, was wir in der Geisteswissenschaft beim Menschen das Ich nennen, nicht in der einzelnen Pflanze zu suchen ist, sondern im Mittelpunkt der Erde. Die Pflanze ist dadurch berhaupt kein Einzelwesen, sondern sie wird ein Teil eines groen Lebewesens, das also aus vielen einzelnen Lebewesen besteht, die aber alle im Mittelpunkt der Erde ihr Ich haben. Es darf hier niemand die Frage aufwerfen: Ja, haben denn alle diese Iche da Platz? - Gewi, denn sie sind Geist und so knnen sie sich durchdringen. So wird unsere Erde ein Lebewesen. So wird uns jede einzelne Pflanze etwas, was aus einem groen bersinnlichen Lebewesen herauswchst, und das an der Oberflche wird, was die Ngel oder Haare am Menschen sind. Und wenn wir eine solche Sache ernsthaft nehmen, dann reden wir nicht mehr blo in trockenen Verstandesbegriffen von einem physischen Planeten, auf dem wir wohnen, sondern dann fhlen wir, da nicht nur wir selbst Lebewesen sind, sondern da wir verbunden sind mit einem groen Lebewesen, das unser Planet selber ist. Wir lernen auf das Geistige dieses Lebewesen achten und wir lernen, da es mehr ist als ein Vergleich, wenn in dem Safte, der durch die Pflanze fliet, etwas gesehen wird wie das Blut, das durch den Menschenkrper fliet. Wir lernen das in unserem Gefhl verwandeln, indem wir die Dinge geistig auffassen. Wenn wir eine Pflanze berhren, empfinden wir Geistig-Seelisches, fhlen uns geborgen im Geistig-Seelischen. Und dann wird es fr uns allmhlich mglich werden, etwas dabei zu denken, wenn uns in der Geisteswissenschaft gesagt wird: Diese Erde hat mannigfaltige Verwandlungen durchgemacht. Man findet, wenn man in urferne Vergangenheiten zurckgeht, da diese Erde ganz anders ausgesehen hat, da zum Beispiel so festes Gestein wie heute, solche Felsmassen nicht vorhanden waren. Eine Zeit war da, wo die Erde zunchst nur bestanden hat aus Luft und Wasser und einem gewissen Wrmezustand. Erst nach und nach ist eine feste Masse aus Flssigem und Weichem entstanden. Und wenn wir diese ganze Entwickelung betrachten, dann erscheint es uns so, wie wenn in der Tat die ganze Erdenentwickelung ein Wachsen und Gedeihen wre. Einmal war die Erde jung, einmal wird sie alt und greisenhaft sein. Wir drfen alle diejenigen Vorstellungen, die wir auf uns selbst anwenden, auch auf unsere Erde anwenden, dann werden wir verstehen, da es in unserer Erdenentwickelung gewisse besonders wichtige Punkte gegeben hat. Wir werden uns solche wichtige Punkte unserer Erdentwickelung vor unsere Seele rcken knnen, wenn wir folgendes bedenken: Schon aus dem Pflanzen wuchs unserer Erde haben wir erkannt, da die Erde, wenn wir sie ganz betrachten, ein Lebewesen ist. Ebensolche Lebewesen sind die verschiedenen anderen Himmelskrper, die zu uns in gewisser Beziehung stehen. Betrachten wir zunchst unsere Sonne und unseren Mond. Betrachten wir die Sonne. Sie alle wissen, was wir der Sonne verdanken. Sie alle wissen, da, wenn Sie des Nachts geruht haben, wenn Sie in jenem Bewutseinszustand waren, welcher fr den Menschen dadurch herbeigefhrt wird, da astralischer Leib und Ich den physischen Leib und den therleib verlassen, - Sie wissen, wenn der astralische Leib und das Ich wiederum zurckkehren, da sie dann sozusagen alles dasjenige erwartet, was die Erde der Sonne verdankt. Was wre die Erde ohne die Sonne? Die Sonne ist es, die um uns herum den ganzen Erdenstoff ausstattet mit Wrme und Licht. Aber wir haben in einer solchen Wirkung eines Himmelskrpers auf den anderen nicht blo etwas Stoffliches und Materielles zu denken, wir mssen uns klar sein, da diese Sonne nicht nur der physische Krper ist, der da im Weltenraum schwebt, sondern da diese Sonne bevlkert ist von geistigen Wesenheiten, und da uns mit jedem Sonnenstrahl nicht blo physisches Licht, sondern geistige Wirkungen zustrmen. Ein geistiger Austausch zwischen Sonne und Erde war immer da; er hat sich aber im Laufe der Erdenentwickelung wesentlich verndert. Whrend im Physischen durch viele, viele Millionen Jahre kein besonderer Unterschied in der Wechselwirkung zwischen Sonne und Erde eingetreten ist, so ist gerade im Geistigen ein bedeutungsvoller Punkt in dieser Wechselwirkung eingetreten. Hohe Wesenheiten sind es, die im Licht und in der Wrme der Sonne leben und von dort auf die Erde hereinwirken und uns Licht und Wrme zustrmen lassen. Eine Sonnenwesenheit, die bis zu einem gewissen Zeitpunkt ihren Schauplatz in der Sonne hatte, die man durch lange, lange Erdenzeiten nur schauen konnte, wenn man die Geister der Sonne hellseherisch schaute, sie hat sich zu einem gewissen Zeitpunkt von der Sonne zu der Erde herunterbegeben. Das ist dasjenige, was uns tief hineinschauen lt in die geistige Erdenentwickelung: Durch das Ereignis, das wir nennen das Mysterium von Golgatha, oder mit anderen Worten, durch das Wandeln des Christus auf der Erde, hat sich der Geist, der bis dahin auf der Sonne war, mit der Erde vereinigt. Er hat sich verbunden mit der Erde. Und da die Menschheit die Erdenzeit einteilt in eine vorchristliche und eine nachchristliche, das hat seinen Grund darin, da jenes Lebewesen, das wir als Erde ansprechen, in der Tat eine wichtige Entwickelung durchgemacht hat durch das Erscheinen des Christus auf Erden. Was vorher blo in der Sonne zu finden war, seither ist es im astralischen Leibe der Erde zu finden. Der Astralleib der Erde hat sich durch das Mysterium von Golgatha gendert: In demselben Augenblick, in dem das Blut aus den Wunden des Erlsers auf Golgatha geflossen ist, in demselben Augenblick fhlte sich der Christus-Geist mit dem Erdenleib vereinigt. Das mu man verstehen, um dasjenige, das uns aus der Geschichte des Christentums berichtet wird, im richtigen Sinne aufzufassen. Man kann sich fragen: Was war denn eines der wichtigsten Ereignisse in bezug auf die Ausbreitung des Christentums? Wenn man die Ausbreitung des Christentums ins Auge fat, mu man sich sagen: Mehr zunchst als diejenigen, die in Palstina leibliche Genossen des Christus Jesus waren, mehr als diese haben tun knnen, hat Paulus getan, Paulus, der kein leiblicher Genosse des Christus Jesus war, der sogar die Christen verfolgt hat. Paulus wurde nicht ein Glubiger dadurch, da er an dem Leben und Leiden des Christus teilgenommen hat, sondern er wurde ein Kmpfer fr Christus durch das Ereignis von Damaskus. Es wird in der Theologie viel Staub ber das Ereignis von Damas- kus aufgewirbelt. Aber niemand kommt anders zum Verstndnis des Ereignisses von Damaskus als durch Geisteswissenschaft. Versuchen Sie das in Einklang zu bringen mit einigen wenigen Worten, die nun gesprochen werden. In dem Augenblick, als des Paulus Verstandesbewutsein in hheres Bewutsein verwandelt wurde, in dem Augenblick, was schaute er da? Er schaute in diesem Augenblick jenen Geist in der astralischen Welt, der der Erdengeist geworden war, er schaute den lebendigen Christus, der seit dem Ereignis von Golgatha mit der Erde vereinigt ist. Man fragt auch wohl: Was ist das Licht, das er sah, das man vorher nicht htte sehen knnen? - Paulus hat zuerst den Christus kennengelernt, der seit dem Ereignis von Golgatha mit der Erde vereinigt ist. Und so drfen wir diesen wichtigen Punkt in der Erde so einzeichnen, da wir sagen: Es hat sich die Erde vorbereitet darauf, ein wrdiger Leib zu werden fr den Christus-Geist, und als die Erde vorbereitet war, hat sich der Christus-Geist mit der Erde vereint, und seit der Zeit wirkt der Christus-Geist in ihr. Christus hat nach dem Johannes-Evangelium gesagt: Der mein Brot isset, der tritt mich mit Fen. Der Mensch, der auf der Erde wandelt, der tritt die Erde mit Fen. Der mein Brot isset, der tritt mich mit Fen, das ist nur ein Ausdruck fr das Geheimnis in diesem wichtigen Punkt unserer Erdenentwickelung. Und wie unendlich tief wird uns die Einsetzung des Abendmahles unter diesem Gesichtspunkt, da die Erde von da ab der Leib wurde des Christus! Wie bedeutsam wird durch die Hinweisung darauf das Wort: Dies ist mein Leib, und das, was als Saft durch die Pflanzen fliet: Dies ist mein Blut. Wir lernen wrtlich zu nehmen, was nur richtig wrtlich genommen werden darf. So wird uns, wenn wir die Erde als lebendig betrachten, sie ein Lebewesen, das sozusagen nach und nach heranreift, um im richtigen Zeitpunkt reif zu werden zur Aufnahme der Christus-Seele. So erscheint uns von allen Seiten her dasjenige, was uns als physischer Planet entgegentritt, geistig; es erscheint uns durchgeistigt. Wir lernen den Zusammenhang verstehen zwischen dem, was uns in der Alltglichkeit begegnet, und dem bersinnlichen. Und wenn wir den Blick wenden vom Pflanzenreich zum Steinreich, dann ist es nicht so, da sich dem hellseherischen Bewutsein Schmerz ergeben wrde, wenn ein Stein zu Staub zerklopft wird; im Gegenteil: wenn Steine in Staub zerklopft werden, dann empfindet dasjenige, was wir die Steinseele nennen knnen, Lust und Freude. Derjenige, der das Schauen hat, der wei, da mit dem Zerklopfen der Steinwelt Freude ausstrmt aus dem Gestein. Wenn man beispielsweise in einem Glas Wasser Salz auflst, so verbreitet sich Lust in dem Wasser, weil die Salzteilchen auseinandergehen. Das Umgekehrte ist der Fall, wenn durch Abkhlen der Lsung das Salz wieder herauskristallisiert wird; durch Zusammendrngen der Gesteinsteile entsteht Schmerz. Und wir schauen wiederum tief hinein in die Art und Weise, wie der Eingeweihte zu uns spricht, wenn er so etwas den Menschen sagen will. Es werden die Dinge nicht so einfach gesagt. Man mu geistig etwas durchmachen, um zum Verstndnis der grten religisen Urkunden zu kommen. Es ist schon gesagt, da auf der Erde ursprnglich kein festes Gesteinsreich existiert hat, die Erde war flssig. Ihre Festigkeit ist erst entstanden, indem die Teile sich zusammenzogen, sich verfestigt haben. Was verdanken nun Menschen und Tiere dem, da die Erde sich so verdichtet hat? Doch das, da auf ihr Menschen und Tiere in der heutigen Weise leben knnen. Ohne den festen Grund und Boden htte die Erde nicht den Grund fr Menschen und Tiere abgeben knnen. Und nun stellen wir uns einmal so recht mit unserer Seele vor, da es eigentlich ein seelischer Vorgang ist. Das hat man wenig begriffen, wenn man es nur mit dem Verstand des Physikers verfolgt. Erst wenn man mit dem Auge und Herzen des Geistes den Werdegang der Erde verfolgt, dann versprt man, da in dem, was dem Steinreich zugrunde liegt, sich ein seelischer Proze abspielte, whrend die Erde sich verfestigte. Es spielte sich Leid und Schmerz ab, und dem verdanken Menschen und Tiere, da sie auf der Erde wohnen knnen. Das ist die Tatsache, die zugrunde liegt, wenn Paulus, der nach seiner Einweihung in diese Dinge hineinschauen konnte, die Worte ausspricht: Alle Kreatur leidet und seufzet unter dem Schmerz der allmhlichen Verfestigung, alle Kreatur seufzt, der Vergeistigung harrend. Er weist uns mit diesen tiefen Worten auf das Innere, auf das Gemt des Erdenwesens hin. So wird uns alles durchseelt, wenn wir es im Lichte der Geisteswissenschaft betrachten, und nur dadurch, da wir Seele und Geist in allem erblicken, wird uns nach und nach die Welt und alles um uns herum mehr und mehr verstndlich. Uns wird dann verstndlich, da die Welt, wie wir sie um uns herum haben, wie die Physiognomie, wie der uere Ausdruck des inneren Lebens ist. Dann werden wir begreifen lernen, da die Welt berhaupt so aussieht, wie sie zunchst fr den Menschen aussieht. Und weiter lernen wir begreifen, da hinter allem Physischen eben das Seelisch-Geistige ist, das auch Ursprung von allem Physischen sein mu, und da, wenn der Geistesforscher uns zurckfhrt, er uns zeigt, wie in ferner, urferner Vergangenheit aus dem Geistigen heraus sich nach und nach alles entwickelt hat. Der Mensch vor allen Dingen ist aus der geistigen Welt in die physische Welt allmhlich heruntergestiegen, und man mu sich diesen Herunterstieg in die physische Welt nicht so grob vorstellen, wie eine materialistische Anschauung dies heute tut, sondern wir mssen uns fragen: Woher kommt denn berhaupt diese materielle Welt, die da rings um uns sich ausbreitet? Es gab fr den Menschen eine Zeit, wo er durchaus geistig war, wo er eingebettet war in das Seelisch-Geistige. Der Mensch ist aus diesem Seelisch-Geistigen heraus eben entwickelt, und dies ist nach und nach geschehen. Wenn wir nur verhltnismig kurze Zeit zurckblicken - wenn die Zeitrume auch lang sind, fr den Geistesforscher sind sie doch kurz zu nennen -, so finden wir, da unsere Erde nicht immer so aussah wie heute, sondern ihr Anlitz durchaus verndert hat, vor allen Dingen durch das Ereignis der Sintflut, die in der Geisteswissenschaft unter dem Namen der atlantischen berflutung genannt wird. Unter dieser atlantischen berflutung haben wir uns zu denken, da durch Luft- und Wasserwirkungen das Antlitz der Erde vollstndig umgewandelt worden ist. Vorher wohnten die Menschen auf einem Gebiete der Erde, wo heute der Atlantische Ozean ist. Da war Land, da wohnten eigentlich einmal unsere Seelen in den vorhergehenden Verkrperungen in den atlantischen Lei- bern. Wenn wir den Menschen ganz im Anfange dieser atlantischen Zeiten geisteswissenschaftlich betrachten, so erscheint er uns seiner Seele nach ganz anders als heute. Er erscheint uns in den ersten atlantischen Zeiten so, da er alles ganz anders wahrgenommen hat als spter. Heute, wenn der Mensch whrend seines Tagwachens den Blick um sich wendet, so nimmt er um sich die Gegenstnde in Farbe und Licht wahr. Wenn des Abends physischer und therleib vom Ich und Astralleib verlassen werden, verschwindet diese Welt. Man nennt dies Bewutlosigkeit. In der ersten atlantischen Zeit war dies nicht so, da breitete sich nicht Bewutlosigkeit aus um den Menschen herum, wenn er whrend der Nacht in einen anderen Zustand berging. Da tauchte damals alles das auf, was'Seele und Geist der physischen Welt ist. Der Mensch hatte zum Beispiel Blumen gesehen, bevor er einschlief. Im Schlafe nahm er wahr, was Geistig-Seelisches in der Blume war in der geistig-seelischen Welt. Dafr war das, was wir heute physisch nennen, die ueren Gegenstnde, nicht so scharf abgetrennt wie heute, sondern der Mensch sah diese wie in Nebel und von Farbrndern umgeben. So sehen wir, wie auch die Seele nach und nach ihr Anschauen verndert hat. Und wenn wir noch weiter zurckgehen, so werden wir finden, da die Seele ganz nur Geistiges gesehen hat, weil sich das Physische aus dem Geistigen noch nicht verdichtet hatte. Nun war dem Menschen sozusagen auf unserer Erde ein wichtiger Punkt seiner Entwickelung vorbehalten, und der lag gerade in der Mitte der atlantischen Entwickelung. In der Mitte der atlantischen Entwickelung wrden die Menschen, wenn nicht ein gewisses Ereignis schon vorher eingetreten wre, nicht aufgehrt haben, die geistige Welt mit ihrem nchtlichen Bewutsein zu sehen. Wenn nicht ein bestimmtes Ereignis eingetreten wre, so wrden die Menschen in der Mitte der atlantischen Zeit zum Beispiel nicht irgendeinen Gegenstand, eine Blume, gelb gesehen haben, sondern es wre ihnen der Geist der Pflanze erschienen. Da dies anders geschehen ist, das rhrt davon her, da der Mensch schon frher den Einflu Luzifers und seiner Scharen ber sich hatte ergehen lassen. Er wrde sozusagen unbewut gegenber der ueren physischen Welt gewe- sen sein; sie wre ihm durchsichtig erschienen. Er htte hinter ihr berall die geistige Welt gesehen. Was trat nun dadurch ein, da sich die physische Welt nicht wie eine durchsichtige Kristalldecke ber die geistige Welt breitete, sondern da sie undurchsichtig wurde ? Dadurch, da die geistige Welt verdeckt war, kam die Mglichkeit, da noch ein anderer Einflu ausgebt werden konnte, der Einflu des Ahriman, oder, wie Goethe ihn nennt, des Mephistopheles. Dadurch konnte derjenige Geist, der der ahrimanische genannt wird, eindringen, so da zu einer gewissen Zeit Irrtum und Illusion eintraten. Dasjenige, was wir Maja nennen, Illusion, konnte sich hineinmischen in die Auffassung der Welt. So steht hinter all demjenigen, was in der physischen Welt ist, dasjenige, was die Bibel den Frsten dieser Welt nennt. Sein Einflu ist berall hineingemischt. Ohne diesen Einflu wrde die Materie durchsichtig erscheinen und wrde hinter sich das Geistige zeigen. Nun aber ist fr den Menschen durch all diese Vorgnge auch innerlich-seelisch eine gewaltige Vernderung eingetreten. Wenn wir den Menschen betrachten, wie er sich auf der Erde entwickelt hat, so sehen wir, wie in einer gewissen Zeit der luziferische, zu einer anderen Zeit der ahrimanische Einflu sich geltend machte. Wenn wir zurckblicken in diejenige Zeit, in welcher der Mensch noch geistig war, wo das Feste sich noch nicht herauskristallisiert hatte, dann sehen wir, wie Naturkrfte und Menschheit noch nicht so getrennt waren wie heute. Sie standen sich zu jener Zeit noch viel nher, als die Erde noch mit wsserigem Element durchsetzt war. Als die Erde noch weicher war und der Mensch noch geistiger, da hatte Menschendenken und Menschenfhlen noch einen Einflu auf die Naturkrfte. Wenn wir hinter die atlantische Zeit zurckgehen, so finden wir: Da der menschliche Wille bse wurde, hatte er einen ganz bestimmten Einflu auf das Feuer, und es ging einstmals ein groer Teil der Erde dadurch zugrunde, da die Menschen durch den luziferischen Einflu, dem der Mensch in anderer Hinsicht ja seine Freiheit und Selbstndigkeit verdankt, bse Instinkte entwickelte. Also das, was wir Naturkrfte nennen, hing in der atlantischen Zeit zusammen mit dem Fhlen des Menschen. Es ist nun das eingetreten, da, nachdem die Menschen sozusagen durch den luziferischen Einflu selbstndig geworden waren, ihnen die Mglichkeit entzogen wurde, auf die Naturkrfte durch ihren Willen Einflu zu haben. Es wurde dem Menschen allmhlich der Einflu auf die Naturkrfte entzogen. Das ging Hand in Hand mit dem Einflu des Ahriman, da dem Menschen die geistige Welt verhllt wurde. Wrde der Mensch noch die geistige Welt sehen knnen, so htte er noch den Einflu auf die Naturkrfte. Dem einzelnen Menschen wurde dieser Einflu dadurch entzogen, der ganzen Menschheit jedoch nicht. Der einzelne Mensch hat auch heute tatschlich sehr wenig direkten Einflu auf die Naturkrfte, dafr aber die ganze Menschheit in ihrer Gesamtheit, und wenn wir uns die ganze Menschheit vor Augen stellen, dann werden wir dementsprechend auch sehen, da es neben dem Karma des einzelnen ein Kar-ma der ganzen Erde geben mu, der Gesamtmenschheit der Erde. Das ist eine Folge davon, da einmal luziferischer und einmal ah-rimanischer Einflu da war. Denn dieses Wesen, das wir mit Ahriman bezeichnen, steht eben in einem geheimnisvollen Zusammenhang mit den Feuergewalten der Erde, welche sich von dem unmittelbaren Einflu des einzelnen Menschen zurckgezogen haben. Diese Feuergewalten der Erde sind ein Lebenselement der ahrimani-schen Geister und durch Ahrimans Einflu ist das Gesamtkarma des gesamten Menschengeschlechts mit dem Karma Ahrimans in gewisser Weise verbunden. Wenn gewisse seelische Gesinnungen und Ereignisse in der Menschheitsentwickelung eintreten, dann macht sich auch wiederum der Zusammenhang zwischen den Menschen und dem Ahriman geltend, und das, was der Mensch frher selbst gekonnt hat, auf Naturereignisse Einflu ausben, das geschieht heute durch Ahriman und seine geistigen Genossen. Immer wenn Ahriman sich rhrt, dann weist das auf nichts anderes hin, als da in der Menschheitsgeschichte etwas vorging, was Ahriman angezogen hat, was ihn in Aufruhr und Wten gebracht hat. In den Seelen der Menschen geht etwas vor, geht zum Beispiel vor, da ein groer Teil der Menschen in den Materialismus verfllt. Das bewirkt, da Ahriman sich in seinem Element rhren kann, da er ein Lebenselement hat, denn menschlicher Materialismus ist ihm lieber, als wenn die Menschen sich vergeistigen. Ahriman weckt Strme, Vulkanausbrcke und Erdbeben. Hier haben wir wieder etwas, wo wir sehen, wie Natur und Geist zusammenhngen. Es geht nichts vor auf der Erde, was nicht mit Geist zusammenhngt. Unsere Seele hngt mit ihren guten und bsen Taten zusammen mit dem, was in der Erde vor sich geht. Wenn richtend in Erdbeben die Erde tobt, dann drfen wir niemals sagen, das hngt von dem Karma einzelner Menschen ab, sondern das ist Karma der Gesamtmenschheit. Jeder kann an sein eigenes Herz pochen und sagen: Mein Einzelkar-ma ist es auch, der einzelne mute hier zugrunde gehen, weil gerade hier das Ventil der Erde sich ffnen mute. In der Zukunft wird ihm das vergolten. - Eine materialistische Weltanschauung wird sagen, das sei aberglubisch, aber wer so sagt, der wei nicht, wie kindisch er redet. Wie keine Blume wchst ohne geistigen Grund, ohne da sie Ausdruck ist von Geist und Seele, so ist kein Erdbeben, kein Vulkanausbruch ohne geistigen Grund, ohne geistige Ursache. Wenn wir, wie gesagt, Karma ins Auge fassen, dann macht sich das fr das ganze Menschenleben geltend. Nur dann, wenn wir die geisteswissenschaftlichen Lehre nicht in Bewegung bringen, erscheint sie khl und nur fr den Verstand berechnet. Wenn wir aber unser Gefhl, unsere Gesinnung und unsere Empfindungen ganz von ihr durchdringen lassen, dann werden wir die Erde sehen als belebtes Wesen, durchseelt und durchgeistigt, werden sehen, da mit diesem Erdenleib verbunden sind geistige Wesenheiten der verschiedensten Art, da ein wichtiges Ereignis eingetreten ist, das in seiner Wirkung erst im Anfang steht: das Erscheinen des Christus auf Erden. Durch Christus ganz allein werden die Folgen der Macht Ahrimans vertrieben. Dadurch, da Geisteswissenschaft die Menschenherzen mit jenem Christus-Geiste durchdringen wird, dadurch wird dasjenige, was als Gesamtmenschheitsgeist sich auf der Erde ausbreitet, es selbst knnen, da die Erde auch in ihren Naturelementen zum Frieden und zur Eintracht gefhrt wird. Wenn alle Menschenherzen in wahrem Sinne den Christus-Geist erleben werden, dann wird die Kraft, die daraus strmen wird, so stark sein, da sie Feuer und Wasser besnftigen wird. Dann wird der Christus-Geist Friede und Eintracht in die Naturelemente hineinschaffen, und die Erde selbst wird Ausdruck des Geistes sein. Der Erdenleib, der ein lebendiges Wesen ist, wird sanft und mild werden, um aufzusteigen mit Menschengeist und Menschenseele zu seiner Vergeistigung. Zu einem hohen geistigen Dasein wird die Erde aufsteigen. Man kann das als ein hohes, fernes Ideal hinstellen, aber wir knnen uns mit ihm in jedem Augenblick durchdringen. Kein Augenblick ist fr die Entwicklung der Menschheit verloren, der so angewendet wird, da die Menschen sich mit den Erkenntnissen und Willensimpulsen des Geistigen durchdringen. FRAGEN DES KARMAGESETZES St.Gallen, 21. November 1909 ber Wiederverkrperung und Karma soll heute abend im ffentlichen Vortrag gesprochen werden, und es drfte vielleicht gerade als richtig bezeichnet werden, wenn wir hier einmal zum Gegenstand unseres Zweigvortrages jetzt eine Betrachtung whlen, die auf einige Fragen des Karmagesetzes nher eingeht und in gewisser Beziehung eine intimere Ergnzung zu dem bildet, was im ffentlichen Vortrage nur in einer allgemeinen Charakteristik gegeben werden kann. Karma, das groe Gesetz des Daseins, das Schicksalsgesetz, man kann es sozusagen besprechen in den allerersten Anfangsgrnden der Geisteswissenschaft, denn es ist etwas, das zu den elementarsten Dingen der Weltauffassung gehrt. Die intimeren Fragen aber sind solche, da, um sie zu verstehen, wiederum ein Vertrautsein mit der Geisteswissenschaft dazugehrt, wie es nur gefunden werden kann, wenn man eine Weile mitgearbeitet hat in einer Arbeitsgruppe und sich nicht leere Theorien angeeignet hat, sondern das, was ganz unvermerkt aus den spirituellen Lehren in die Menschenseele einfliet: eine gewisse Art von Empfindungen und Gefhlen. Das ist ja etwas, was jeder geistig Strebende bald bemerkt, da die Geisteswissenschaft etwas anderes ist als eine andere Weltanschauung, da sie uns solche Begriffe und Ideen gibt, die sich umwandeln in unseren Herzen in Gefhle und Empfindungen, und da wir andere Menschen werden durch sie, Menschen mit einer ganz anderen Art und Weise, den Mitmenschen gegenberzutreten. Diese Art von Vorbereitung ist gemeint, wenn von einer relativen inneren Reife die Rede ist, die man sich in dieser Weise durch Geisteswissenschaft aneignet. Wir wissen, da Karma zunchst bedeutet die geistige Verursachung eines spteren Ereignisses, einer spteren Eigenschaft oder Fhigkeit des Menschen durch ein Vorhergehendes. Gleichgltig, ob diese geistige Verursachung auftritt in einem Leben zwischen Geburt und Tod, oder ob sie sich als das groe Schicksalsgesetz der Menschheit durch die verschiedenen Erden- leben hindurchzieht, so da die Ursachen fr etwas in einem Leben Geschehendes in einem vorhergehenden oder einem weit zurckliegenden Leben liegen - dieses'Gesetz, dieses umfassende Schicksalsgesetz ist das, was wir Karma nennen. Nun kann man wahrhaftig ber Karma, wenn man es in seinen Einzelheiten betrachten will, viele Monate sprechen und noch lnger, und erst langsam und allmhlich eignet man sich die Dinge an, die damit verknpft sind. Daher kann man in einem Vortrage nur in erzhlender Weise die Tatsachen des Karmagesetzes angeben, und darin zeigt sich dann die Reife des geisteswissenschaftlich Strebenden, da er diese Dinge nun hinnehmen kann als Tatsachen, als Ergebnisse und dann weiter darber nachdenkt und sie im Leben aufsucht. Das einzelne Leben zeigt in den verschiedensten Arten die Wirkungen des Karma; nur geht die menschliche Lebensbetrachtung gewhnlich nicht sehr weit. Die Menschen berschauen gewhnlich sich selber oder ihren Mitmenschen mit Aufmerksamkeit nur eine kurze Zeit des Lebens, weil ihr Blick nicht durch das geistige Auge geschrft ist. Wie wenig dies der Fall ist, das mchte ich zuerst errtern, damit Sie einen Begriff davon bekommen, wie der geistige Blick im gewhnlichen Leben anzuerziehen ist. Durch eine Art persnlichen Erlebnisses soll dies geschehen. Einige von Ihnen werden es schon wissen, da ich fnfzehn Jahre meines Lebens damit zugebracht habe, Erzieher zu sein, wobei mir die verschiedensten Flle erzieherischer Ttigkeit oblagen, auch schwierige vielleicht, wo Probleme vorlagen, die nur durch lngeres Beobachten und Studieren gelst werden konnten. Da mir bei solcher Lebensttigkeit Gelegenheit geboten war, Beobachtungen anzustellen nicht nur bei den mir unmittelbar unterstellten Kindern, sondern auch bei deren Verwandten, den Cousins, die ja immer da waren, das leuchtet ein. Man sieht dann, wie sie heranwachsen, und man kann da einen groen Kreis von in die Welt tretenden Menschen beobachten. Nun, wer dann das Leben ein wenig verfolgt, geschrft mit dem geistigen Blicke, der kann schon an solchen Einzelheiten manches wahrnehmen. So zum Beispiel war in der Zeit, als von mir jene Ttigkeit ausgebt wurde, eine weit verbreitete, damals aber auerordentlich angesehene rztli- che Unsitte im Schwung, die darin bestand, da man die Kinder dadurch bei Kraft erhalten wollte, da man ihnen tglich ein kleines Glschen Rotwein gab. Es war damals Mode, da die rzte den kleinen Knirpsen zu einer Mahlzeit ein Glschen Rotwein verabreichen lieen. Von den Eltern wurde diese Vorschrift gewissenhaft ausgebt. Nun hatte ich Gelegenheit, solche Kinder zu beobachten, bei denen dies geschehen war, und solche, bei denen es nicht geschah. Man kann dann, wenn man im Leben steht, in der verschiedensten Weise wieder Menschen beobachten, die noch Kinder waren, als man sie kennengelernt hat. Die Kinder, die damals mit diesem Wein traktiert worden sind, sie sind jetzt Leute von sechsundzwanzig bis achtundzwanzig Jahren. Ich habe da also in der mannigfaltigsten Weise Gelegenheit gehabt, nicht blo ein paar Jahre zu betrachten, sondern auch grere Zeitrume zu berschauen. Die Menschen, die damals, als ich sie kennenlernte, ein bis drei Jahre waren und jetzt achtundzwanzig Jahre alt sind, kann man genau in zwei Gruppen einteilen: in jene, die damals ihr Glschen Rotwein mitbekommen hatten zur Lebensstrkung, und in jene, die dies nicht bekamen. Die ersteren sind Leute geworden, die heute alle, im physischen Sinne geredet, mit ihrem Nervensystem - geisteswissenschaftlich geredet mit ihrem Astralleib - furchtbar zu kmpfen haben. Es sind Leute geworden, denen das fehlt, was man nennt: energisch festhalten an einem Lebensziel, Rckgrat haben; whrend jene, die in ihrer Jugend ohne Wein ausgekommen sind, Menschen geworden sind, die Rckgrat haben, die fest begrndet sind, die wissen, was sie wollen, die nicht ntig haben, in der Zeit, in der es ihnen ihre Geschfte am wenigsten erlauben, da und dort hingehen zu mssen zu ihrer Erholung, und die, weil sie zappelige Menschen geworden sind, diese Erholung doch nicht erhalten. Die anderen dagegen sind festere Individualitten geworden. Ich will nicht blo darauf hinweisen, wie es ist, wenn man nach Jahren wieder an einen solchen Menschen herantritt, sondern darauf, da das Leben sich etwas anders ausnimmt, wenn man es auf den Zusammenhang von Ursache und Wirkung hin betrachtet, nicht blo so weit betrachtet, als die Nase des Menschen reicht, sondern auch die greren und tieferen Zusammenhnge der Ursachen und Wirkungen. Auch das ist Lebensbeobachtung im hchsten Grade, wenn wir den Menschen in bezug auf die Eigenschaften, die innerer, karmi-scher Natur sind, zu beobachten suchen. Es ist leider Tatsache, da gewhnlich der Mensch nicht den Anfang des menschlichen Lebens mit seinem Ende in Zusammenhang bringt. Man beobachtet wohl Kinder, aber wer hat die Geduld, dort, wo er die Mglichkeit hat, das zu beobachten, was sich ergibt, je nachdem des Menschen Seelenleben in den ersten Kindesjahren in gewisser Weise gewesen ist, und dann wiederum, wie das Leben ist, wenn der Lebenslauf zur Neige geht ? Und dennoch zeigt sich da ein ganz bestimmter karmi-scher Zusammenhang zwischen Anfang und Ende des Lebens. Es liegen fr gewisse Dinge, die am Ende des Lebens oder in der zweiten Hlfte desselben auftreten, ganz bestimmte Ursachen in den ersten Jahren oder der Jugendzeit des Lebens zugrunde. Nehmen wir einen konkreten Fall, zum Beispiel einen Menschen, der in frher Jugend zornig, jhzornig ist, der leicht geneigt ist, jhzornig zu werden ber etwas, was in seiner Umgebung geschieht. Dieser Zorn und hauptschlich der Jhzorn, der bei Kindern auftritt, kann eine zweifache Gestalt annehmen. Er kann sozusagen blo das sein, was man eine Unart nennt, was in gewisser Weise blo ein Ausbruch, ein wutartiger Ausbruch eines bergroen Egoismus ist. Aber er kann noch etwas anderes sein. Man mu lernen, insbesondere als Erzieher, diese zwei Arten voneinander zu unterscheiden. Der Zornausbruch bei einem Kind kann auch das sein, was uns entgegentritt, wenn ein Kind sieht, da in seiner Nhe eine Ungerechtigkeit geschieht. Ein Kind hat noch nicht die Urteilskraft, kann noch nicht mit dem Verstand sich sagen, was da geschieht. Wrde man versuchen zu erklren, da das, was da geschieht, kein Unrecht sei, so wrde man bald die berzeugung gewinnen, da das Kind dies noch nicht verstehen kann. Daher ist es in der Weltordnung, in der geistigen Weltenfhrung begrndet, da das, was spter als Urteilskraft auftritt, in der Kindheit in Form von Affekten, Emotionen zutage tritt. Das Kind kann noch nicht verstehen, was da geschieht, aber es wird zornig. Dieser Zorn, dieser Affekt ist eine vorhergehende Seelenverkndigung dessen, was spter die Urteilskraft ist. Diese zwei Arten von Zorn und Jhzorn mssen ganz genau voneinander unterschieden werden. Der Zorn im ersten Falle mu so behandelt werden, da also das Kind diesen Zorn womglich dadurch auslebt, da man es in einer richtigen Weise die Wirkungen dieses Zornes wirklich fhlen lt und auch das Unrechte des Zornes. Denn wenn man zum Beispiel dem Kinde immer gewissermaen aus Liebe das tut, wodurch es die Erfllung seines Willens bekommt, dann verfehlt der Zorn seine Wirkung. Der Zorn hat immer eine Wirkung in der Seele. Wo Zorn in der Seele auftritt und nicht dadurch gelst wird, da er das erreicht, was er erstrebt, schlgt er sich in das Innere zurck. Und das ist gut. Deshalb nennt der Volksmund, der oftmals ein feines Gefhl fr so etwas hat, an verschiedenen Orten, wo die deutsche Sprache gesprochen wird, den Zorn Gift. Zornig sein, nennt man: sich giften. Dieses Wort ist wirklich den Tatsachen des seelischen Lebens entnommen. Der Zorn tritt in die Seele ein, und durch die Wirkung des Zornes im Inneren, wenn er sich zurckschlgt, wird der berschssige Egoismus hinausgedrngt. Also auch der Zorn hat sein Gutes. Er ist ein Erzieher des Menschen, er wirkt wie ein solches Gift, das den berschssigen Egoismus dmpft. Etwas ganz anderes ist der Zorn, der auftritt, wo ein Kind ein Unrecht sieht. Dieser Zorn ist ein vorausgenommenes Urteil. Es ist gerechtfertigt. In diesem Falle darf man nicht blo zu strafen versuchen - dadurch, da man straft, wrde man den Zorn ins Innere zurckschlagen -, sondern man mu versuchen, diesen Affekt beim Kinde zu bentzen, um ihm nach und nach ein Verstndnis beizubringen, ihm die Urteilskraft beizubringen. Dieser Zorn ist dadurch zu berwinden, da man die Urteilskraft entfaltet. Wird ein Kind ber ein Unrecht, das es sieht, zornig, dann wrde folgendes geschehen: Man wrde das Kind einfhren in eine Art Verstndnis dafr, da das Unrecht aus der Natur des Menschen geschieht; man wrde ihm je nach seiner Reife eine Erklrung des Geschehenen geben. Dann wird ein solcher Zorn auch seine rechte Wirkung ausben. Er wird das Kind reif machen, die Welt zu beurteilen, denn er ist ein Vorbote fr die Urteilskraft. Das sei gesagt, um darauf aufmerksam zu machen, da der Mensch nicht immer ungerechtfertigt zornig ist. Der Zorn hat seinen Wert fr die Entwickelung des Menschen. Der Mensch mu sich lutern, er mu den Zorn berwinden. Der Zorn ist etwas, das dadurch wohlttig wirkt, da es berwunden wird. Niemals knnte der Mensch zur Vollkommenheit aufsteigen, ohne da der Zorn berwunden wird. Nun knnte man fragen: Warum gibt es denn in der Weltregierung den Zorn? Es gibt den Zorn, weil man stark wird durch seine berwindung; man wird mchtiger ber sich selbst dadurch, da man ihn berwindet. Wenn man jemanden, der jenen edlen Zorn in der Jugend hatte in den Jahren, wo der Idealismus auftritt, wo ihn etwas mit Zorn erfllte, weil er die tieferen Zusammenhnge noch nicht einzusehen vermochte, dann in seinem spteren Lebensalter beobachtet, so sieht man: im Alter tritt die gute Wirkung davon auf. Wer dagegen in der Jugend nicht in der Lage war, den Zorn zu berwinden, sich zu lutern, ber seine Affekte Herr zu werden, der wird nicht leicht in spteren Jahren jene milde Aktivitt erlangen, die so wohltuend berhrt. Denn Milde ist gerade die Wirkung des berwundenen Zornes. Milde im Alter ist die Wirkung des berwundenen Zornes in der Jugend. Eine ganz andere Wirkung wiederum hat jene Seeleneigenschaft, welche ebenfalls in der Jugend auftritt: die Andacht. Sie besteht darin, da der Mensch sich ein Gefhl aneignet fr das, was er noch nicht durchschauen kann. Zorn ist ein Ablehnen, Andacht ein Hinaufschauen zu dem, was man noch nicht berschauen kann, ein Hinblicken auf dasjenige, dem man noch nicht gewachsen ist. Niemand kann zur Erkenntnis kommen, der nicht das ber ihm Stehende in Andacht verehren kann. Andacht ist der beste Weg zur Erkenntnis. Die Menschen wrden niemals zur Erkenntnis kommen, wenn sie nicht vorher aus dunklem Hintergrunde hervor jene geistigen Mchte verehrt htten, die ber ihnen stehen. Andacht ist eine Kraft, die zu dem hinauffhrt, was man erringen will. Deshalb ist es im Grunde ntig, da Andacht entwickelt werde. Der Mensch, der im spteren Leben zurckschauen kann auf viele Momente der Andacht, der wird mit Seligkeit auf sie zurckblicken. Wenn es einem vorgekommen ist, da man in der ersten Kindheit in der Familie hat sprechen hren von einem Familienangehrigen, von dem verbreitet wird, da er sehr verehrt werde, und wenn man als Kind dies Gefhl auch in sich aufgenommen hat, und der Tag naht, wo man diese Persnlichkeit zum ersten Male sehen kann - wenn man dann eine heilige Scheu hat, die Klinke der Tr zu drcken, hinter der die verehrte Person erscheinen soll, so ist das auch ein sehr andchtiges Gefhl, und wir werden viel im spteren Leben haben, wenn wir mehrere solcher Stimmungen in der Jugend gehabt haben. Andacht ist der Grund, ist die karmische Ursache von segnender Kraft in spteren Lebensjahren, in der zweiten Hlfte des Lebens. Jene Kraft, die ausfliet und uns fhig macht, den anderen Menschen ein Trster zu sein, sie ist durch nichts anderes errungen als durch andchtige Stimmung in der Jugend. Seht Euch um, wo ein Mensch vorhanden ist, der zu anderen Menschen, die traurig sind, kommt, der dann nur da zu sein braucht, um durch seine bloe Gegenwart die Traurigen zu trsten, ihr Trster zu sein, aktive Liebe zu verbreiten - Ihr werdet finden: die karmische Ursache zu dieser aktiven Kraft liegt in diesen Andachtsstimmungen der Jugendzeit. Die Kraft, welche als Andacht in die Seele des heranwachsenden Menschen hineingegossen wird, ist etwas Bleibendes in ihm; sie geht als eine Strmung durch die Seele und kommt als segnende Kraft im spteren Alter zum Vorschein. So knnten wir viele Flle betrachten, wo das karmische Gesetz schon zwischen Geburt und Tod in ausgesprochener Weise wirkt. Wir wollen noch genauer im einzelnen Leben das Karmagesetz an einem konkreten Fall betrachten. Angenommen, ein junger Mensch htte studiert. Im achtzehnten Jahre wre das eingetreten, da der Vater bankrott gemacht htte. Der junge Mensch mute daher aufhren zu studieren, er wird aus dem Beruf herausgerissen, zu dem er vorbereitet worden war; er mu einen anderen Berufsweg einschlagen. Nun sind ja, nicht wahr, alle Berufe gleichwertig; wir interessieren uns nur fr die Tatsachen der nderung des Berufs. Der junge Mann mute also Kaufmann werden. Nun wird man, wenn man kein Lebensbeobachter ist, sagen: Nun ja, das Ereignis war da -, und man wird beobachten, was vorher und was nachher war. Aber einen Zusammenhang zwischen dem, was vorher und was nachher war, wird nur der herausfinden, der wirklich mit geistig geschrftem Auge das Leben beobachtet. Wenn der junge Mensch nun in dem anderen Beruf ist, und alles normal geht - ich werde nicht sagen, da es immer so geht, aber es kann so gehen -, werden wir in den spteren Lebensjahren etwas anderes sehen knnen. Zunchst ist der Beruf ihm neu. Er erfat, was fr ihn in Betracht kommt. Aber schon im einundzwanzigsten Jahre wird sich zeigen, da bei diesem Manne etwas anders ist als bei einem Manne, der von Anfang an auf den Kaufmannsberuf vorbereitet war: Im einundzwanzigsten Jahr schon zeigt sich, da er weniger Interesse hat fr das, was ihm in seinem Berufe obliegt. Es zeigen sich gewisse Gefhle, die in seiner Seele auftreten und die ihn trennen von dem, was er tun soll, so da er nicht mit rechter Befriedigung das tun kann, was von ihm verlangt wird. Wenn man nun nachforscht, woher das kommt, so wird man das Folgende wahrnehmen: Wenn ein besonderer Punkt eintritt, wo der Lebenslauf abgebogen wird, ein Lebensknoten, wenn zum Beispiel ein Berufswechsel eintritt, dann ist es nach dem karmischen Gesetz so, da in den ersten Jahren wenig zu bemerken ist. Dann kommt es aber nach, so da im einundzwanzigsten Jahre Gefhle, Empfindungen, Stimmungen sich geltend machen, die aus dem zu erklren sind, was im achtzehnten Jahr aus den Vorbereitungen fr den anderen Beruf herkommt, Gefhle, die er aufgenommen hat, die er aber nicht zur Realisation gefhrt hat. Zunchst hat er sie zwar zurckgedrngt; sie machen sich aber doch dann so geltend, da er sich von seinem neuen Beruf nicht mehr befriedigt fhlt. Das, was drei Jahre vor dem Berufswechsel in ihn gelegt wurde, wird drei Jahre nach diesem Wechsel so zutage treten, da der Betreffende nicht mehr die rechte Befriedigung haben kann. Und von da aus kann die Sache so kommen, da im zweiundzwanzigsten Jahr das vierzehnte Lebensjahr sich wiederholt, im dreiundzwanzigsten Jahr das dreizehnte. Es kann, weil im Leben sich alles durchkreuzt, auch anders kommen. Er kann im dreiundzwanzigsten Jahr zum Beispiel einen Hausstand grnden; da treten Interessen auf, die die vergangenen kreuzen und sie anders verlaufen machen. Aber das Gesetz ist trotzdem geltend. Auch in dem Falle, wenn ein neues Interesse eintritt, sind die frheren Interessen doch da, die abgebogen worden sind. An einem solchen Beispiel knnen Sie den Verlauf des Lebensprozesses sehen, wie er sich der Geisteswissenschaft darstellt. Das ist das wenigste, da man durch die Geisteswissenschaft allerlei Begriffe bekommt; aber das wichtigste ist, da man durch sie in den Lebensproze eindringt. Nehmen wir an - ich erzhle nie andere Flle als solche, die vorgekommen sind; man mu sich die Gewohnheit aneignen, sich nie etwas auszudenken, sondern stets solche Flle whlen, die wirklich vorgekommen sind -, also eine Mutter kommt zu mir, die ihren einzigen Sohn in einen anderen Lebensberuf hinberfhren mu, weil ihm der Vater entrissen worden ist. In der Welt von heute wird da kaum das Richtige geschehen, denn wahre Lebensbeobachtung ist mit der heutigen Lebensauffassung kaum zu vereinbaren. Wird solch eine Mutter mit Geisteswissenschaft bekannt, so lernt sie rechnen mit dem Karmagesetz und kann gerade eine gute Freundin werden des jungen Mannes, der ber die Jahre eines solchen Berufswechsels hinweggefhrt werden soll. So war es vor einiger Zeit der Fall. Eine Mutter kam zu mir und sagte: Was ist meine beste Lebensaufgabe? - Ich sagte, sie mge die paar Jahre dazu benutzen, recht sehr das Vertrauen ihres Sohnes zu erlangen. Dann bilde die Geisteswissenschaft seinen Sinn so aus, da sie das, was sicher eintritt, ihm tragen helfen kann. Die in seine Seele verpflanzten Gefhle der Frmmigkeit wrden in einer starken Weise in allen spteren Lebensjahren sich geltend machen, und sie wrde das, was so sicher eintritt, auch richtig sehen knnen. Kommt dann einst der Sohn nach Hause und sagt: Ich wei nicht was anfangen, mein Beruf befriedigt mich gar nicht -, dann wird sie das zurckfhren knnen auf dasjenige, was frher vorgekommen ist. Sie wird die Ursache erkennen und wird schon aus innerem Takt herausfinden, wie sie helfend einzugreifen hat, um dem Sohn ber die Schwierigkeit wegzuhelfen. Besser wird sie es sicher knnen, als wenn sie keine Ahnung htte davon, wie Karma wirkt und nur glauben wrde, es wachse die Stimmung, die Depression aus irgend etwas Gleichgltigem heraus. Nichts entsteht so ohne Ursache; aber oftmals liegen die Ursachen viel nher als man glaubt. Nur mssen wir solch einen Knotenpunkt beobachten, von da an das Leben zurckverfolgen und sehen, was da anders verluft. Es ist so: Denken Sie sich, Sie haben eine Violinsaite. Sie haben sie aufgespannt und streichen sie mit einem geeigneten Gegenstand. Die Saite gibt einen gewissen Ton von sich. Wenn Sie sie nun in der Mitte festhalten, dann geht auf beiden Seiten etwas vor: die Saite schwingt auf beiden Seiten. Solche Ereignisse gibt es im Leben, von denen man feststellen kann, wie das, was vorher geschieht, sich nachher widerspiegelt. Auch die Lebensmitte ist solch ein Knotenpunkt. Was in der Jugend vorbereitet wird, das kommt im Alter heraus. Es ist notwendig, diese Dinge zu beachten, damit man allmhlich wirklich ein Gefhl dafr erhlt, da Geisteswissenschaft nichts Unpraktisches ist, sondern da das ganze Leben vom geisteswissenschaftlichen Gesichtspunkt aus praktisch gestaltet werden kann. Ein bloes Leben in Liebe ntzt nichts, wenn nicht die Weisheit mit der Liebe verbunden ist. Liebe mu sich mit Weisheit verbinden, mit Erkenntnis des Rechten. Liebe allein ist nicht genug zum Leben. Wir knnen noch einen Fall erwhnen, der sich in der ersten Hlfte des achtzehnten Jahrhunderts zugetragen hat und genau geprft worden ist. Eine Mutter erzog ihr Tchterchen. Wohl hatte sie gesehen, wie dieses Tchterchen ganz klein anfing, Dinge zu entwenden, etwas zu stehlen. Aber sie konnte sich in ihrer Liebe, die ja eine vorzgliche Eigenschaft ist, nicht entschlieen zu strafen. Das Tchterchen stahl ein-, zweimal, ein drittes Mal, und tat noch andere Sachen; und wenn man den Lebenslauf verfolgt, so sieht man, da das Kind eine berhmte Giftmischerin wurde. Hier haben Sie die Liebe, die nicht geeint ist mit Weisheit. Die Liebe mu mit dem Lichte der Weisheit durchdrungen sein. Liebe kann sich erst richtig entfalten, wenn sie von Weisheit durchdrungen ist. Wie anders kann man als Freund einem jungen Menschen, der sich entwickeln soll, ber wichtige Momente seines Lebens hinberhelfen, wenn man wei, da es ein Gesetz gibt, welches die Ursachen eines Geschehens manchmal ziemlich naheliegend zeigt, die Ursachen, die man ohne Kenntnis des Gesetzes nicht begreifen wrde. So wre es richtig, nicht nur im allgemeinen zu wissen, da es ein Karmagesetz gibt, sondern durch Erlangung einer richtigen Weltanschauung Karma im einzelnen zu verfolgen. Das mu dem Geisteswissenschafter ernstlich obliegen, da er sich einlebt in die konkrete Wirksamkeit dieser Gesetze und wei, wie sie sich im Leben ausnehmen. Das ist das Allerwichtigste: nicht Phrasen ber Karma zu dreschen, sondern sich darauf einlassen, die Gesetze im Leben zu verfolgen. Das ist notwendig! Nun mchte ich Ihnen noch etwas anderes sagen. Man kann auch einige Flle herausheben, die sich beziehen auf Karma, das von einem Leben ins andere hinbergeht. Natrlich kann man sich auch da nur auf einzelne Flle beschrnken. So knnen wir uns einmal eine Frage vorlegen bezglich des inneren Karma eines Menschen, welches dadurch zustande kommt, da der Mensch im Grunde genommen im Leben immer eine zweigeteilte Wesenheit sein mu. Wenn Sie das Leben betrachten, werden Sie sich sagen mssen: wenn ein Mensch durch die Geburt ins Dasein tritt, mu man zweierlei unterscheiden. Das eine ist, was er von seinen Voreltern geerbt hat. So hat zum Beispiel Schiller die Form seiner Nase von seinem Grovater geerbt; aber was das spezifisch Schillersche ist, das hat er nicht geerbt, sondern das kommt aus seinen frheren Inkarnationen, seinen frheren Verkrperungen. Auf der einen Seite ist der Strom der Vererbung dessen da, was durch Generationen hindurch sich fortpflanzt; auf der anderen Seite ist das, was der Mensch selbst von einem Leben zum anderen hinbernimmt. Wer den Blick erworben hat fr das Geistige, wird sich immer fragen, wieviel ein Mensch von seinen Eltern hat, und wieviel aus seiner vorhergehenden Inkarnation stammt. Im rationellen Sinne kann man nicht anders unterrichten, als wenn man diese Unterscheidung treffen kann. Die Erziehungskunst wird erst die richtige Gestaltung erhalten, wenn die Menschen gelernt haben, zwischen diesen beiden Strmungen zu unterscheiden. Erst am Ende der Erdenentwickelung werden diese beiden Strmungen zusammenflieen, so da der Mensch den Leib wird finden knnen, in den er hineinpat. In der jetzigen Zeit ist dies noch nicht mglich. Wrde ein vollstndiges Zusammenpassen von uerer Leiblichkeit und innerer individueller Organisation in unserer jetzigen Zeit stattfinden, so wre es unmglich, da ein Mensch durch innere Ursachen vor dem normalen Alter stirbt; denn es wrde, weil Sterben nicht etwas Zuflliges ist, sondern eine Disharmonie, dann nicht vorzeitiges Sterben eintreten knnen, da ja Harmonie im Menschen herrschen wrde. So aber kann diese Disharmonie zwischen dem Ererbten und dem aus frherer Verkrperung Mitgebrachten so stark werden, da dadurch der Tod frher herbeigefhrt wird. Der Mensch knnte, wenn er ein klein wenig auf die spirituellen Lehren eingehen wollte, heute schon die Reinkarnation mit Hnden greifen - dies ist nicht bildlich, sondern wrtlich zu nehmen -, wenn nur die materialistischen Theorien die entsprechenden Tatsachen nicht unrichtig, sondern richtig deuteten. Dies kann an bestimmten Fllen nachgewiesen werden. Es gibt Menschen, die in ihrer Entwicklung noch so wenig weit vorgeschritten sind, da sie mit ihren Empfindungen noch ganz in ihrer Empfindungsseele drin stecken. Ihr ganzes Bewutsein hngt zusammen mit der Empfindungsseele. Und das kann man den ueren Gesten der Menschen schon ansehen: sie verraten ja gewisse Ursachen, die im Astralleib liegen. Wenn ein Mensch noch ganz in der Empfindungsseele drin steckt, sich innerlich so recht wohl fhlt, kommt es vor, zum Beispiel wenn er eine gute Mahlzeit hatte, da er sich auf den Leib klopft vor Behagen. Das ist ein Zeichen, da er noch eine zu starke Empfindungsseele hat. Wenn ein Mensch tief in der Gemtsseele steckt, so kommt dies auch zum Ausdruck. Weil die Wahrheitsempfindung im Gemt steckt, so wird ein Mensch, der in der Gemts- oder Verstandesseele steckt, um eine Wahrheit zu beteuern, sich auf die Brust klopfen. Ein Mensch, der tief in der Bewutseinsseele steckt, greift an die Nase, wenn er berwiegend tief ber etwas nachdenkt. Am unteren Leib kommt das, was auf die Empfindungsseele Bezug hat, zum Ausdruck; was auf die Verstandes- oder Gemtsseele Bezug hat, kommt am Brustleib, und was auf die Bewutseinsseele sich bezieht, am Kopf zum Ausdruck: man kraut sich auch hinter den Ohren. Ich sage das nur, um zu zeigen, wie das, was im Astralleibe ist, im physischen Leibe zum Ausdruck kommt. Nun kann folgendes eintreten. Der Mensch kann die hchsten Empfindungen und Ideen und Ideale, die er berhaupt zunchst in diesem Zeitenzyklus haben kann, in sein Bewutsein aufnehmen; zum Beispiel unsere ethischen Ideale, die ja allein schon fr den Menschen ein Beweis vom Dasein einer geistigen Welt sein mten. Wenn wir uns durch eine innere Stimme fr diese ethischen Ideale begeistern, uns diesen hohen Idealen hingeben, so kann die Anregung dazu nicht von auen kommen. Nun kann das so weit gehen, da der Mensch etwas, was er ohne Ideale empfindet, in diese erhebt, so da er nicht aus Pflichtgefhl einer bestimmten Idee nachlebt, sondern weil er eben nicht mehr anders kann. Fr den, der sich durchdringen lt von einer sittlichen Idee, wird eintreten, da er sich so hineinlebt in diese Idee, da er sich selbst befiehlt, was in ihrem Sinne recht ist. So mssen die Ideale in der Bewutseinsseele aufleuchten, dann strmen sie hinunter und werden Instinkte. Wenn dies geschieht, da der Mensch so seine Empfindungen mit seinen Idealen durchdrungen hat, dann macht sich etwas Besonderes geltend. Diese Instinkte haben das Bestreben, bis zum physischen Krper sich zum Ausdruck zu bringen. Der Mensch kann aber zwischen Geburt und Tod nicht mehr an seinem physischen Krper arbeiten. So gehen gewisse Strmungen durch den Brustkorb zum Kopfe hin. Wenn jemand fr ein Ideal begeistert ist, fr dasselbe glht und voll Feuer ist, so da er mit Liebe empfindet: das soll geschehen -, so wird er sich in diesem Leben ihm hingeben, wird alles dafr tun. Aber dies ist nicht alles. Durch diese Ttigkeit gehen Strmungen in den oberen Teil bis zum Kopfe des Menschen. Das sind Krfte, die bis zum physischen Krper zu wirken suchen; aber sie knnen in diesem Leben den Kopf nicht mehr ndern, weil des Menschen physischer Leib auch dann, wenn man sich selbst in solcher Weise veredelt, nicht mehr gestaltungsfhig ist. Diese Krfte strmen aber dennoch nach oben. Diese Strmungen bleiben dem Menschen erhalten in seiner Seele, und wenn der Mensch durch den Tod und eine neue Geburt geht, bringt er sie mit in ein neues Dasein. Hier tritt das auf, was der Phrenologie eine individuelle Berechtigung gibt: in den Hckerbildungen des Schdels kommen diese Krfte, die so erworben sind, heraus. Man kann nicht sagen, dieser Hcker drckt das allgemein aus, sondern das, was die Individualitt whrend des vorhergehenden Lebens auf diese Weise oft mit sich verbunden hat und was doch den Krper nicht mehr hat umbilden knnen, das drckt sich da aus. So gehen diese Anlagen durch das Leben zwischen Tod und neuer Geburt durch, und wir greifen wirklich, was der Mensch im vorhergehenden Leben so oft in sich hinein hat strmen lassen. Da greifen Sie wirklich Reinkarnation und Karma, wenn Sie die verschiedenen Erhabenheiten und Hcker des Kopfes betasten. Wir mssen uns aber dabei bewut sein, da jeder Mensch seine eigenen Gesetze hat; nicht allgemein darf man diese Hcker beurteilen, sondern ganz individuell. So greifen wir also zum Beispiel einen Hcker und wissen: es ist die Arbeit, die der Mensch an seiner Seele im vorhergehenden Leben verrichtet hat. Man kann Karma und Reinkarnation also auch greifen, mit den Hnden greifen! Da kann man bis auf die Krpergestalt von der Geisteswissenschaft lernen. So wie die Krpergestalt von einem vorhergehenden in ein spteres Leben hereinlebt, so reichen auch andere Dinge hinber. Nur mu man alle diese Dinge wirklich nicht kleinlich betrachten. Man darf nicht glauben, da das Karmagesetz so zugeschnitten ist wie ein brgerliches Gesetzbuch; es ist nur durch umfassende Studien zu begreifen. Betrachten wir einmal ein groes Unglck, das einen tiefen Schmerz verursacht. Wir betrachten es vielfach falsch, weil wir immer nur darauf ausgehen, die Wirkung zu sehen. Wir sehen dann, da ein Ereignis eingetreten ist, das uns unglcklich gemacht hat, uns aus unserer Bahn herausgeworfen hat. Wir sehen eben nur die Wirkung. Wir sollten aber die Ursache suchen. Da wrden wir vielleicht folgendes finden: Ja, es gab in einem vorhergehenden Leben die Mglichkeit, sich diese oder jene Fhigkeit anzueignen. Wir haben es aber nicht getan, wir haben es versumt. So sind wir durch die Pforte des Todes geschritten, ohne diese Fhigkeit erworben zu haben. Nun treiben uns jene Krfte, die schon karmische Krfte sind, im folgenden Leben zu dem Unglck hin. Htten wir uns jene Fhigkeit in dem vorhergehenden Leben angeeignet, so htte uns die Kraft nicht zu dem Unglck hingetrieben. Dadurch, da dieses Unglck uns geschieht, erlangen wir nun diese Fhigkeit. Nehmen wir nun an, dieses Unglck hat uns im zwanzigsten Jahre erreicht, und im dreiigsten Jahre sehen wir darauf zurck und fragen uns: Was hat uns dazu gemacht, da wir diese oder jene Fhigkeiten haben? -so erkennen wir den Zweck dieses Unglcks. Unendliches gewinnen wir, wenn wir die Dinge nicht als Wirkung, sondern als Ursache betrachten fr das, was sie aus uns machen. Das ist auch ein Erfolg der Lehre vom Karma, die Dinge als Ursache zu betrachten. Alle diese Dinge sind Einzelheiten des Gesetzes vom Karma. So sehen Sie, da man am anthroposophischen Leben teilnehmen soll, weil man viel lernen kann, was sonst nur Allgemein begriff bleibt. Auf etwas ganz Bedeutsames, das mit dem Karmagesetz zusammenhngt, soll noch aufmerksam gemacht werden. Es knnte einem Menschen, der in die Geisteswissenschaft hineinkommt und hrt, da da die Mglichkeit besteht, sich geistige Fhigkeiten anzueignen, hinaufzuwachsen zur Hellsehergabe, beikommen zu fragen: Warum ist es immer so schwer zu lernen, was die Geisteswissenschaft sagt? - Diese Frage kann ja berechtigt sein, aber sie entspringt doch wirklich zumeist einem Miverstndnis vieler Menschen, welche Geisteswissenschaft nur oberflchlich kennenlernen, einem Miverstndnis, das sie haben ber den Zusammenhang des physischen und des geistigen Lebens. Sie wissen, das physische Leben ist durchaus nicht unntigerweise in das Menschenleben eingefgt. Es hat seine Mission, ebenso wie das Leben zwischen Tod und einer neuen Geburt in der geistigen Welt. Stellen wir uns einmal die Frage: Wie steht es denn mit zwei Menschen, von denen der eine durch sein Karma aus dem vorhergehenden Lebenslauf in dieser Inkarnation nicht in der Lage ist, die Hellsehergabe zu entwickeln, sondern sich begngen mu, fleiig anthroposophische Kenntnisse durch das Studium sich anzueignen, so da er einsieht, wie diese Dinge zu begreifen sind - also er knnte nur durch Studium vorankommen -, und einem anderen, dem die Mglichkeit gegeben sei, seine hellseherischen Gaben zu entwickeln und einzudringen in die geistige Welt? Der letztere knnte folgende Stimmung haben. Er sagt sich: Ich sehe in die geistige Welt hinein, ich kann sehen geistige Wesenheiten, warum sollte ich denn jetzt noch Bcher studieren? Ich wei, da es eine geistige Welt gibt, warum sollte ich da noch Anthroposophie studieren? Das ist ja unbegrndet und langweilig. - Es ist dies eine Sache, die immer wiederum vorkommt, da Leute, die karmisch das Glck haben, hellseherisch zu sein, sich sagen: Lernen wollen wir jetzt nichts mehr; warum sollen wir jetzt studieren, was nur in trockenen Begriffen gegeben wird? - Der eine ist imstande, um so fleiiger zu studieren, aber er kann nicht zur Hellsehergabe kommen; der andere verachtet die Studien, aber sein Karma ist so gnstig, da er ein Hellseher werden kann. Wie steht es nun mit diesen Menschen nach dem Tode, wie ist das Gesamtbild? Der Mensch, der die Hellsehergabe erlangt hat zwischen Geburt und Tod, der in die geistige Welt hineinschauen und der verschiedenes sehen konnte, aber die theoretischen Begriffe nicht lernen wollte, der nicht mit logischem Denken die geisteswissenschaftlichen Angaben begreifen wollte, der das alles verachtet hat, der hat nach dem Tode gar nichts davon. Er kennt sich nicht besser aus als ohne die Hellsehergabe, die er bei Lebzeiten hatte. Jener Mensch ist sogar besser daran, der in seinem physischen Leben noch nicht hellsehen konnte, der aber nicht verhindert war, durch Lesen sich einen logischen Begriff von der geistigen Welt zu bilden. Es soll dieses aber keine Anweisung sein, faul zu sein, nichts zur Entfaltung der geistigen Sinne zu tun. Kein Mensch kann wissen, ob er nicht doch noch vor seinem Tode die Hellsehergabe erlangt. Derjenige, der die geisteswissenschaftliche Weltanschauung studiert hat, dem verwandeln sich jetzt diese Begriffe in wirkliche Anschauungen. Was man sich hier erwirbt durch Begriffe, das geht nicht mehr verloren, das bleibt. Es gibt eine Verpflichtung: Wenn man noch so hoch eingeweiht wre, wenn man noch so hoch schauen knnte, aber das Geschaute nicht mit Begriffen durchdringen knnte, so wrde man doch nichts davon haben. Der Mensch soll nicht blo beim Schauen stehenbleiben, sondern er soll alles umgieen in Begriffe, die dem physischen Leben entnommen sind. Die Menschen sind berufen, das, was sie auf Erden erfahren knnen, auch wirklich in sich aufzunehmen. Das, was in der geistigen Welt fehlt, mu in der physischen Welt erworben werden und mu da hinaufgetragen werden. Das soeben Gesagte hngt zusammen mit etwas, was viel bedeutsamer ist. Es gibt eines, was die Menschen in der geistigen Welt niemals htten kennenlernen knnen. Niemals htte ein Ereignis in der geistigen Welt kennengelernt werden knnen, wenn der Mensch nicht heruntergefhrt worden wre auf die physische Erde und durch die Inkarnationen durchgefhrt worden wre. Alle geistigen Wesenheiten, die sich nicht inkarnieren, knnen ein Ereignis nicht kennenlernen: das ist der Tod. Den Tod gibt es nicht in der Astralwelt und noch weiter oben; den kann man dort nicht erleben. Daher gibt es den alten Grundsatz in der esoterischen Philosophie: Wenn Gtter sterben lernen wollen, mssen sie auf die Erde gehen, um es zu lernen. - Das ist eine sehr tiefe Wahrheit. Und wiederum hngt mit dem Tode etwas anderes zusammen: Der Mensch wrde niemals zum Selbstbewutsein kommen. Nur dadurch, da der Mensch immer wieder, wenn eine Inkarnation zu Ende geht, durch die Pforte des Todes schreitet und seine Hllen abstreift, nur dadurch kommt er zum eigentlichen Bewutsein des Ich. Der Mensch mu lernen, den Tod zu berwinden. Ohne da der Tod in die Welt getreten wre, htte der Mensch nicht das Selbstbewutsein kennengelernt. So mute der Tod der groe Lehrmeister der physischen Welt werden. Das hngt mit einem groen Ereignis zusammen. Wenn er niemals auf die physische Erde heruntergestiegen wre, wenn er immer oben in den geistigen Sphren geblieben wre, htte der Mensch niemals erfahren knnen, was das grte Ereignis der Erdenentwickelung ist: das Mysterium von Golgatha. Das Christus-Ereignis kann nur zwischen Geburt und Tod erfahren werden. Und gerade darin besteht die Gre dieses Ereignisses, da ein Gott aus Himmelshhen heruntergestiegen ist und das Schicksal der Menschen geteilt hat. Nur auf der Erde konnte er dieses Mysterium vollziehen. Niemals htte irgendwo in der geistigen Welt das Mysterium von Golgatha aufgerichtet werden knnen. Um die Menschen den Sieg ber den Tod zu lehren, mute ein Gott heruntersteigen aus geistigen Hhen, um auf der Erde zu sterben. Und dieses Ereignis, vom Menschen auf Erden verstanden, das ist das Grte, was einflieen kann in die irdische Inkarnation des Menschen. Das ist das Grte, was der Mensch mitnehmen kann, wenn er die physische Erde durch die Pforte des Todes verlt. Der Mensch knnte niemals die Gre des Christus begreifen, wenn er nicht auf der Erde lernen wrde, was der Christus ist. Wenn er das auf der Erde gelernt hat, kann er es bewahren und mitbringen in die geistige Welt. Die Menschheit htte niemals den Christus kennenlernen knnen, wenn sie nicht heruntergestiegen wre, den physischen Leib entfaltet htte, und auf der Erde Gelegenheit gehabt htte, eines Gottes Sterben zu verstehen. Dieses Ereignis mute geschehen, das fr alle Zukunft Bedeutung hat. Die Menschheit wird sich wiederum zurckentwickeln in die geistige Welt. Vorher wute sie nichts von dem Christus-Impulse; auf der Erde mute sie ihn lernen, und nun wird er hinaufgetragen, mitgenommen von all denen, die auf der Erde ein Verstndnis fr ihn sich erworben haben. Mit diesem Verstndnis, das auf Erden nach und nach erworben wird, mit jenem Ereignisse in der Seele lebt der Mensch weiter in den folgenden Inkarnationen und auch in jenen Leben, die zwischen Tod und Geburt abflieen. Immer mehr werden die Menschen verstehen von dem, was Golgatha ist. Immer mehr wird der Christus leben. Und wenn einstmals die Erde physisch zertrmmert ist, wenn nur die Seelen, die Geister der Menschen briggeblieben sein werden, so werden sie zurckblicken auf die Erdenevolution und sagen: Wir muten eine Entwickelung durchmachen in einer Welt, wo wir uns vorbereitet haben auf den Christus. Dann kam dieses Mysterium, die Entwickelung ging weiter, wir verstanden immer besser das Ereignis von Palstina, wir verarbeiteten es in unseren Leben zwischen Geburt und Tod, und als dieses groe Mysterium begriffen war, da war die Erde reif, wieder zu verschwinden, denn da haben wir uns einverleibt, was das Wichtigste war der ganzen Erdenevolution. Auf der Erde muten wir sein, durchgehen muten wir, um das zu erleben, was nirgendwo anders erlebt werden kann. Jetzt ist es in die geistige Welt heraufgetragen, aber der Ursprung dessen, was jetzt in der geistigen Welt ist, der war da unten. So werden Ihre Seelen fhlen, wenn sie durch viele Inkarnationen gegangen sein werden, wenn die Erde als physischer Planet erstorben ist und die Menschen zu einem neuen Dasein aufgestiegen sein werden. Was ist das wichtigste Erbstck der Erdenentwickelung? Was ist das Wichtigste, das wir mitgenommen haben, und das nur einzig und allein auf der Erde erfahren und erlebt werden kann? Das Mysterium von Golgatha. Jetzt haben wir den Christus in uns. Das ist die Bedeutung des Opfers, da der Christus heruntergestiegen ist und jenes Ereignis mitgemacht hat, welches die Menschen als den Tod erfahren: immer selbstbewuter zu werden, immer mehr Kraft zu erlangen, um so in immer hherem Mae das Karma der Christus-Kraft aufzunehmen. So sehen wir, wie das Karma in diesem bedeutungsvollen Falle wirkt, und wie das Christus-Verstndnis zusammenhngt mit dem gesamten Erdenkarma der Menschheit. Und die Menschheit soll den Christus in sich aufnehmen. Der Mensch kann das Erdenkarma nicht erfllen, ohne dieses Christus-Verstndnis erreicht zu haben. Und die Erreichung des Erdenzieles wird sein eine karmische Wirkung der Aneignung des Christus-Verstndnisses. So knnen wir sagen: Das kleinste wie das grte Ereignis werden wir verstehen, wenn wir das Karmagesetz betrachten. NOVALIS UND SEINE HYMNEN AN DIE NACHT Berlin, Matinee, 26. Oktober 1908 Es wird jetzt eine Dichtung vorgetragen werden, fr die eigentlich im tieferen Sinne eine entsprechende Stimmung nur dadurch vorhanden sein kann, da der grte Teil der anwesenden Freunde sich in den letzten Zeiten mit der Materie der spirituellen Welt im Zusammenhange mit der ganzen geschichtlichen Entwickelung der Menschheit eingehend befat hat. Was hier zum Vortrag gebracht wird, bringt uns so recht zum Bewutsein, wie Geisteswissenschaft oder Theosophie nicht etwa blo durch die Theosophische Gesellschaft in der Welt verkndet wird, sondern da Theosophie als Lehre, die sich begrndet auf die groen okkulten Wahrheiten und Weistmer, etwas ist, was schon in alten Zeiten durch die besten Geister geflossen ist, die nach einer hheren Welt gesucht haben. Und wir knnen im Grunde genommen in alter und neuer Zeit so manche Persnlichkeiten finden, die uns tatschlich zeigen, da sie in ihren Vorstellungen, Ideen, Gefhlen und Empfindungen und in ihren Lebensgesinnungen ganz durchdrungen waren von einer Weltanschauung und aus ihr heraus wirkten, die wir eine theosophische nennen knnen, und da sie im Einklang damit ihre ganze Lebensttigkeit entfalteten. Eine solche ganz eigenartige Persnlichkeit lebte in Novalis whrend der letzten drei Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts, Nicht dreiig Jahre alt geworden ist Novalis, und es ist zu hoffen, da durch den Vortrag seiner Hymnen an die Nacht das Bewutsein sich entwickeln wird, da aus diesen Hymnen heraus spricht -so vollkommen, als es in den letzten drei Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts nur mglich war - im umfassendsten Sinne gerade die Erkenntnis dieser geisteswissenschaftlichen Wahrheiten. Aus einem der angesehensten adligen Geschlechter ist der mit seinem Profannamen Friedrich von Hardenberg genannte Novalis geboren am 2. Mai 1772. Wer Gelegenheit hat, Weimar zu besuchen, sollte nicht versumen, die einen tiefen Eindruck machende Novalis- Bste sich anzusehen. Sie gehrt zu den Dokumenten des klassischen Weimar, aus denen es deutlich spricht, wieviel spirituelle Hochkultur mit dieser Zeit, mit dem Ende des 18. Jahrhunderts verbunden war. Wer sich diese eigenartige Bste ansieht, der wird, wenn er berhaupt dafr eine Empfindung hat, sogar den Eindruck bekommen, da aus dieser, man mchte sagen, ber die Sphre niederer Menschlichkeit hinausgehenden Physiognomie sich eine Seele ausdrckt, die ganz gegrndet war im Okkulten, in den spirituellen Welten. Und dabei ist Novalis eine derjenigen Persnlichkeiten, die ein lebendiger Beweis dafr sind, wie diese Spiritualitt, dieses Sich-Erheben in die hchsten fr den Menschen erreichbaren geistigen Welten, vereinbar ist mit einem festen praktischen Stehen auf dem Boden der physischen Wirklichkeit. Im Grunde genommen ist Novalis niemals in argen Konflikt gekommen mit den doch ganz konservativen Traditionen, in deren Kreisen seine Familie lebte, wobei namentlich zu bercksichtigen ist, da in dieser Familie immer eine freie Empfnglichkeit fr alles Edle und Gute vorhanden war, auch wenn es als ein zunchst Unbekanntes den Leuten entgegentreten mochte. Wenn wir die Biographie von Novalis studieren - sie ist selbst ein Kunstwerk - und sie auf uns wirken lassen, so erscheint uns der Vater als eine dem Praktischen zugewendete Natur. Novalis wurde eigentlich dem brgerlichen Leben nach fr einen ganz praktischen Beruf ausgebildet, fr den notwendig war die Kenntnis der Jurisprudenz und der Mathematik. Er wurde Bergingenieur. Es ist hier nicht der Ort, auszufhren, wie er gerade in diesem Berufe ein Entzcken war fr die, bei denen er praktizierte. Es ist hier auch nicht die Zeit, zu zeigen, wie die mathematisch-physikalischen Wissenschaften, welche die Grundlagen zu diesem Berufe bildeten, nicht nur in aller Theorie und Praxis vllig von ihm beherrscht wurden, sondern wie er vor allem ein tchtiger Mathematiker war. Vor allem wichtig ist es, was Novalis als spirituelle Wesenheit von der Mathematik an der inneren Gliederung seines Wesens erzielte. Wenn Mathematik im einzelnen zeigt, wie sie geeignet macht zu einem Erheben in ein reines sinnlichkeitsfreies Denken, so haben wir, wenn es sich darum handelt, auf ein Musterbeispiel hinzuweisen, ein solches hier bei Novalis, wo die uere Beobachtung nicht mitspricht. Ihm wurde das Leben in den Vorstellungen der Mathematik zu einem groen Gedicht, das ihn mit Entzcken erfllte, so da seine Seele sich erhht empfand, wenn er sich vertiefte in die Zahlen und Gren. Sie wurde fr ihn der Ausdruck des gttlichen Schaffens, des gttlichen Gedankens, wie er in den Kraftrichtungen und Kraftmaen in den Raum hineinblitzt und sich da kristallisiert. Mathematik wurde fr sein Gemt der Weg zu dem Wrmsten, der Weg zum spirituellen Leben, whrend sie fr die vielen Menschen, welche sie nur von auen kennen, immer etwas Kaltes bleibt. Das ist um so bedeutsamer, als uns bei Novalis diese Spiritualitt in einer Zartheit und Feinheit entgegentritt wie kaum bei irgendeinem anderen der bedeutendsten Geister. Novalis war ein Zeitgenosse von Goethe. Man darf aber das, was Novalis an Spirituellem in sich hatte, nicht auf gleiche Stufe stellen mit dem, was Goethe davon hatte. Goethe hatte es durch einen regelrechten, aus den hheren Welten geleiteten Gang einer Initiation bis zu einer bestimmten Stufe hin. Novalis dagegen lebte ein Leben, das man am besten bezeichnen kann, indem man sagt: Dieser junge Mann, der mit neunundzwanzig Jahren den physischen Plan verlassen hat und der dem deutschen Geiste mehr gegeben hat als hundert und tausend andere, er hat ein Leben gelebt, das eigentlich die Erinnerung war an ein vorhergehendes. Durch ein ganz bestimmtes Ereignis wurden die spirituellen Erlebnisse frherer Inkarnationen herausgetrieben, stellten sich vor die Seele hin und flssen in zarten, rhythmisch wogenden Gedichten aus dieser Seele heraus. So knnen wir sehen, da Novalis es verstanden hat, wie der Mensch mit seiner Seele in eine hhere Welt hineingehoben werden kann. Fr Novalis gab es die Mglichkeit, zu sehen, wie das wache Tagesleben mit seinem alltglichen Bewutsein nur ein Ausschnitt ist im gegenwrtigen Menschheitsleben, und wie jede Seele, die des Abends fr die uere Tageswahrnehmung untertaucht in Unbe-wutheit, in Wahrheit untertaucht in die spirituelle Welt. Er war fhig, tief zu empfinden, zu wissen, da in jenen spirituellen Welten, in welche die Seele des Nachts untertaucht, die hhere spirituelle Realitt ist, da der Tag mit allen Eindrcken, selbst mit den Eindrcken von Sonne und Licht, nur ein Ausschnitt der ganzen spirituellen Wirklichkeit ist. Und die Sterne, die das Licht des Tages wie verstohlen herniedersenden whrend der Nacht, erschienen ihm nur wie ein schwaches Leuchten, whrend ihm die Wahrheit gerade des Spirituellen aufging in dem Bewutsein, das dem Seher aufleuchtet in dem blendenden, hellen astralischen Licht, wenn er in die Nacht hinein sich im Geiste zu versetzen in der Lage ist. So gehen denn die Welten der Nacht, die wahren spirituellen Welten vor Novalis auf, und so wird ihm die Nacht unter diesem Gesichtspunkte wertvoll. Wodurch kam es, da eine solche Erinnerung an frhere Inkarnationen bei ihm herauskam? Wodurch kam es, da die Erlebnisse der okkulten Welt, die wir heute in der okkulten Erkenntnis darstellen knnen, bei ihm so einzigartig auftauchen konnten? Ihm hatte das Leben losgebunden von der Seele die in ihr schlummernden Weis-tmer frherer Inkarnationen. Man mu das Ereignis, da diese spirituellen Erlebnisse herausgeholt hatte aus dieser Seele, selbst in das Licht einer spirituellen Betrachtung rcken, wenn man es verstehen will. Nur kindlicher Unverstand knnte dieses Ereignis in eine Linie stellen mit der Begegnung Goethes und Friederikes zu Sesenheim. Recht grobklotzig nimmt sich ein solcher Vergleich aus. Whrend seines Aufenthaltes in Grningen lernte er ein dreizehnjhriges Mdchen kennen. Und Geheimnisse der Seele spielen sich ab, die man niemals, ohne die Zartheit der Seele zu verletzen, ein Liebesverhltnis nennen darf. Im Grunde genommen haben wir in Sophie von Khn - so hie dieses Mdchen - etwas wie ein aus dem Leben verscheidendes Wesen. Sie wurde ja sehr bald krank und starb auch bald darauf. Indem sich der Geist losrang in Sophie von Khn, ringen sich los in Novalis' eigenem Innenleben die inneren spirituellen Fhigkeiten. Vielleicht knnte Ihnen, wenn man sich berhaupt darauf einlt, in keinem anderen Falle die Unfhigkeit einer an die uere Erfahrung gebundenen Denkweise so sehr vor Augen treten als bei dem, was wir erleben muten an der Beurteilung dieses Verhltnis- ses, das nur erkannt werden kann, wenn man es ganz in seiner Spiritualitt zu erkennen vermag, durch unsere heutige materielle Zeit. Leute, die sagen, die Wissenschaft msse sich auf die Dokumente sttzen, sie msse das positiv auf dem physischen Plan Erfabare vor allem ins Feld fhren, solche Naturwissenschafter, welche die recht verzerrte Seite, die zur Farce gewordene Seite der Naturwissenschaft darstellen, haben es uns erleben lassen, da sie glaubten, aus den Dokumenten darlegen zu knnen, da im Grunde Novalis in Grningen einer Illusion anheimgefallen sei. Schn wre die Poesie - so sagen sie -, aber schauen wir uns die Dokumente an, schauen wir uns an, was der Herr von Rockenthien war, bei dem Sophie von Khn lebte! - Und schauen wir uns - so sagt einer der Novaliskenner - einige Briefchen an, die Sophie von Khn an Novalis geschrieben hat. Sophie von Khn machte nicht nur in jeder Zeile, sondern fast in jedem Wort einen orthographischen Fehler! -Und Novalis wre einer groen Tuschung zum Opfer gefallen. In Jena, wo sie im letzten Jahre untergebracht war, sah sie auch Goethe - und einen tiefen Eindruck machte sie auf Goethe! Wer nicht begreifen kann, da diese einzigartigen Worte Goethes darber mehr wert sind als alle Dokumente, die man aufstbern kann -da alle Dokumente lgen knnen -, wer, wenn er mit einem Beweis etwas zeigen will, nicht daran denkt, auch den Gegenbeweis zu erbringen, dem ist nicht zu helfen trotz all seiner Wissenschaft. Was war dieses Ereignis fr Novalis? Sophie von Khn starb, und Novalis lebte sich etwa in die Stimmung ein: Ich sterbe ihr nach! -Niemals war er von da an in seiner Seele getrennt von ihr. Ausgegossen war aus der Seele der verstorbenen Sophie von Khn die Kraft, die ihm in der eigenen Seele die Erfahrung der Nacht vermittelte, und auf gingen ihm die groen Erlebnisse, wie er sie in seinen Dichtungen dargestellt hat. Noch einmal kreuzte ein weibliches Wesen seinen Weg: Julie von Charpentier. Sie aber war ihm nur das irdische Symbolum fr die Seele der verstorbenen Sophie von Khn. Losgelst waren aus seiner Seele die Weistmer, die er in die Hymnen an die Nacht hineingegossen hat, nur durch diesen ersten Seelenbund. Hier trug Marie von Sivers (Marie Steiner) die erste und die zweite Hymne vor. So weit fhrt uns das Gedicht ein in die Welten, in denen als ein Geist Novalis lebte, wenn er innerhalb seiner Erfahrung der ewigen Weistmer war. Sie werden schon fter gehrt haben, da solches Aufsteigen in die hheren Welten verknpft ist mit einem Eindringen in noch andere Geheimnisse des Daseins. Daher mute auch sein Blick zurckschweifen in die Zeiten urferner Vergangenheit, wo das, was jetzt in der Welt lebt, noch im Sche der Gottheit war und noch nicht heruntergestiegen war in den irdischen Leib. Als die Seelen der Naturreiche noch in der reinen Geistigkeit lebten, die nur in der astrali-schen Welt zu erreichen war, da trug sich zu, was sich in gewaltigen Bildern Novalis dem Seher enthllte, als er den Blick rckwrts wandte. Er sah die Zeit, wo die Seelen der Pflanzen, der Tiere und der Menschen noch Genossen von gttlichen Wesenheiten waren, als jene Unterbrechung des Bewutseins noch nicht eingetreten war, die fr den Menschen auftaucht in dem Wechsel zwischen Nacht und Tag - und als noch nichts vorhanden war von jener Unterbrechung, die sich ausdrckt in den Worten Geburt und Tod. Alles Leben flo im Geistig-Seelischen dahin, und die Worte Geburt und Tod hatten noch keinen Sinn fr das Walten in der urfernen Vergangenheit. Da schlug ein in dieses Leben der Gtter und gttlichen Erdenwesen der Gedanke des Todes, und herunter in die irdische Welt ging die geistige. Verborgen wurden die Gtterwesen in irdische Leiber, verzaubert wurden die Gtterwesen in die Reiche der Mineralien, Pflanzen, Tiere. Aber wer fhig wird, wiederum zur spirituellen Welt zurckzugehen, der findet die Gtter in allen Erscheinungen; der lernt erkennen, da die Gtter vorher verbunden waren mit den Menschen, bevor irdisches Leben da war. Und er lernt, was das Leben der Seele ist, er lernt erkennen, da der Tag mit seinen Eindrcken ein schwacher Ausschnitt ist aus der groen Welt, deren Wesentliches die Dauer, die Ewigkeit ist. Und er lernt entzaubern, was in den Reichen der Natur schwebt. Das trat in Novalis' Seele ein, als er in seinem Ewigen mit der Seele seiner Sophie verbunden war - und ihr nachstarb. Und in diesem Nachsterben wurde der Geist lebendig. Da hatte er dieses Stirb und Werde erlebt, und da ging ihm auf, was er nennt seinen magischen Idealismus. Es folgte die Rezitation der vierten Hymne, ab Zeile 20, und des Anfangs der fnften Hymne. So konnte Novalis hineinschauen in die Zeiten, in denen die Gtter unter den Menschen waren, als alles geistig sich abspielte, als noch nicht die Geister und Seelen heruntergestiegen waren in irdische Leiber. So konnte er sehen den bergang: wie der Tod einschlug in die Welt, und wie der Mensch in jenen Zeiten den Tod darstellte in seiner irdischen Abschattung und wie er ihn durch Phantasie, durch Kunst zu verschnen suchte. Aber Rtsel blieb der Tod. Da trat etwas ein von universeller Bedeutung. Und Novalis konnte schauen die universelle Bedeutung dessen, was damals in der Welt geschah. Heruntergestiegen waren die Seelen der Reiche der Natur in die Welt. Vergessen war die Erinnerung an den geistigen Urgrund des Daseins, doch war geblieben eine besondere geistige Wesenheit in diesem universellen Mutterscho, aus dem alles heruntergestiegen war. Eine Wesenheit war vorlufig zurckgeblieben; sie hatte sich drobengehalten und nur vorlufig ihre Gabe der Gnade heruntergeschickt, um dann, wenn die Menschheit es am meisten brauchen wrde, selber herunterzusteigen in die irdische Sphre. Es war geblieben in der Sphre der Geistigkeit oben das Wesen des geistigen Lichtes, jenes Wesen, das sich hinter dem physischen Sonnenwesen verbarg. Es hlt sich in himmlischen Sphren und steigt herunter, wenn die Menschheit es braucht, auf da diese wieder hinaufgetragen werden knne in die geistigen Welten. Und es stieg herunter, als mit dem Mysterium von Golgatha der Christus in einem physischen Menschenleib erschien. Man begreift diesen Christus in seiner universellen Entfaltung, wenn man dasjenige, was in dem Jesus von Nazareth lebte, hinauf- verfolgt bis zu seinem geistigen Ursprung, bis zu jenem geistigen Lichte. Dann begreift man auch, wie dieses einbezogen war in dasjenige, was das unentrtselbare Rtsel des Todes war. Als ein sinnender Jngling erschien dem griechischen Geiste der Tod, als ein Rtsel, das nicht gelst werden konnte. Aber auch der Grieche erahnte, da das Rtsel, welches sich in der Seele dieses Jnglings birgt, seine Lsung gefunden hat mit dem Ereignis von Golgatha, da da das Leben den Sieg ber den Tod davongetragen hat, und da dadurch ein neuer Einschlag der Menschheit gegeben war. Das konnte Novalis schauen; und dadurch erhielt er den Mysterienglauben, das Mysterienwissen ber den Stern, der die alten magischen Weisen gefhrt hat. Da wurde ihm das ganze Wesen dessen klar, was der Christus-Tod bedeutet. Da enthllte sich ihm in der Nacht des Seelischen das Rtsel des Todes, das Rtsel des Christus. Da war es, da diese eigenartige Individualitt wissen lernte - durch ihre Erinnerung an die frheren Leben -, was der Christus, was das Ereignis von Golgatha fr die Welt bedeutete. Anschlieend rezitierte Marie von Sivers (Marie Steiner) den Schlu der fnften und die sechste Hymne. NOVALIS DER SEHER DAS WEIHNACHTSMYSTERIUM Berlin, 22. Dezember 1908 Von Zeit zu Zeit stehen immer wieder Menschen auf, welche dasjenige, was nun seit vielen Jahrhunderten von Tausenden und aber Tausenden im Herzen gefhlt, in der Seele empfunden wird, auch schauen. Nur derjenige, welcher mit dem lebt, was wir in unserer neueren Zeit durch die geheimwissenschaftlichen Einsichten uns erringen, der wei, da dieses von Tausenden und aber Tausenden Gefhlte von den Sehern jederzeit geschaut werden kann, da geschaut werden kann, was als Folge eingetreten ist des unsere ganze Ent-wickelung beleuchtenden Ereignisses von Golgatha. Durch dasjenige, was auf Golgatha geschehen ist, hat sich die ganze geistige Sphre unseres Erdkreises verndert. Und der Seher sieht seitdem, wenn nur sein inneres Auge durch jene Gefhle, die uns mit dem Ereignis von Golgatha verbinden knnen, ein wenig geffnet ist, die Folge dieses Ereignisses: die immerwhrende Anwesenheit der Christus-Macht, die seit jener Zeit dem geistigen Erdenumkreis einverleibt ist. Die anderen fhlen und empfinden, wenn sie sich hindurchringen durch die groen Wahrheiten und die gewaltigen Impulse der Verkndigung des Ereignisses von Golgatha, die Gewalt dieser Tatsache. Sie empfinden, da seit jener Zeit des Menschen Herz etwas anderes erleben kann als vorher auf der Erde; sie wissen, da etwas da ist, was vorher nicht in der gleichen Weise gefhlt werden konnte. Und der Seher sieht dieses. Ein solcher Seher, wie durch die Gnade der geistig-gttlichen Mchte, man mchte fast sagen, wie durch ein Wunder zum Seher berufen, ein solcher Seher war der deutsche Jngling-Dichter Novalis. Durch ein ihn tief erschtterndes Ereignis, das ihn wie mit einem Zauberschlage gelehrt hat die Beziehung zwischen Leben und Tod, wurde ihm das geistige Auge aufgetan, und ihm war neben dem groen Rckblick in die Vergangenheit der Erden- und Weltenzeiten auch vor dieses geistige Auge gerckt die Christus-Wesenheit. Er durfte von sich sagen gegenber dieser Christus-Wesenheit, da er zu denjenigen gehre, die mit ihrem geistigen Auge selbst gesehen haben, was sich enthllt, wenn sich der Stein hebt, und sichtbar wird diejenige Wesenheit, die fr unser Erdendasein den Beweis geliefert hat, da das Leben im Geistigen immerdar den Tod besiegt. Wir drfen - wie es schon geschehen ist - Novalis nicht eigentlich einen Menschen nennen, der ein Leben hatte, sondern etwas wie eine Erinnerung an ein frheres Leben. Mit seiner wie durch Gnade ihm verliehenen Einweihung ging ihm zu gleicher Zeit alles das auf, was er sich in frheren Inkarnationen errungen hatte; es war eigentlich nur eine groe Gabe der Zusammenfassung von Einsichten, die er in einem frheren Leben gehabt hatte. Und weil er den Rckblick hatte in jene Zeiten und mit geistigem Auge schauen konnte, durfte er sagen, da ihm unvergleichlich im Leben ist das groe Ereignis, da er in sich selbst entdeckt hatte, was der Christus ist. Es ist solch ein Erlebnis wie eine Wiederholung des Ereignisses von Damaskus, wo Paulus, der bis dahin die Anhnger des Christus Jesus verfolgt und nicht ihrer Verkndigung gehorcht hatte, durch hheres Schauen den unmittelbaren Beweis erhielt, da Er da ist und lebt, da etwas geschehen ist durch das Ereignis von Golgatha, das einzig und allein dasteht in der ganzen Menschheitsentwickelung. So knnen die, welchen das Auge aufgetan ist, dieses Ereignis wiederholt sehen. Der Christus ist nicht blo in dem Leibe dagewesen, in dem er gewohnt hat. Er ist mit der Erde verbunden geblieben; die Sonnenkraft hat sich durch ihn mit der Erde verbunden. Einzig nennt Novalis daher die Offenbarung, die er erhalten hat, und er nennt diejenigen Menschen allein im Grunde wirkliche Menschen, die mit ihrer ganzen Seele an diesem Ereignis teilnehmen wollen. Er sagt mit Recht, da auch das geistig herrliche alte Indien zum Christus sich bekennen wrde, wenn es diesen Christus erst erkennen wrde. Und er sagt aus seiner Erkenntnis heraus, nicht aus seiner Ahnung, nicht aus blindem Glauben, sondern aus seiner Erkenntnis heraus, da der Christus, den er geistig geschaut hat, dasselbe ist, was alle Wesen als eine Kraft durchdringt. Und das Auge kommt dahin, diese Kraft zu erkennen, wenn diese Kraft in ihm wirkt. Das Auge, das den Christus schaut, ist von der Christus-Kraft gebildet. Christus-Kraft im Auge schaut den Christus auer dem Auge. Ein wunderbar groes und gewaltiges Wort! Und auch jenen gewaltigen Zusammenhang erkennt Novalis, da dasjenige, was wir den Christus nennen, seit dem Ereignis von Golgatha der planetarische Geist der Erde ist, der Erdengeist, der immer mehr und mehr den Erdenleib umgestalten wird. Und ein wunderbarer Ausblick erffnet sich dem Novalis in die Zukunft: Er sieht die Erde umgestaltet; er sieht die heutige Erde, die noch die Reste alter Zeiten in sich enthlt, umgestaltet zum Leibe Christi; er sieht alles, was an Flssigkeiten in der Erde fliet, durchdrungen von dem Blute des Christus, und er sieht alles, was an Felsen in der Erde ist, als das Fleisch des Christus. Er sieht allmhlich bergehen den Leib der Erde in den Leib des Christus. Und in einem wundersamen Zusammenwirken stellt sich ihm dar das Eins-Gewordensein alles dessen, was Erde und Christus ist: die Erde in der Zukunft als ein groer Organismus, in dem der Mensch eingebettet sein wird und dessen Seele der Christus ist. Von diesem Gesichtspunkte aus nennt Novalis tief aus seiner Empfindung der geheimwissenschaftlichen Erkenntnis heraus den Christus den Menschensohn. So wie die Menschen in gewissem Sinne die Gttershne sind, das heit die Shne der alten Gtter, die uns unseren Planeten zurechtgezimmert haben durch Jahrmillionen und Jahrmillionen, die uns die Huser gebaut haben, in denen wir wohnen, und den Boden, auf dem wir herumgehen, so wird der Mensch aus sich selber heraus, mit berwindung des Irdischen, eine Erde aufzubauen haben, die der Leib des neuen Gottes, des zuknftigen Gottes sein wird. Und wenn alte Zeiten zurckgeschaut haben zu den uralt-heiligen Gttern, vereinigt sein wollten im Tode mit ihnen, so erkennt Novalis den Gott, der da einstmals tragen wird zu seinem Leib alles das, was unser Bestes ist, und was wir hinopfern knnen zu dem Leibe des Christus. Er erkennt in dem Christus dasjenige, dem sich die Menschheit hinopfert, damit es einen Leib habe. Er erkennt darin in dem hheren kosmologischen Sinne den Menschensohn. Er nennt den Christus den Gott der Zukunft. Das alles sind Empfindungen so bedeutsamer Art, da sie wohl geeignet sind, unsere Seele in die rechte Weihnachtsstimmung zu bringen. Und so lassen wir denn ihn, der da ein Leben gelebt hat am Ende des 18. Jahrhunderts, ein kurzes Leben, der da mit neunundzwanzig Jahren gestorben ist, lassen wir ihn jetzt seine Empfindungen schildern, wie sie sich in seinem Leben angegliedert haben an das grte Ereignis seines Lebens: an die einmalige groe Einschau in die Christus-Wesenheit. Hier trug Marie von Sivers (Marie Steiner) das Gedicht Wenn alle untreu werden ... aus den Geistlichen Liedern vor. Es ist noch nicht lange her, da der Weihnachtsbaum das Symbo-lum des Weihnachts-Christfestes ist. Noch nicht wird man ein Gedicht auf den Weihnachtsbaum bei einem Dichter finden, wie es zum Beispiel Schiller ist, der zweifellos die Poesie des Weihnachtsbaumes htte empfinden mssen, wenn es ihn damals schon gegeben htte, und dem es nicht schwer gefallen sein wrde, ein Gedicht auf den Weihnachtsbaum zu finden. Es gab den Weihnachtsbaum damals noch nicht in unserer Form. Er ist eine junge Schpfung. In anderer Weise haben vorher die Menschen dieses Fest gefeiert, und so weit wir zurckschauen knnen in den Lauf der Zeiten, wir werden, solange Menschen in ihrer gegenwrtigen Gestalt oder in der Anlage zu der gegenwrtigen Gestalt in Betracht kommen, so etwas wie das Weihnachtsfest berall finden. Wir werden es finden in den breiten Volksmassen berall, wir werden es finden bis in die Hhen der Mysterien hinauf in immer neuen Formen. Gerade die Tatsache, da das Christfest uralt und unser gegenwrtiges Symbolum dafr so neu ist, zeigt uns, da etwas Ewiges mit diesem Fest verbunden ist, aber ein solches Ewiges, da immer neue und neue Gestalten aus seinem Scho hervortreibt. Wahrlich, so alt die Menschheit auf der Erde ist, so alt ist das Christfest, so alt sind Empfindungen, die mit diesem Fest symbolisiert werden. Aber immer wird die Menschheit die Kraft haben, in neuen, verjngten Symbolen, wie sie den Zeiten angemessen sind, einen ueren Aus- druck fr dieses Fest zu haben. Wie sich die Natur alljhrlich verjngt, die ewigen Krfte derselben in immer neuen und neuen Formen aus ihr hervorsprieen, so verjngen sich die Symbole fr die Weihnachtsandacht immer wieder und zeigen damit gerade das Ewige und das Stndige dieses Festes. Und so stehe denn heute einmal in dieser unserer feierlichen Weihnachtsstunde vor unserer Seele dasjenige, was sich ergeben kann, wenn wir den Weg durchmachen, der uns ein wenig zeigen kann, wie denn eigentlich die Menschen in der Zeit, die wir heute als unsere Weihnachtszeit feiern, empfunden haben. Weit, weit zurckgehen knnen wir, wie es uns als Schlern der Geisteswissenschaft angemessen ist, in urferne, vergangene Zeiten. Wir gehen zurck in jene Zeiten zunchst, in denen unsere Seelen verkrpert waren in alten atlantischen Leibern, in Leibern, die wenig noch unseren gegenwrtigen Leibern hnlich gesehen haben. Groe Lehrer der Menschheit gab es dazumal, die zu gleicher Zeit die Fhrer dieser Menschheit waren. Anders hat der Mensch dazumal in die Welt hineingeschaut. Es war nicht die helle Sonne des Tages, die in scharfen Konturen, in ausgeprgten Linien die Gestalten der ueren Gegenstnde, der Naturreiche ihm schon zeigte. Alles, was um den Menschen herum war, war wie in Nebel getaucht, nicht allein deshalb, weil ein groer Teil der atlantischen Welt auch uerlich mit Nebelmassen bedeckt war und das Sonnenlicht noch nicht wie spter durch den Nebel hindurchdringen konnte, sondern auch aus dem Grunde, weil des Menschen Wahrnehmungsvermgen noch nicht dahin gediehen war, uere Gegenstnde in deutlichen Umrissen zu sehen. Wenn der Mensch des Morgens aufwachte und die uere Welt, die Gottesnatur um sich herum wahrnehmen wollte, sah er nur verschwommen die Dinge, mit farbigen Rndern umgeben, und alles wie in Nebel getaucht. Und wenn er des Abends einschlief, schlief er hinein in eine geistige Welt. Nicht war es so, da Selbstvergessenheit und Unbewutheit sich um den Menschen herumlagerte, wie es heute der Fall ist, wenn der Mensch einschlft. Der Mensch sah in der atlantischen Zeit, wenn er schlief, die geistig-gttlichen Wesen, die seine Genossen waren. Um sich herum sah er alle jene Gestalten, die einmal Wirklichkeit waren fr den Menschen, die Erlebnisse waren fr den Menschen. Er sah auch alle diejenigen Gestalten, welche sich dann in der Erinnerung erhalten haben fr die verschiedensten Gegenden der Erde unter den verschiedensten Namen: Wotan, Thor, Baidur und so weiter nannten sie unsere Vorfahren in Mitteleuropa; Zeus, Pallas, Athene, Ares und so weiter nannten die Menschen im alten Griechenland jene gttlichgeistigen Gestalten, die einstmals ihre Seelen geschaut hatten in der alten Atlantis. Aber in der atlantischen Zeit waren die gttlichen Welten nicht mehr die ganz hohen schpferischen gttlichen Welten, aus deren Scho der Mensch einstmals hervorgegangen ist in der lemurischen Zeit. Unsere Seelen haben sich einst erhoben aus gttlichen Wesen, deren Herrlichkeit und Gre der Mensch heute nur ahnen kann. Dieselben gttlichen Wesen enthllten den Menschen aus ihrem Scho, sie haben hervorgehen lassen Weltenkugeln und alle Krfte, die um uns herum sind. Der Mensch war im Sche von gttlichen Wesenheiten, deren uerer Ausdruck uns von den Weltenkugeln herunterleuchtet, unter denjenigen Wesen, die wir sehen im Blitzezucken, im Donnerrollen, deren Ausdruck die Pflanzen und Tiere und fr welche die Kristalle Sinnesorgane sind. Alles, was wie Wrme an uns herandringt, was an Krften uns umspielt, ist Leib gttlich-geistiger Wesenheiten, und der Mensch ist entsprungen aus dem Scho dieser gttlich-geistigen Wesenheiten. Je mehr er herabstieg auf unsere Erde, je mehr er sich vereinigte mit den materiellen Substanzen, je mehr er sich eingliederte die Materie unserer Erde, desto geringer wurde sein Sehvermgen fr die groen Gtter. Whrend in Urzeiten, wo in dem Menschen noch kein sinnliches Erkenntnisvermgen war, wo er noch nicht aus Augen sehen und aus Ohren heraus hren konnte, wo auf und ab wogten Bilder in seiner Seele, welche die Bilder nicht von Mineralien, Tieren und Pflanzen waren, sondern von gttlich-geistigen Wesenheiten, die ber ihm standen, trat dann in spteren Zeiten der Mensch immer mehr und mehr heraus auf den physischen Plan, lernte durch die ueren Sinnesorgane den physischen Plan kennen. Es war in der atlanti- sehen Zeit wie eine Abwechslung zwischen dem Sehen auf dem physischen Plan und einem alten Hellsehen vorhanden, das wie ein Rest zurckgeblieben war von der alten geistigen Herrlichkeit, in der der Mensch einst gelebt hat. Gegenber den ganz hohen Gttern waren es niedere Gtter, die der Mensch noch wahrnehmen konnte auf dem astralischen Plan, wenn er in der Nacht die Seligkeit geno, ein geistiges Wesen unter geistigen Wesen zu sein. Je heller der physische Plan wurde, desto weniger vermochte der Mensch auf den geistigen Planen zu sehen. Aber es hatte der Mensch in der alten atlantischen Zeit Eingeweihte. Diese Eingeweihten der alten Atlantis konnten neben den tieferen Lehren von den alten Gttern, aus deren Scho der Mensch entsprungen ist, schon einiges vorherverkndigen. Vorherverkndigen konnten sie den Menschen, da es etwas gibt in der Welt, was so anzusehen ist, da man es etwa durch folgenden Vergleich klarmachen kann: Sieh dir an einen Pflanzenkeim; sieh dir an, wie dieser Pflanzenkeim zur Pflanze sich entwickelt. Er wchst, er treibt Bltter, Kelchbltter, Blte und die Frucht. Wer so vor der Pflanze steht, der kann sich sagen: Ich blicke zurck auf den Pflanzenkeim; er ist der Schpfer der Bltter und der Blte, die vor mir stehen, und diese Blte birgt etwas in sich; diese Blte birgt den Keim zu einer neuen Pflanze in sich, zu einem neuen Keim formt sich die Blte. Und so, wie man in die Zukunft der Pflanze sehen kann und zurckblicken in deren Vergangenheit, so konnten die groen atlantischen Eingeweihten sagen zu ihren Schlern, und durch die Stimme der Schler zum ganzen Volke sprechen: Zurck knnt ihr blicken zu den Gtterkeimen in der Welt, aus deren Scho die Menschen entsprungen sind. Was ihr um euch herum seht, Geistiges und Physisches, das alles sind Bltter, die hervorgesprossen sind aus den alten Gtterkeimen. Schaut in ihnen die Krfte dieser alten Gtterkeime, wie man in den Pflanzenblttern schauen kann die Kraft des Keimes, aus dem die Pflanze entsprungen ist. Aber wir vermgen auf noch etwas anderes hinzuweisen: In der Zukunft wird etwas sich ausbreiten um den Menschen herum, was da sein wird wie die Blte der Pflanze, was allerdings ein Ergebnis ist der alten Gtter, aber was in sich enthlt einen Keim, wie die Blte einen Keim enthlt und reif macht, einen Keim, der in sich entfaltet die neue Gottheit. - Da die Welt von Gttern geboren ist, das war die alte Lehre; da die Welt einen Gott gebren wird, den groen Gott der Zukunft, das war die groe Prophetie der atlantischen Eingeweihten an ihre Schler, und damit auch an die Vlker. Denn das war das Eigenartige der atlantischen Eingeweihten, da sie wie alle Eingeweihten die groen Ereignisse der Zukunft sahen. Sie sahen hinber ber die groe atlantische Flut, hinber ber das groe Ereignis, das die Lnder der Erde umgestaltete. Sie sahen hinter der atlantischen Zeit alle die Kulturen, die hervorsprieen werden in der spteren Zeit; sie sahen hin auf das Land der heiligen Rishis, auf das Land Zarathustras, auf die Kultur des alten gypten, die durch Hermes begrndet wurde, auf die Vorherverkndigung des Moses; hin sahen sie auf das glckliche Griechenland, auf das starke Rom, bis auf unsere Zeit; und weiter in die Zukunft hinein. Und Hoffnung war es, was sie ihren intimen Schlern einprgten. Sagen konnten sie ihnen dieses: Wohl mt ihr verlassen alle die Gefilde des geistigen Landes, in denen ihr jetzt seid. Wohl mt ihr euch hineinverstricken in die Materie, wohl mt ihr euch ganz und gar umkleiden mit den Kleidern, die aus dem physischen Stoffe genommen sind. Eine Zeit wird kommen, wo ihr arbeiten mt auf dem physischen Plan, wo euch wie entschwunden erscheinen werden die heiligen alten Gtter. Aber hinblicken mget ihr dahin, wo euch aufgehen kann der neue Stern, wo entsprieen kann der neue Keim, der zuknftige Gott, der sich aufbewahrt hat durch die Zeiten hindurch, um zur rechten Zeit zu erscheinen in der Menschheit! Und wenn die atlantischen Eingeweihten ihren Schlern und damit dem ganzen Volke sagen wollten, warum man heruntersteige in das irdische Tal, dann machten sie sie aufmerksam, da einstmals von allen Seelen erlebt und gesehen werden wird Er, der da kommen wird, den sie jetzt noch nicht schauen konnten, weil er in solcher Region war, da ihn das Auge nicht sehen konnte, das physische Auge nicht, aber auch das geistige Auge nicht mehr, das ihn einstmals gesehen hat, als der Mensch noch im Sche der Gtter ruhte. Und die atlantische Flut kam. Das Antlitz der Erde wurde verndert. Ganz anders schaute es aus nach einiger Zeit. Nach der groen Vlkerwanderung von dem Westen nach dem Osten entstanden die groen nachatlantischen Kulturen, als erste die Kultur des alten heiligen Indiens. Die Lehrer des alten Indien, die sieben heiligen Rishis, lehrten ihre Schler, und damit das ganze indische Volk, da es eine geistige Welt gbe; denn das indische Volk brauchte die Lehre von der geistigen Welt. Es war herausversetzt ganz auf den physischen Plan, und whrend des Lebens auf dem physischen Plan konnten die Augen nur sehen die uere Gestalt der physischen Welt, als den Ausdruck des Geistigen, nicht aber das Geistige selbst. Aber in der Seele eines jeden solchen Inders war etwas vorhanden, was man nennen kann eine dunkle Erinnerung an das, was einst die Seele unter Gttern in der alten Atlantis erlebt hatte. Diese Erinnerung weckte eine Sehnsucht, und diese Sehnsucht war so stark, da die indischen Seelen kein intimes Verhltnis eingehen konnten mit dem physischen Plan, so da ihnen der physische Plan erschien als Maja, als Illusion, als ein Unwirkliches, und da die Sehnsucht immer noch nach dem Verlorenen hin ging. Die Seelen htten es nicht ausgehalten auf dem physischen Plan, wenn nicht die mit dem Geiste durchsetzten Rishis htten verkndigen knnen die Lehre von der Herrlichkeit der alten Welt, die die Menschen verloren haben. So konnten die heiligen Rishis die Lehren von dem Kosmos verknden, die heute nur noch wenig verstanden werden, die Lehre einer Weisheit der Vorzeit, weil sie eingeweiht waren in das, was der Mensch erlebt hatte, als er noch im Sche der Gtter war. Der Mensch war ja dabei, als die Gtter die Sonne von der Erde abspalteten, als sie den Weltenkugeln ihren Weg anwiesen; er hatte es nur vergessen whrend seiner spteren Erdenwanderung. Diese Weisheit wurde von den Rishis gelehrt, aber auch noch etwas anderes. Es wurde gelehrt fr die, welche schon eine Empfindung dafr entwickeln konnten - und das waren gerade die Vorgeschrittensten -, da aus dieser Welt, in die der Mensch jetzt herausversetzt war, die ihm jetzt als Illusion und Maja erscheint, ersprieen wird derjenige, der jetzt noch nicht geschaut werden kann in dieser Welt, weil die Seele des Menschen noch nicht so weit ist, die Kraft zu entwickeln, um dieses Wesen zu erkennen, da Er aber erscheinen wird, Er, von dem die Rishis sagten, er sei jenseits ihrer, Vicva karman. So war das Wesen genannt, das die alten Lehrer Indiens als den groen Geist der Zukunft verkndeten. Ihr knnt ihn noch nicht sehen - so wurde dem indischen Volke verkndet -, wie ihr in der Blte noch nicht den Keim der Frucht sehen knnt. Aber so wahr wie die Blte den Keim der Frucht enthlt, so wahr entwickelt Maja den Keim dessen, was das Leben der physischen Welt lebenswert machen wird. - Und was man spter den Christus nannte, die indischen Lehrer verkndeten ihn im voraus, sie waren seine bescheidenen Propheten. Nach zwei Richtungen schauten sie: zurck in die Welt der uralten Weisheit, nach deren Plan die Welt gestaltet worden ist, und vorwrts schauten sie, und den Alltagsmenschen verkndeten sie, da Einer kommen werde, der in die Menschenherzen einziehen und alle Menschenhnde regen soll. Es gab keine Zeit, wo Er nicht verkndigt worden ist, solange Menschenkultur und Menschensinn in Betracht kommen. Wenn die Spteren die Verkndigung vergessen haben, so ist das nicht die Schuld der groen Lehrer der Menschheit. Dann kam die uralte persische Kultur, deren Fhrer der Zarathu-stra war. Zarathustra konnte schon seinen intimen Schlern und damit seinem Volke sagen, da in all dem, was den Menschen umgibt, in dem, was als Kraft von der Sonne zu uns dringt, was von den anderen, zu unserem Erdensystem gehrigen Sternen kommt, da in allem, was den Luftraum erfllt, eine Wesenheit lebt, die sich aber jetzt nur noch in verhllter Gestalt dem Menschen zeigt. Seinen Eingeweihten konnte Zarathustra sprechen von der groen Sonnenaura, Ahura Mazdao, von dem guten Gotte. Und er sagte etwas zu seinen Schlern, was man etwa wieder durch folgenden Vergleich klarmachen knnte: Seht euch einmal die Pflanze an. Aus dem Keim entsteht sie, Bltter entwickelt sie nach allen Seiten, die Blte entwickelt sie, aber es ist so, wie wenn ein Geheimnisvolles sich durch die ganze Pflanze durchzieht und im Mittelpunkt der Blte als der neue Keim erscheint. Abfallen wird das, was ringsherum ist; aber die innerste Kraft, die ihr im Inneren der Blte sehen knnt, die ist es, von der ihr schon ahnen knnt, da eine neue Pflanze aus der alten entstehen knnte. Wenn ihr die Kraft des Sonnenlichtes betrachtet, und wenn ihr dieses Sonnenlicht so empfindet, da ihr in ihm nur den physischen Ausdruck eines Geistigen erblickt und euch von der geistigen Sonnenkraft inspirieren lat, dann wird euch aufgehen die Vorherverkndigung der gttlichen Frucht, die aus der Erde geboren werden soll! Und wenn diese intimen Schler weiter und weiter vorgerckt waren, dann konnten sie wohl auch in bestimmten Zeiten teilnehmen an geheimeren Lehren, und Zarathustra konnte ihnen in weihevoller Stunde das Bild malen von Einem, der da kommen wird, wenn die Menschen so weit sind, da sie in ihrer Mitte verstndnisvoll empfangen knnen diesen Einen. Gewaltige Bilder dieses Zuknftigen stellte Zarathustra vor seine Schler hin. Einem konnte er das Bild zeigen und einem zweiten konnte er eine Art von Abglanz davon zeigen; die anderen konnten nur in einem umfassenden Bilde das, was in der Zukunft geschehen soll, empfangen. So war es also auch in der alten persischen Kultur, in der Zara-thustra-Kultur, da vorherverkndet wurde derjenige, welcher spter der Christus genannt wurde. Und es war auch in der gyptischen Kultur so. Auch Hermes hat seinen gyptischen Eingeweihten und damit dem ganzen gyptischen Volke in einer gewissen Weise den Christus vorherverkndigt. Ein Abglanz dieser Christus-Vorherverkndigung kann uns erscheinen in der Osiris-Sage. Was wurde denn mit der Osiris-Sage den Menschen klargemacht ? Die Osiris-Sage erzhlt ja folgendes: Einst, in alten Zeiten, herrschte zum Glck seines Volkes Osiris im gypterlande, treu vereint mit seiner Gattin Isis. Da machte sich der bse Bruder Set oder Typhon daran, den Osiris zu verderben. Er formte dazu einen Kasten und warf ihn, mit dem Osiris darin, in das Meer hinaus. Isis fand zwar den Kasten wieder, aber sie konnte es nicht dahin bringen, da Osiris wieder auf der Erde lebte. Er wurde in hhere Regionen entrckt, und sehen knnen ihn seitdem die Menschen nur, wenn sie durch das Tor des Todes durchgegangen sind. Jedem gypter wurde klargemacht: Du kannst nach dem Tode so mit dem Osiris vereint sein, wie deine Hand mit deiner Seele vereint ist. Du kannst einst ein Glied des Osiris sein, ihn dein hheres Ich nennen, aber nur dann, wenn du es dir auf dem physischen Plane verdient hast. Mit dem Gotte, den du deinen hchsten nennst, kannst du nach dem Tode vereinigt sein. Dem Eingeweihten konnte man noch etwas anderes zeigen: Wenn er durchgemacht hatte alle die Erprobungen und Prfungen, alle die Lehren, die man durchzumachen hat, um in die hheren Welten hineinzuschauen, dann wurde dem Eingeweihten schon whrend des physischen Lebens, schon im Leben zwischen Geburt und Tod selber das Bild des Osiris gezeigt. Was dem anderen Menschen entgegentrat, wenn er durch die Pforte des Todes geschritten war und womit er sich vereinigt fhlen sollte, das trat dem Geheimschler der gyptischen Eingeweihten entgegen, wenn er auer dem Leibe war, nachdem sein therleib, sein astralischer Leib und sein Ich aus dem physischen Leibe herausgeholt waren. Dann konnte derjenige, der das geschaut hatte, der den Osiris schon bei Lebzeiten geschaut hatte, den anderen verkndigen, da der Osiris lebt. Aber niemals hat man im alten gypten verknden knnen: Der Osiris lebt unter uns! - Man hat das gerade in der Sage dadurch ausgedrckt, da man sagte: Osiris ist ein Knig, der niemals auf der Erde gesehen worden ist. - Denn der Kasten ist nichts anderes als der physische Leib. In dem Augenblicke, wo der Osiris in den physischen Leib gelegt wird, machen sich die feindlichen Krfte der physischen Welt, die noch nicht reif ist, den Gott in sich aufzunehmen, so stark geltend, da sie den Gott verderben. Die physische Welt ist noch nicht reif, den Gott, mit dem der Mensch eins werden soll, aufzunehmen. Aber wenn wir euch sagen - so sprachen die, welche persnlich Zeugnis ablegen konnten, da der Osiris lebt, mit dem der Mensch eins werden soll seiner inneren Wesenheit nach -, wenn wir euch sagen, da der Gott lebt: sehen kann ihn nur der Eingeweihte, wenn er die physische Welt verlt. Es lebt der Gott, mit dem der Mensch einstens eins werden soll, aber nur in der geistigen Welt. Nur wer die physische Welt verlt, der kann mit dem Gotte vereinigt sein! Dabei war es so, da die Menschen die physische Welt immer lieber und lieber gewannen; denn es war ihre Aufgabe, in der physischen Welt zu wirken und Kultur auf Kultur in der physischen Welt herbeizufhren. In demselben Mae, in dem die Augen klarer hinausschauten, in dem der Verstand besser einsehen konnte, was in der physischen Welt geschah, in demselben Mae, wie der Mensch in die Lage kam, immer mehr zu wissen und Entdeckungen und Erfindungen machte in der physischen Welt, durch die er sich das physische Leben erleichterte, in demselben Mae wurde es ihm immer schwerer, zwischen Geburt und Tod drben in der geistigen Welt zu schauen. So konnte er zwar von den Eingeweihten hren, da der Gott lebt, mit dem er sich vereinigen wird, aber er konnte wenig mitnehmen aus dieser Welt, was ihm das Mitleben des Osiris in der anderen Welt klar und deutlich htte machen knnen. Immer mehr und mehr verdunkelte sich das Leben in der hheren Welt, so da der Mensch nur noch vermuten konnte, da der Gott lebt, mit dem er eins werden sollte. Und es kam die griechische Welt, es kam das fr den physischen Plan glckliche Griechenland, in dem die Menschen fr den physischen Plan jene wunderbare Ehe zwischen dem Geist und der Materie geschlossen haben. Wir schauen uns an die wunderherrlichen Werke des alten Griechenland, und wenn wir diese Werke vor uns auftauchen lassen, so werden wir ein Bild davon haben, wie die Menschen in dieser Zeit, wo sich das Ereignis von Golgatha abspielen sollte, zur geistigen Welt standen. Man kann es sich nicht denken, aber es ist doch wahr, da dem Hhepunkte in der Architektur, welcher der griechische Tempel ist, in den Beziehungen der Menschen zur geistigen Welt der tiefste Punkt entspricht. Wir denken uns, ein griechischer Tempel stnde vor uns. In seinen Formen, in seiner Geschlossenheit ist er der reinste und edelste Ausdruck des Geistigen, so da hier einmal gesagt werden konnte, der Gott selber wohne in dem griechischen Tempel. Er war darinnen gegenwrtig. Denn die Linien, die in die Materie hineingeheim-nit waren, waren durchaus dem geistigen Weltenplane angemessen und jenen Linien angemessen, die als Raumesrichtungen den physi- sehen Plan durchziehen. Und es gibt keine reinere, schnere, edlere Durchdringung von Menschengeist mit der physischen Materie als es ein griechischer Tempel ist. Und daher gibt es auf dem physischen Plan auch keine andere Mglichkeit, als so zu durchdringen die hhere Gtterwelt mit der physischen Materie, wie es beim griechischen Tempel oder beim griechischen Kunstwerk berhaupt der Fall ist. Die Griechen haben es zustande gebracht, durch die Art, wie sie ihre Kunstwerke geschaffen haben, die Gtter der alten Zeit zu sich herabsteigen zu machen. Und haben die Griechen es auch nicht gesehen, wenn Zeus oder Pallas Athene heruntergestiegen sind - es waren doch die Gtter hineingebannt in diese Kunstwerke, die Gtter, unter denen die Menschen einst in der atlantischen Zeit gelebt haben und die sie gesehen haben. Die Menschen konnten den alten Gttern in den alten Zeiten eine herrliche Wohnsttte gewhren. Und nun sehen wir einmal, was in einer gewissen anderen Richtung der griechische Tempel darstellt. Denken Sie sich, das hellseherische Bewutsein stelle sich gegenber einem griechischen Tempel. Was jetzt gesagt wird, gilt auch gegenber den sprlichen berresten, die noch vorhanden sind von der griechischen Tempelwelt. Denken Sie sich, das hellseherische Bewutsein stnde gegenber einem solchen berrest, wie Sie ihn in dem Tempel von Paestum haben: Wonne und Seligkeit fr das Leben im physischen Leib kann man empfinden durch die Harmonie der Linien, die da die Sulen und die Bedachungen bilden. Alles ist von solcher Vollkommenheit, da in dem Physischen ein Gttliches vorgestellt und empfunden werden kann. In einem solchen Gefhl kann man leben, wenn man durch die Augen des physischen Leibes schaut diese Harmonie der griechischen Architektur. Und nun denken Sie sich das hellseherische Bewutsein hineinversetzt in die geistige Welt. Da ist es so, wie wenn sich etwas wie eine schwarze Wand vorziehen wrde vor das, was Sie sehen knnen in der physischen Welt, und wie ausgelscht ist das, was auf dem physischen Plan zu sehen ist. Nichts kann von diesen Wunderherrlichkeiten des physischen Planes mit hinbergenommen werden in die geistige Welt. Das Herrlichste des physischen Planes, wenn es nur so ist, lscht sich aus in der geistigen Welt. Und da begreifen wir, da es keine Legende ist, wenn einer derjenigen, die in Griechenland zu den Fhrern gehrt haben, von einem Eingeweihten angetroffen wurde in der anderen Welt, gesagt hat: Lieber ein Bettler sein in der Oberwelt, als ein Knig im Reiche der Schatten! - Gerade in Griechenland, wo man solche Wonnen erleben konnte in der physischen Welt, zogen die Seelen, wenn sie in die Welt des Todes eingingen, in ein dsteres, dunkles Schattenreich ein. Herrlich war der physische Plan geworden, aber in demselben Mae verdete die geistige Welt. Und nun vergleichen wir mit dem, was man bei dem griechischen Tempel empfinden kann, zwei andere Dinge: Stellen wir uns Raf-faels Gemlde Madonna di San Sisto oder Leonardo da Vincis Abendmahl vor! Stellen wir uns jene Bildwerke vor, die geschaffen worden sind nach dem Ereignis von Golgatha, und in die eingeflossen sind die Geheimnisse von Golgatha. Der Mensch kann Seligkeiten empfinden gegenber diesen Bildern, kann sich damit Wonnen in seine Seele gieen. Und das ist auch bei dem hellseherischen Bewutsein der Fall, wenn es auf dem physischen Plan durch seine Augen diese Bilder betrachtet. Wenn es sich jetzt hinausversetzt in die geistige Welt, da sagt es sich, obzwar es das Physische nicht mehr sieht: Was ich hinbernehme von dem, was ich bei diesen Bildern erlebe, das ist nicht nur ein Nachklang des Physischen, das sind nicht nur die Wonnen und Seligkeiten, die ich erlebt habe, als ich das alles gesehen habe, sondern jetzt geht mir erst alle die Herrlichkeit auf; ich habe da nur den Keim gelegt zu dem, was ich jetzt erlebe in grerer Herrlichkeit und grerer Glorie! - Man legt in der physischen Welt, wenn man solche Bilder betrachtet, wo die Geheimnisse von Golgatha hineingeflossen sind, nur den Keim zu einer greren Erkenntnis in der geistigen Welt. Und wodurch kann das alles geschehen? Dadurch kann es geschehen, da jene geistige Gewalt, die so lange vorherverkndet worden ist, wirklich auf der Erde erschienen ist, da die Menschheit so weit gekommen ist, da sie eine Blte entfalten konnte, innerhalb welcher der Keim des zuknftigen Gottes reifen konnte. Durch das Ereignis von Golgatha ist dem Erdendasein etwas mitgeteilt worden, das nicht nur mitge- nommen werden kann in die geistige Welt, sondern das in den geistigen Welten in einer hheren Glorie und hheren Seligkeit aufgeht, und der bedeutsamste Ausdruck ist eben der, der hier schon einmal charakterisiert werden durfte: In demselben Augenblick, als auf Golgatha der physische Leib des Christus Jesus starb, da erschien der Christus bei denen, die dazumal zwischen dem Tode und einer neuen Geburt waren. Er konnte ihnen zuerst verkndigen, was keiner der frheren Eingeweihten, wenn sie hinbergingen in die geistige Welt, verknden konnte. Wenn die frheren Eingeweihten - nehmen wir an der eleusini-schen Mysterien - von der diesseitigen Welt hinbergingen zu denen, die drben zwischen dem Tod und einer neuen Geburt waren, was htten die eleusinischen Eingeweihten denen da sagen knnen? Sie htten ihnen erzhlen knnen von den Ereignissen des physischen Planes; aber nur Sehnsucht und Wehmut htten sie in ihnen hervorgerufen. Denn die Menschen hatten sich ganz hineingebannt in den physischen Plan. Das Physische konnten sie aber drben nicht finden, wo alles finster und dster geworden war, und wo sich der, welcher drben auf dem physischen Plan ein groer Mensch war, so fhlte, da er sagen mute: Lieber ein Bettler sein in der Oberwelt, als ein Knig im Reiche der Schatten! - Nichts hatten die Eingeweihten, die denen, welche auf dem physischen Plan waren, so viel hatten bringen knnen, nichts hatten sie denen bringen knnen, die auf dem anderen Plan dazumal waren. Da geschah das Ereignis von Golgatha - und Christus erschien bei den Toten. Und das erste Mal konnte verkndet werden in der geistigen Welt ein Ereignis aus der physischen Welt, das den Anfang bildet fr ein Hinbergreifen von der physischen Welt in die geistige Welt. Wie ein Lichtstrahl zuckte es auf in den geistigen Welten, als der Christus in der Unterwelt erschien. Denn jetzt war es klar, da in der physischen Welt der Beweis geliefert worden war, da das Geistige immer den Tod besiegen kann. Von diesem Ereignis ging es aus, da man nun auch in der physischen Welt etwas zu erleben vermag, was man hinberbringen kann in die geistige Welt. Was man sagen konnte von anderen Dingen, die beeinflut worden sind von dem Ereignis von Golgatha, das finden Sie im Johannes-Evangelium und anderen Verkndigungen, die daran anknpfen. Wer das Johannes-Evangelium auf dem physischen Plan geniet, der erlebt die Seligkeit des Verstndnisses dieser groen Urkunde auf dem physischen Plan. Wer aber dann mit hellseherischem Bewutsein in die geistige Welt eintritt, der wei, da dasjenige, was er beim Johannes-Evangelium empfinden konnte, nur ein Vorgeschmack war von dem, was er jetzt einsaugen kann. Das ist das Bedeutsame dabei, da man jetzt von dem physischen Plan Schtze mit in die geistige Welt hinbernehmen kann. Immer heller und heller wurde es seitdem auf dem geistigen Plan. Alles, was in der physischen Welt vorhanden war, war hervorge-sprdssen aus der geistigen Welt. Ging man von der physischen Welt in die geistige Welt hinber, so konnte man sagen: Hier liegen die Ursachen von allem; und drben in der physischen Welt ist nur das, was hervorgesprossen ist aus der geistigen Welt. Da sind nur die Wirkungen, da ist nur der Widerschein aus der geistigen Welt. -Geht man seit dem Ereignis von Golgatha von der physischen Welt in die geistige, dann sagt man sich: Auch in der physischen Welt liegen Ursachen, und herber wirkt das, was erlebt wird durch das Ereignis von Golgatha auf dem physischen Plan, herber in die geistige Welt. So wird es immer mehr sein: alles Alte, was die Wirkung der alten Gtter ist, wird absterben, und was aufblhen wird, was sich hineinleben wird in die Zukunft, das sind die Wirkungen des Gottes der Zukunft. Das wird hinberleben in die geistige Welt. Es ist so, wie wenn man einen neuen Pflanzenkeim anschaut und sich sagt: Freilich ist er hervorgegangen aus einer alten Pflanze. Die alten Bltter und Blten sind abgefallen und verschwunden, und es ist jetzt der neue Pflanzenkeim da, der sich zur neuen Pflanze und zur neuen Blte entfalten wird. So leben auch wir in einer Welt, wo Bltter und Blten abfallen und Gtterkeime da sind. - Und immer mehr und mehr entfaltet sich die neue Frucht, die Christus-Frucht, und abfallen wird alles andere. Was hier in der physischen Welt erobert und erarbeitet wird, das wird von Wert sein fr die Zukunft, inso- weit es hineingetragen wird in die geistige Welt, und vor unserem geistigen Auge geht in der Zukunft eine Welt auf, die ihre Wurzeln in dem Physischen hat, wie einstmals unsere Welt ihre Wurzeln in der geistigen Welt hatte. Wie die Menschen die Shne der Gtter sind, so wird aus dem, was die Menschen in der physischen Welt durch die Erhebung zum Ereignisse von Golgatha erleben, der Leib gebildet der neuen Zukunftsgtter, deren Fhrer der Christus ist. So leben sich die alten Welten in die neuen Welten hinber dadurch, da das Alte ganz und gar abstirbt und das Neue aus dem Alten sprot und spriet. Das aber konnte fr die Menschen nur dadurch eintreten, da die Menschheit so weit reif war, da sie jener geistigen Wesenheit, die der Gott der Zukunft werden sollte, eine Blte entfaltete. Diese Blte, die da entfaltet werden konnte, die in sich aufnehmen konnte den Keim des zuknftigen Gottes, sie konnte nur eine dreifache Menschenhlle sein aus physischem Leib, therleib und astralischem Leib, die vorher durch alles das, was man auf der Erde erringen konnte, auf der Erde gelutert und gereinigt worden sind. Diese Hlle des Jesus von Nazareth, der sich hingeopfert hat, um den Christus-Keim zu empfangen, wie eine Blte, und diese Blte des Menschentums stellt dar das Reinste, den Extrakt von dem, was die Menschheit in ihrem geistigen Entwickelungstrieb hat hervorbringen knnen. Und die Menschen knnen sich sagen: Erst dann konnte der Keim des neuen Gottes erscheinen, als die Erde reif war, die schnste Blte hervorzubringen. - Und die Geburt dieser Blte war in Bethlehem; das ist uns in unserem Weihnachtsfest enthalten. In unserem Weihnachtsfest feiern wir die Geburt der Blte, die dann den Keim des Christus aufnehmen sollte. So ist denn das Weihnachtsfest tatschlich ein Fest, wodurch der Mensch zweifach schauen kann: in die Vergangenheit und in die Zukunft. Denn aus der Vergangenheit ist die Blte hervorgegangen, aus der sich der Keim fr die Zukunft entwickelt. Aus der alten Erde heraus ist die dreifache Hlle des Christus geworden. Aus dem Besten, was sich die Menschen haben erringen knnen, ist diese dreifache Hlle des Christus zusammengeflossen und geboren worden. Und es gibt keine uere Darstellung eines Mysteriums, die eigentlich zunchst einen gewaltigeren Eindruck auf uns machen knnte als die Darstellung gerade dieses Mysteriums: wie die schnste Blte der Menschheit aus dem reinsten Kelche entspringen konnte. Da die Menschheit einstmals geistig hervorgegangen ist aus dem Scho der Gottheit, gttlich-geistig war, und sich zur Materie verdichtet hat, wie kann man es schner darstellen als dadurch, da man zeigt, wie allmhlich das Geistige sich verdichtet, wie aus dem unbestimmten Dunkel des Geistigen der Mensch sich herausverdichtet hat! Erahnend und prophetisch stellt es der alte gypter dar als die einstmals lwenkpfige Gttin, die noch ganz vergeistigt war, noch aus der Zeit, da der Mensch wenig verdichtet ist, fast noch im Sche der Gottheit therisch-geistig ruht. Als nchste Gestalt, vorausnehmend die sptere Madonna di San Sisto, erscheint uns in der gyptischen Abbildung eine andere weibliche Gestalt: die Isis mit dem Horuskinde. Da sehen wir, wie dasjenige, was aus Wolken, das heit, aus dem Geistigen geboren war, sich verdichtet hat zum Kelche, zu dem, was den in die Zukunft hinein sich entwickelnden Menschen darstellen soll. Aber ins rein Geistige gehend, sehen wir diese Vorstellung, die schon von den Alten gekannt worden ist, in der Christus-Madonna mit dem Jesuskinde. Wunderbar zart und rein hat Raffael dieses Mysterium hingehaucht, indem er zeigt, wie aus geistigen Engelskpfen heraus sich verdichtet die Madonna - und wiederum hervorbringt die Blte, den Jesus von Nazareth, der den Christus-Keim aufnehmen soll. Die ganze Menschheitsevolution ist in wunderbarer Weise gerade in diesem Madonnenbilde enthalten. Nicht zu verwundern ist daher, da derjenige, der heute bei uns das erste Wort hatte, gerade der Madonna gegenber die schnste, die herrlichste Erinnerung hatte aus demjenigen Leben heraus, von dem sein diesmaliges Leben die Erinnerung war, aus der er aufkeimen lie in sich alle die schnen Gefhle, die herrlichen Empfindungen, die sich angliedern knnen an dieses ins Bild gebrachte Menschheitsmysterium, und da ihm diese Gefhle von da heraus zu der Christus-Gebrerin selber bergingen, zu derjenigen Gestalt, die den Keim, den Kelch hervorgebracht hat, aus dem die Blte entsprossen ist, die in sich den Keim des neuen Gottes reifen lassen konnte. Und so sehen wir, wie in diesem wunderbar begabten Novalis Gefhle schwingen, die frei aufgefat werden knnen von allem Hinschillern nach dieser oder jener Parteirichtung - gerade gegenber diesem heiligen Mysterium, das sich abspielt in der ersten christlichen Weihnacht und das immer wiederholt wird in jeder christlichen Weihnacht: jenes Mysterium, dem gegenber die alten Eingeweihten in der Gestalt der alten Magier ihre Opfer darbringen und dahin gehen, wo das neue Mysterium sich einlebte. Und sie opfern, die Weisen der alten Zeiten, geschmckt mit der Weisheit, die aus alten Zeiten kommt, sie opfern vor dem, was in die Zukunft hineingehen soll, was in sich bergen soll einstmals die Kraft in einem Menschen, die durch alle Welten zieht, die mit unserer Erde verbunden sind. Novalis hat empfunden das Christus-Mysterium, das Marien-Mysterium im Zusammenhang mit dem kosmischen Mysterium. In seiner Seele leuchtete es, wie es einstmals geleuchtet hat in der ersten christlichen Weihnacht, in welcher von denjenigen Wesenheiten, die nicht heruntergestiegen sind bis zum physischen Plan, verkndet worden ist der Zusammenhang zwischen einer kosmischen und einer irdischen Macht und zwischen dem, was im Menschenherzen und im Kosmos vorgehen kann, wenn sich das Menschenherz vereinigt mit der Christus-Wesenheit. Denn heute braucht nicht mehr verkndet zu werden, was die gypter sagten: Der Gott, mit dem ihr euch vereinigen sollt, lebt in jener Welt, wo man nur hinkommt, wenn man den Tod durchschreitet. - Jetzt lebt der Gott, mit dem sich der Mensch vereinigen soll, unter uns zwischen Geburt und Tod, und die Menschen knnen ihn finden, wenn sie ihre Seelen und ihre Herzen hier mit ihm vereinigen. Deshalb erklingt der Weihnachtston in der ersten christlichen Weihnacht: Offenbarung durch die Hhen dem Gotte, Ruhe und Stille durch den Erdenfrieden, Seligkeit in den Menschen! Anschlieend rezitierte Marie von Sivers (Marie Steiner) die Marienlieder von Novalis. MRCHENDEUTUNGEN Berlin, 26. Dezember 1908 Was heute hier gegeben werden soll, das ist zunchst eine Art Prinzip fr die Erklrung von Mrchen und Sagen. Im weiteren Sinne lt sich dann dieses Prinzip auch ausdehnen auf die Mythenwelt, und wir werden dann mit ein paar Worten auch anzudeuten haben, wie das auszudehnen ist. Natrlich ist es mir in einer Stunde nicht mglich, Ihnen im genaueren anzugeben, wie man sich dem heutigen Kinde gegenber mit der Erzhlung beziehungsweise, wenn das Kind lter geworden ist, mit der Erklrung des Mrchens dann abzufinden hat. Es wird mir heute mehr darum zu tun sein, Ihnen anschaulich zu machen, was in der Seele dessen leben soll und was der wissen soll, der Mrchen erzhlen und erklren will. Das erste, was wir von vornherein dabei festzustellen haben, wenn wir Mrchen, Sagen oder Mythen erzhlen, und auch wenn wir sie erklren wollen, das ist, da wir unbedingt mehr wissen mssen, als wir zu sagen in der Lage sind, und zwar betrchtlich viel mehr. Und als zweites kommt in Frage, da in uns der Wille da sein mu, aus der anthroposophischen Weisheit heraus die Mittel zur Erklrung zu holen. Das heit nicht, was einem gerade einfllt, in die Mrchen hineinzutragen, sondern wir mssen den Willen haben, anthroposophische Weisheit als solche zu erkennen und dann auf Grund alles dessen, was wir in der anthroposophischen Weltanschauung gelernt haben, zu versuchen, die Mrchen damit zu durchdringen. Es ist nicht gesagt, da das bei jedem gleich richtig gehen mte. Aber wenn man auch zunchst ganz danebenhaut, wird man spter schon von selbst die richtige Deutung herausfinden. Wo auf gutem Grund gebaut wird, da wird es schon richtig werden; wo aber nicht auf gutem Grund gebaut wird, da stellt es sich heraus, da dann alles mgliche da hineingedeutet wird. Also fr die Erzhlenden wie auch fr die zu Belehrenden soll hier gesprochen werden. Es sollen uns dabei Beispiele mglichst anschaulicher Art vergegenwrtigen, um was es sich dabei handelt. Das erste Mrchen, das wir zu behandeln haben, wre vielleicht so zu erzhlen: Es hat sich einmal etwas ereignet, ja, wo war es denn nur? Ja, es kann auch gefragt werden: Wo war es denn nicht? - Es war einmal ein Schneidergeselle. Der hatte nur noch einen Groschen in der Tasche, aber es trieb ihn mit diesem Groschen auf die Wanderschaft. Da hungerte ihn, und er konnte sich fr diesen Groschen nur noch eine Milchsuppe kaufen. Als die Milchsuppe so vor ihm stand, da flogen eine ganze Menge Fliegen in die Suppe, und als er ausgegessen hatte, war der ganze Teller mit lauter Fliegen bedeckt. Da schlug er dann mit seiner Hand ein paarmal auf den Teller und zhlte dann, wieviel er erschlagen htte, und zhlte hundert. Da nahm er sich von dem Wirt eine Schreibtafel und schrieb darauf: Der hat hundert auf einmal erschlagen! - Und mit dieser Tafel, die er sich umhing, ging er weiter. Da kam er vorbei an einem Knigsschlo. Der Knig schaute gerade hinunter und sah da einen gehen, der hinten etwas aufgeschrieben hatte. Er schickte seinen Diener hinunter, um nachzusehen, was darauf stnde. Der Diener ging, und da stand: Der hat hundert auf einmal erschlagen! - und sagte das dem Knig. Halt! -sagte sich der Knig - das ist einer, den ich brauchen kann -, und schickte hinunter und lie ihn kommen. Dich kann ich brauchen! -sagte ihm der Knig. Willst du in meinen Dienst treten? - Ja - sagte der -, ich will ganz gerne in Euren Dienst treten, wenn Ihr mir einen gehrigen Lohn gebt, den ich Euch nachher sagen werde. - Ja -sagte der Knig -, ich werde dich, wenn du das hltst, was du versprichst, sehr gut belohnen. Deshalb sollst du einmal gut essen und trinken, solange es dir beliebt. Dann mut du mir aber auch einen Dienst leisten, der deiner Strke entspricht. In mein Land kommt alle Jahre ein ganzer Trupp Bren, und die richten einen schrecklichen Schaden an. Sie sind so stark, da sie kein Mensch tten kann. Du wirst es gewi knnen, wenn du das hltst, was deine Tafel verspricht. - Da sagte der Geselle: Gewi, ich werde das tun; aber bis die Bren kommen, mu ich um so viel zu essen und zu trinken bitten, als ich will. - Denn der Schneidergeselle sagte sich nmlich: Wenn ich dann die Bren nicht erschlagen kann, wenn sie mich t- ten, so habe ich dann doch wenigstens eine Zeitlang gut gegessen und getrunken. Und das ging so eine Weile. Als dann die Zeit kam, wo die Bren wieder erscheinen sollten, da richtete er folgendes her: Er ging in die Kche und stellte da eine Tafel auf. Das Tor lie er weit offen; auf die Tafel legte er alle mglichen Dinge, die die Bren gern haben wollen zu essen und zu trinken, Honig und so weiter. Dann versteckte er sich. Die Bren kamen heran, aen und tranken, bis sie nicht mehr konnten und dalagen. Da schlug er einem jeden der Bren den Kopf ab und hatte die Bren auf diese Weise erlegt. Als der Knig das sah, fragte er ihn: Ja, wie hast du das gemacht? -Und der Geselle sagte: Ich habe die Bren einfach ber die Klinge springen lassen und habe dann jedem den Kopf abgeschlagen! - Der Knig war da schon sehr glubig und sagte: Wenn du das getan hast, dann kannst du mir auch noch einen greren Dienst erweisen. In unser Land kommen alljhrlich groe starke Riesen. Niemand kann sie tten oder vertreiben; vielleicht kannst du es tun? - Der Schneider sagte: Ja, ich will es tun, wenn Ihr mir Eure Tochter nachher zur Gemahlin gebt. - Dem Knig lag viel daran, da die Riesen vertrieben wrden, und er versprach es, und der Schneider lie es sich wieder gut ergehen. Als die Zeit kam, wo die Riesen wieder erscheinen sollten, nahm er sich alles mgliche mit, was die Riesen gern essen und trinken, und ging zu den Riesen hin. Aber auf dem Wege nahm er sich zu allem brigen noch mit ein Stckchen Kse und eine Lerche und kam nun mit seinen vielen Sachen und dem Stck Kse und der Lerche bei den Riesen an. Die Riesen sagten: Wir sind wieder da, um mit dem Strksten zu ringen; uns hat noch keiner bezwungen! - Da sagte der Geselle: Nun, dann will ich einmal mit euch ringen! - Das wird dir schlecht ergehen! - meinte ein Riese. Da sagte der Schneider: Zeige doch einmal deine Strke, und was du kannst! - Da nahm der Riese einen Stein und zerrieb ihn zwischen seinen Fingern. Dann nahm er einen Bogen und einen Pfeil und scho den Pfeil in die Luft, da er erst nach langer Zeit wieder herunterkam. - Da sollt ihr meine Kraft einmal sehen! Wenn ihr mit mir ringen wollt, so mt ihr mit etwas anderem kommen. - Der Schneider nahm einen kleinen Stein und berzog ihn heimlich mit etwas Kse, und als er mit den Fingern drckte, da spritzte der Kse heraus. Nun sagte er zu dem Riesen: Ich kann aus dem Stein Wasser herauspressen, und das kannst du nicht! - Das machte auf den Riesen einen starken Eindruck, da der noch etwas anderes konnte als er. Dann nahm der Schneider auch einen Pfeil und Bogen, aber whrend er scho, lie er unvermerkt die Lerche hinauffliegen; die kam nicht wieder. Da sagte er zu dem Riesen: Dein Pfeil ist wieder heruntergekommen, aber ich habe so hoch geschossen, da er gar nicht mehr herunterkommt! - Da waren die Riesen berrascht, da sich noch ein Strkerer finde, und sagten zu ihm: Willst du nicht unser Kamerad werden? - Er willigte ein. Klein war er zwar, aber es war doch ein guter Zuwachs. So nahmen sie ihn in ihre Kameradschaft auf, und er blieb eine Zeitlang bei ihnen. Aber es war ihnen doch ungeheuerlich, da noch ein Strkerer da war als sie selbst, und als er einmal wachend im Bette lag, hrte er, wie sie beschlossen, ihn zu tten. Da traf er nun seine Vorsorge. Er richtete ein groes Mahl her von den Sachen, die er mitgebracht hatte. Die Riesen aen und tranken, bis sie nicht mehr konnten und bis sie von Sinnen waren. Aber sie hatten sich wohl gemerkt, ihn zu tten. Er aber nahm eine Schweinsblase, die fllte er mit Blut, band sie sich auf den Kopf und legte sich damit ins Bett. Der Riese, der dazu ausersehen war, ihn zu tten, kam und stach hinein - und als das Blut herausflo, da waren die Riesen sehr befriedigt, denn nun waren sie ihn los. Und sie legten sich hin und schliefen. Da kam der Schneider nun aus dem Bett und ttete die schlafenden Riesen einen nach dem anderen. Dann ging er zum Knig und erzhlte, wie er einen Riesen nach dem anderen erschlagen habe. Der Knig hielt sein Wort und gab ihm seine Tochter zur Gemahlin und der Schneider hielt mit der Knigstochter Hochzeit. Der Knig wunderte sich sehr ber die Strke seines Schwiegersohnes. Aber weder der Knig noch die Tochter wuten, wer der hergereiste Mensch eigentlich sei, ob ein Schneider oder ein entsprungener Knigssohn? Damals wuten sie es nicht. Wenn sie es seitdem nicht erfahren haben, dann wissen sie es heute noch nicht. Das ist das eine der Mrchen, das wir im Prinzip einmal betrachten wollen. Wir wollen aber daneben, bevor wir darauf eingehen, ein anderes stellen. Denn wenn Sie Mrchen auflesen, wo Sie wollen, bei welchem Volk Sie wollen, und aus welcher Zeit Sie wollen, Mrchen, die richtige Mrchen sind, da wird es sich immer herausstellen, da ein gewisser Grundstock von Vorstellungen in allen Mrchen pulsiert. Ich mache Sie hier schon darauf aufmerksam, da wir den Riesen begegnet sind, die durch Schlauheit berwunden werden. Und nun machen Sie einen Sprung durch Jahrtausende und denken Sie in der Odysseus-Sage an Odysseus und den Riesen Polyphem. Aber wir wollen ein anderes Mrchen neben dieses erste hinstellen. Es hat sich einmal ereignet, wo war es nur? Ja, wo war es denn eigentlich nicht geschehen? Da war ein Knig, der war bei seinem Volke so beliebt, da er immerfort den Wunsch um sich herum hrte, er solle doch eine Gemahlin bekommen, die ebenso gut und edel wre wie er. Schwer war es ihm, jemanden zu finden, von der er glauben konnte, da sie so geeignet wre, wie er es fr sein Volk wnschte. Aber er hatte einen alten Freund, einen armen Forstmann, der einfach und zufrieden im Walde lebte, der aber sehr weise war. Leicht htte er reich werden knnen, denn der Knig htte ihm gern alles gegeben. Aber der Forstmann wollte arm bleiben und seine Weisheit behalten. Da ging nun der Knig zu seinem Freunde, dem Forstmann, und fragte ihn um Rat. Der gab ihm einen Rosmarinstengel und sagte ihm: Den bewahre auf, und das Mdchen, vor dem er sich neigt - man denke hier an das Wnschelrutenmotiv -, das ist das Mdchen, mit dem du dich verbinden sollst! - Da lie nun der Knig gleich am nchsten Tag eine groe Anzahl Mdchen kommen. Eine groe Menge Perlen lie er vor den Mdchen ausbreiten und den Namen einer jeden mit Perlen auf den Tisch schreiben. Dann lie er bekanntmachen, da dasjenige Mdchen, vor dem sich der Stengel neige, seine Gemahlin werden solle; die anderen sollten nur die Perlen bekommen. Dann ging er mit dem Rosmarinstengel herum - aber der rhrte sich nicht, er neigte sich vor keiner. Die Mdchen bekamen ihre Perlen und wurden fortgeschickt. Am zweiten Tage wurde dasselbe angestellt, aber es ging wieder so, und am dritten Tage war es auch nicht anders. Da schlief der Knig in der nchsten Nacht und hrte, da sich etwas an seinem Fenster meldete. Da stellte es sich heraus, da es ein Goldvgelchen war. Das sagte zu ihm: Du weit es zwar nicht, aber du hast mir zweimal einen groen Dienst erwiesen. Ich will dir auch einen Dienst erweisen. Wenn es Morgen geworden ist, dann stehe auf, nimm deinen Rosmarinstengel und folge mir. Ich will dich an einen Ort fhren, wo du ein Pferd finden wirst. Das hat in seinem Leibe einen silbernen Pfeil stecken. Den mut du dem Pferde herausziehen. Dann kann es dich dahin fhren, wo du deine Gattin findest! - Am anderen Morgen ging der Knig hinaus und folgte dem Goldvgelchen. Sie kamen schlielich zu einem Pferd, das war schwchlich und krank und sagte: Es hat mir eine Hexe einen Pfeil in den Leib geschossen. - Der Knig zog dem Pferde den Pfeil heraus, und in dem Augenblick verwandelte sich das schwchliche Tier in ein wunderbar khnes Pferd. Das bestieg der Knig, der Rosmarinstengel bewegte sich vor dem Pferde her, und das Goldvgelchen fhrte voranfliegend den Knig auf seinem Zauberpferde dahin. Endlich kamen sie zu einem glsernen Schlo. Da vernahmen sie schon von ferne ein Gebrumm und Gebrumm und Gebrumm, und als sie eintraten, der Knig, der Rosmarinstengel und das Goldvgelchen, da konnte der Knig sehen, wie ein anderer Knig dastand, der ganz aus Glas war, und in dem Magen dieses glsernen Knigs war eine groe Brummfliege. Die war es eben, die so brummte, und die bearbeitete den Magen des Knigs furchtbar stark und wollte sich von innen nach auen durcharbeiten. Der Knig fragte den glsernen Knig, was denn das eigentlich wre? Ja - sagte dieser -, da sieh nur einmal nach dem Sofa; da sitzt meine Knigin in dem rosaseidenen Gewnde, und das Geheimnis, um das es sich da handelt, das wirst du gleich sehen knnen. Denn jetzt ist gerade von dem Dornenhecker das Gespinst, das um die Knigin herumgesponnen ist, zerrissen, gleich wird es ganz abgerissen sein. Wenn keines mehr herum ist, wenn es ganz ab ist, dann kommt eine bse Spinne, und die spinnt dann wieder ein neues Gespinst um die Knigin herum, und whrend ich hier in einem glsernen Krper verzaubert bin, wird meine Gemahlin von der Spinne eingesponnen. So sind wir jetzt schon durch viele hundert Jahre hier eingesperrt, bis wir davon erlst werden. In der Tat stellte es sich heraus, da eine bse Spinne erschien und die Knigin mit einem Spinnetz umgab. Aber als sich die Spinne bettigte, kam auch das Zauberpferd herbei und wollte die Spinne tten. Es wollte gerade seinen Fu auf die Spinne setzen, da hatte sich aber auch die Brummbrummfliege nach auen durchgearbeitet und wollte der Spinne zu Hilfe kommen. Da aber ttete das Zauberpferd sie beide. In dem Augenblick verwandelte sich der Knig, der aus Glas war, in einen ganz menschlichen Knig, der Dornenhecker verwandelte sich in ein nettes Mdchen, die Knigin wurde von dem Spinnetz befreit, und der glserne Knig erzhlte, wie das alles gekommen wre. Er hatte, als er schon Knig war, unter den Nachstellungen einer bsen Hexe zu leiden, die unten am Rande seines Besitztumes im Walde wohnte. Die Hexe wollte, da er ihre Tochter heiraten sollte. Da er sich aber seine Gemahlin aus einem benachbarten Zauberschlosse geholt habe, so schwur sie ihm Rache zu. Sie verwandelte ihn in einen glsernen Knig, ihre Tochter in eine Brummfliege, die an seinem Magen nagte. Die Knigin wurde dadurch geqult, da die Hexe selbst sich in die bse Spinne verwandelte und die Knigin mit einem Spinngewebe umgab. Das Dienstmdchen wurde in den Dornenhecker verwandelt, und das Pferd, das er sich geholt hatte, wurde von der bsen Hexe angeschossen und hatte dann diesen Pfeil in seinem Leibe. Jetzt war das alles dadurch gut geworden, da das Zauberpferd befreit war und dadurch die anderen befreit wurden. Nun fragte der Knig den verwandelten frheren glsernen Knig, wo er eine Gattin finden knne, die fr ihn gut wre. Der wies ihm den Weg nach dem benachbarten Zauberschlosse. Das Goldvgelchen flog wieder voraus, und als sie hinkamen, fanden sie da eine Lilie. Da trieb es geradezu den Rosmarinstengel dahin, und er verneigte sich vor der Lilie. In diesem Augenblicke wurde aus der Lilie ein wunderschnes Mdchen, das da auch hineinverzaubert war; denn die Knigin des benachbarten Schlosses war ja ihre Schwester gewesen. Jetzt war es durch das, was vorgegangen war, auch erlst worden. Der Knig nahm es nun mit nach Hause. Sie hielten Hochzeit und lebten in einer auerordentlich glcklichen Weise fr sich selbst und fr ihr Volk. Sie lebten lange, lange. Man wei nicht, wenn sie seither nicht verschwunden sind oder gestorben sind, dann mssen sie eigentlich immer noch leben. Nun haben wir also ein anderes Mrchen vor uns hingestellt, das andere Elemente in sich enthlt. Das erste, was wir uns abgewhnen mssen, wenn wir den Inhalt von richtigen Mrchen oder Sagen verstehen wollen, das ist, da wir sie fr irgendeine in der Volksphantasie entstandene Dichtung halten. Das sind sie niemals. Der erste Ausgangspunkt zur Mrchenentstehung liegt bei allen wirklichen Mrchen in uralten Zeiten, in den Zeiten, in denen es fr alle noch nicht zur Verstandeskultur herangereiften Menschen ein gewisses mehr oder weniger hochgradiges Hellsehen gab, das als ein Rest eines ursprnglichen Hellsehens geblieben war. Die Menschen, die sich noch ein solches Hellsehen lange bewahrten, hatten Zwischenzustnde zwischen dem Schlafen und dem Wachen. Und wenn solche Menschen, die solchen Rest des alten Hellsehens hatten, in solchen Zwischenzustnden waren, dann erlebten sie tatschlich die geistige Welt, die geistige Welt in der mannigfaltigsten Gestalt. Es war nicht das, was ein heutiger Traum ist. Ein heutiger Traum ist fr die meisten Menschen, nicht fr alle, schon etwas Chaotisches. In diesen alten Zeiten erlebten die Menschen mit diesem alten Hellsehen etwas ganz Regelmiges, und zwar so regelmig, da bei den verschiedenen Menschen die Erlebnisse dieselben oder wenigstens typisch hnlich waren. Was ist denn da eigentlich in solchen Zwischenzustnden zwischen Wachen und Schlafen mit den Menschen geschehen? Wenn die Menschen in ihrem physischen Leibe sind, nehmen sie die Welt um sich herum wahr, wie man sie mit physischen Wahrnehmungsorganen sehen kann. Aber dahinter ist die geistige Welt. Es war so in diesen Zwischenzustnden, wie wenn ein Schleier vor den Menschen weggezogen wrde, nmlich der Schleier der physischen Welt, und sichtbar wurde die geistige Welt. Und alles, was in der geistigen Welt war, stand in einer gewissen Beziehung zu dem, was in dem Inneren der Menschen war. Es ist so, wie es in der physischen Welt ist: man kann nicht mit dem Ohr die Farben sehen und nicht mit den Augen die Tne hren; es entspricht das, was auen ist, dem, was innen ist. Die ueren Sinne also schweigen in solchen Zwischenzustnden, aber das, was im Inneren war, in dem Seelischen, das wurde rege. Und wie das Auge und das Ohr ihre Beziehungen eingehen zur Umwelt, so gingen jetzt, in diesen Zwischenzustnden, die einzelnen Teile des menschlichen astralischen Leibes ihre Beziehungen ein zur Umwelt. Wenn die ueren Sinne schweigen, dann lebt die Seele auf. Wir haben ja zunchst drei Glieder der Seele: die Empfindungsseele, die Verstandesseele und die Bewutseinsseele. Wie Auge und Ohr ihre verschiedenen Beziehungen zur Umwelt haben, so haben diese drei Glieder der menschlichen Seele ihre ganz bestimmten Beziehungen zur Umwelt. Dadurch wird fr den Menschen in solchen Zwischenzustnden wahrnehmbar, je nachdem der eine oder der andere Teil der Seele auf die geistige Umgebung gerichtet ist, der eine oder der andere Teil der geistigen Umgebung. Nehmen wir an, die Empfindungsseele wird insbesondere auf die geistige Umgebung gerichtet. Dann sieht der Mensch alle diejenigen geistigen Wesenheiten in seiner Umgebung, welche mit den gewhnlichen Naturkrften in einem innigen Verbnde stehen, dasjenige, was sozusagen in den Elementen der Natur lebt. Er sieht nicht selbst das Spiel der Naturkrfte, aber er sieht das, was im Spiel der Naturkrfte lebt, in Wind und Wetter und in den anderen Vorgngen der Natur. Die Wesen, die sich da aussprechen, die sieht der Mensch durch seine Empfindungsseele. Und wenn insbesondere die Empfindungsseele ttig ist, dann ist es gerade so, wie wenn der Mensch in der Zeit noch lebte, als er seine Verstandesseele noch nicht benutzen konnte und auch seine Bewutseinsseele noch nicht. Der Mensch ist dann zurckversetzt und sieht die Umgebung so, wie er sie in alten Zeiten sah, als er noch nichts mit der Verstandesseele und der Bewutseinsseele anzufangen wute. Aber in jenen alten Zeiten war er selbst noch in einem innigen Verbnde mit den Naturkrften. Er selbst steckte ja noch in all den Naturkrften drinnen. Er war da ein Wesen, bestehend nur aus physischem Leib, therleib, astralischem Leib und Empfindungsseele. So bevlkerte er die Welt. Da konnte er dasselbe, was jetzt jene Wesen um ihn herum knnen, die in den niederen Naturkrften leben. Sie erscheinen ihm als der Ausdruck dessen, was er einst war, als die Menschen so waren, da sie im dahinsausenden Windsturm Bume umreien konnten, da sie Wetter, Nebel und Regen beherrschen konnten. So erscheinen ihm die Wesen, die um ihn herum sind, wie er selbst einmal in einer Vergangenheit war, wo er riesig mchtig war, weil er sich noch nicht von den Naturkrften so entfernt hatte. Die Gestalten, die ihm da erscheinen - es waren ja die Nachbilder seiner eigenen Gestalt -, die erscheinen ihm als Menschen mit riesiger Strke. Das sind die Riesen. Der Mensch sieht in einem solchen Zwischenzustand die Riesen als wirkliche Gestalten, und sie stellen ihm eine ganz bestimmte Art von Wesenheiten dar: Menschen mit einer riesigen Kraft. Aber die Riesen sind dumm, weil sie aus einer Zeit kommen, wo sie noch nicht die Verstandesseele gebrauchen konnten. Sie sind stark und dumm. Nehmen wir nun einmal das, was die Verstandesseele sehen kann in solchen Zwischenzustnden. Sie kann dasjenige sehen, wo schon nach einer gewissen Weisheit die Dinge gestaltet sind, nicht nur durch bloe Kraft, wie bei den Riesen. Durch das, was die Verstandesseele ist, sieht der Mensch, wenn er in dieser Verstandesseele lebt, Wesenheiten um sich herum, Gestalten, die Weisheit in alles hineinbringen, die alles weise anordnen. Whrend er die Riesen in der Regel mnnlich sieht, sieht er die Gebilde der Verstandesseele als die formenden weiblichen Wesenheiten, die Weisheit in die Dinge hineinbringen, in das Gewoge der Welt. Das sind die weisen Frauen, die hinter den Dingen wesen, die gestaltend sind, die alles gestalten. Er sieht wiederum in dieser Gestalt seine eigene Gestalt, als er zwar noch nicht eine Bewutseinsseele hatte, aber doch schon eine Verstandesseele. Weise walten diese Wesen hinter den Dingen. Und weil er sich ihnen innig verwandt sieht, so fhlt der Mensch sehr hufig, wenn er in einem solchen Zwischenzustand ist: Was ich da als die weisen weiblichen Wesen sehe, das ist etwas, was eigentlich mir verwandt ist. Daher sehen wir, da hier im Mrchen sehr hufig der Schwester-Begriff auftritt, wenn diese weiblichen Wesenheiten erscheinen. Nun gibt es, wenn der Mensch in einem solchen Bewutseinszustande ist, noch etwas, was er in seiner Seele erlebt, was man eigentlich nur ganz intim erfassen kann. Der Mensch ist in einem solchen Seelenzustand der gewhnlichen physischen Wahrnehmung entrckt. Jetzt sagt er sich: Ja, was ich da sehe, das ist eigentlich in dem enthalten, was ich bei Tag sehe, was bei Tag meiner Verstandesseele klar wird; aber wenn ich das bei Tag sehe, dann ist es gerade umgekehrt. - Wenn sich der Mensch im Zwischenzustande an die Tageseindrcke erinnert, da erscheinen sie ihm umgekehrt dem, was er empfindet, wenn er sich bei Tag an die Zwischenzustnde erinnert, an die verschiedenen hinhuschenden Gestalten seines Astralsystems. Jetzt, wenn er sich der Tageseindrcke erinnert, ist es ihm, wie wenn sich ihm das, was eigentlich die feinen, therischen Gestalten hinter der gewhnlichen Wirklichkeit sind, in steifen Gestalten darstellt. Daher erscheinen dem Menschen die Tagesgegenstnde so, wie wenn sie wie verzaubert in sich das enthalten, was ihre Wesenheit ist. berall, wo Gestalten auftreten, die verzaubert sind, ob sie nun in Pflanzen verzaubert sind oder in etwas anderes, ist dies auf diese Weise entstanden: Der Mensch sieht den Inhalt eines weisen Wesens, das hinter der physischen Erscheinung ist, und er erinnert sich: Ja, bei Tag ist das nur eine Pflanze, und getrennt ist es von meiner Verstandesseele, so da ich es eigentlich nicht erreichen kann bei Tag. - Wenn der Mensch nun diese Fremdheit fhlt zwischen den Tagesgegenstnden und dem, was dahinter ist, zum Beispiel dem Tagesgegenstand der Lilie und dem, was dahinter ist, der Gestalt, die mit seiner eigenen Verstandesseele verwandt ist, dann fhlt er das Sich-Verbindenwollen seiner Verstandesseele mit dem, was hinter dem Gegenstande ist bei Tag wie eine Vermhlung, wie ein Zusammenwachsen der nchtlichen Gestalt mit der Tagesgestalt. Was die Bewutseinsseele ist, das entstand ja im Menschen zu einer Zeit, als er schon sehr weit sich von den Naturkrften entfernt hatte, als er schon sozusagen gar nicht mehr hinter die Geheimnisse des Daseins schauen konnte. Weit, weit weg ist das, was die Bewutseinsseele vermag, von jenen starken Krften, die wir vorhin geschildert haben. Schlauheit ist die Fhigkeit der Bewutseinsseele, aber weit entfernt von Strke, von einer groen Kraft. Mit der Bewutseinsseele sehen wir diejenigen geistigen Wesenheiten an, die auf der Stufe stehengeblieben sind, wo der Mensch erst nur die Hlle des Ich hatte. Diese Wesenheiten sieht da der Mensch leben; sie knnen nicht viel, ihre Krfte sind klein. Und da der Mensch in den Bildern die Gestalten ihrer inneren Natur angemessen sieht, so erscheinen sie als Zwerge. So bevlkert sich dann in solchen Zwischenzeiten dadurch, da der Mensch frei ist von der Sinneswahrnehmung, das ganze Reich, das hinter der Sinnes Wahrnehmung ist, mit solchen Gestalten. Wenn der Mensch in seinen gewissermaen hheren Augenblicken fhlt, da er diese Beziehung zur geistigen Welt hat, dann erscheinen ihm die ueren Ereignisse des Lebens, was sie ja auch in Wirklichkeit sind, als ein Ausdruck dieser ganzen Beziehungen zur geistigen Welt. Und wenn der Mensch dann im Leben besonders schlau ist, wenn er nicht nur trocken und prosaisch auf das Leben sieht, sondern sich die Beziehungen des Lebens zur geistigen Wirklichkeit klarlegt, insbesondere in solchen Zustnden, wo die Menschen noch etwas wissen knnen von der geistigen Wirklichkeit, dann kann ihm folgendes geschehen. Nehmen wir einmal an, er ist ein etwas sinniger Mensch und beobachtet, da gewisse Menschen schlau sind und durch allerlei Schlauheit die rohen Krfte berwinden, die sonst im Menschenleben walten. Da sagt sich der Mensch: Was im Leben da eigentlich geschieht, wo das durch die Schlauheit Angesponnene die rohen Krfte berwindet, das verdankt man jenen hinter uns stehenden Mchten, mit denen wir verwandt sind, und die geschehen lassen, da in uns selber eine Kraft bewut geworden ist, die durch Intelligenz die rohen Krfte berwindet, die wir selbst noch in uns gehabt haben, als wir auf der Stufe der Riesen waren. - Und die Gescheh- nisse seines Inneren erscheinen dem Menschen als die Spiegelbilder der ueren Weltereignisse, die sich zurckgezogen haben, aber in der geistigen Welt noch wahrzunehmen sind. In der geistigen Welt spiegeln sich ab die Kmpfe derjenigen Wesenheiten, die schwcher sind an Krperkraft, aber dafr strker geworden sind an geistiger Kraft. berall, wo im Mrchen die Besiegung der rohen Krfte oder der Riesen auftritt, da ist zugrundeliegend die Wahrnehmung in einem solchen Zwischenzustand. Der Mensch will sich aufklren ber sich selbst. Die geistige Welt ist ihm entschwunden, aber er sagt sich: Ich kann mich aufklren, wenn ich in einem solchen Zwi-schenzustande bin. Da werde ich so weise, da Klugheit und Schlauheit ber die rohen Krfte den Sieg davontragen! - Und da erscheinen die Gewalten, die in der Tat in der geistigen Welt da sind und die unseren Klugheitskrften entsprechend sind. Die erscheinen und handeln und klren den Menschen auf ber das, was in der geistigen Welt geschieht. Da erzhlt dann der Mensch das, was sich in der geistigen Welt zugetragen hat, und er mu es so erzhlen, da er sagt: Was ich gesehen habe und erzhle, das ist einmal geschehen; aber das geschieht eigentlich immer hinter der sinnlichen Welt, in der geistigen Welt, wo andere Lebensverhltnisse sind. - Es kann sein, da jedesmal, wenn der Betreffende in einem solchen Zustande das geschaut hat, dieses Ereignis schon abgestorben ist, und die Bedingungen, unter denen eine solche Handlung sich abspielen kann, schon verflossen sind. Aber es kann noch da sein. Das hngt davon ab, ob irgendwo einer in einem Zwischenzustande auftritt, der das beobachtet. Es ist auch nicht da und nicht dort, sondern berall, wo jemand ist, der das beobachten kann. Daher mu jedes Mrchen, das stilgem ist, damit beginnen: Es hat sich einmal etwas zugetragen - wo war es denn nur? Ja, wo war es denn eigentlich nicht? Das ist der richtige Anfang eines Mrchens. Und jedes Mrchen mu damit schlieen: Ich habe das einmal gesehen; und wenn das, was in der geistigen Welt sich zugetragen hat, nicht dem Tode verfallen, nicht gestorben ist, so lebt es noch heute. Ganz in dem Stile ist das, wie jedes Mrchen erzhlt werden mu. Man ruft die richtige Empfindung hervor von dem, was erzhlt wird, wenn man es immer in dieser Weise beginnen und schlieen lt. Nehmen wir einmal an, es htte jemand, wie unser Knig im zweiten Mrchen, die Gattin zu suchen. Er sucht ein Wesen, das ihm mglichst genau in der Menschenwelt das abbildet, was der Mensch als sein Urbild in der geistigen Welt finden kann, was gefunden werden kann im weisen Walten derjenigen Mchte, die durch die Verstandesseele wahrgenommen werden knnen. Im ueren Leben ist das nicht zu finden. Darum mu er den ueren Menschen dem intimeren Menschen unterwerfen. Auf dem physischen Plan ist der Mensch dem Irrtum unterworfen. Darum mu er die tieferen Krfte walten lassen, wenn er so etwas finden will. Das kann er, wenn er sich, selbst heute noch, in jenen Zwischenzustand versetzt und sich selbst in eine Beziehung bringt zu den Krften, die da walten. Diese Leute aber, die Trger solcher Krfte sind, leben in der Verborgenheit, wo sie nicht abgelenkt werden durch die groen Lebensverhltnisse. Daher mu der Knig zu dem Freund gehen, zu dem Einsiedler, der arm und einsam lebt, der aber das Geheimnis von Krften kennt, die den Menschen an die geistige Welt binden, und der ihm den Rosmarinstengel geben kann. Und der Knig kann nicht durch irgendwelche ueren Veranstaltungen das finden, was nur an seinen Urbildern aus der geistigen Welt heraus entschieden werden kann. Daher trumt er zunchst, es komme das Goldvgelchen, und er bleibt auch weiter in einer Art Traum-Wachzustand. Und da macht er durch jenes klare Tasten, in dem man sich befindet, wenn man in der geistigen Welt ist, alles das durch, was ich Ihnen gezeigt habe. Er kommt allmhlich dazu, aus denjenigen Krften, die der menschlichen Reinheit und menschlichen Hoheit widerstreben, das herauszufinden, was sich bewahrt hat bis in unsere Tage hinein, diese reine Beglckungsmglichkeit im Menschen. Es kann ihn nicht dahin tragen irgendeine von den Krften, die heute an die physische Welt gebunden sind, sondern nur eine solche, die ihm erscheint, wenn sich die Verstandesseele oder berhaupt die innere Seelenkraft auf die geistige Welt richtet. Das erscheint ihm da im Bilde, hier als das Zauberpferd. Aber dieses Pferd in der physischen Welt ist nur das Schattenbild des Geistigen, das dahintersteht. Die in der physischen Welt befindlichen schdlichen Seelenkrfte, diese Krfte, die in der physischen Welt verkrpert sind, haben dem Pferde den Pfeil in den Leib getrieben. In dem Augenblick aber, wo diese Krfte heraus sind, als es davon befreit ist, da wird rege die Kraft, die den Knig dazu bringt, die Verhltnisse zu beurteilen, so da er, wenn er nicht nur auf das uere schaut, dasjenige finden kann, was fr ihn geeignet ist. Mit dem gewhnlichen Verstnde knnte er weit in der Welt herumgehen, wrde er Menschen da und dort finden, aber die Gattin, die er sucht, an ihr wrde er vorbeigehen; denn die Verhltnisse, die da in Betracht kommen, die dagegen-spielen, die versteht er gar nicht. Da haben sich die frheren Verhltnisse erhalten. Die Verhltnisse, die er sucht, sind da, aber entstellt durch die uere physische Welt, wo die Dinge berhaupt verwandelt erscheinen. In der physischen Welt haben wir die Krfte berhaupt nicht in ihrer Wahrheit. Aber im verwandelten glsernen Knig erscheint ihm in seiner wahren Gestalt diejenige Persnlichkeit, die ihn dort hinweisen kann, wo er die Gattin suchen soll. Durch die widerstrebenden Krfte der ueren Welt ist er gerade verwandelt worden. Und diese Krfte machen sich geltend durch das, wodurch der Mensch ganz verstrickt ist in die ueren Weltverhltnisse. Der glserne Knig ist erst ganz verstrickt in die ueren Welt Verhltnisse. Das hat ihn innerlich anders gemacht, als er eigentlich sein knnte. Der Mensch hat Dinge in seinem Karma, die eigentlich wie ein Unrecht sind, die ihn stren, wie eine bse Brummbrummfliege. Das zeigt sich alles im Bilde, was in Wahrheit da zugrunde liegt. Die ganze Situation mu man sich vorstellen: wie durch die im Knig rege gemachten Krfte dasjenige gefunden werden knnte, was hinter den physischen Erscheinungen ist. Wenn seine Seelenkrfte in ihm erregt werden und wenn er sie richtig leitet, dann findet der Knig das, was die ueren physischen Krfte ihm verhllen: die Gattin. Eine uere Erscheinung, die sich zutrgt, irgendein Geschehnis, sagen wir eine Brautwerbung, wird dargestellt, die sich aber nicht abspielt unter den gewhnlichen Verhltnissen, sondern unter den Verhltnissen, wo jemand zusammenkommt mit einem solchen Seelenfhrer, wie es der Einsiedler fr den Knig ist, der in ihm tiefere Krfte regsam macht. Dadurch wird der Mensch gefhrt zu den Krften, durch die alles, was in der physischen Welt ist, fr eine Weile als unwahr erscheint, und die er braucht, wenn es ihm mglich gemacht werden soll, die Wahrheit zu durchschauen. So sehen wir, wie zwar uere Verhltnisse zugrunde liegen, wie aber andere Bewutseinszustnde, die wirkliches Schauen hervorrufen, vorhanden sind. So kann im Grunde jedes Mrchen gedeutet werden; aber man mu es deuten aus der hinter der ganzen Mrchenwelt liegenden geistigen Wirklichkeit, und alles, was uns in einem Mrchen, auch als einzelne Zge, auftritt, das knnen wir nach und nach finden und deuten. Zum Beispiel jene geheimnisvolle Verbindung, die da ist zwischen den lebendig wahrnehmenden Krften und zwischen den geheimnisvollen Krften des bloen Lebens, sie kann sichtbar werden, wenn man innerlich schaut. Sie symbolisiert sich wunderbar in der Berhrung des Rosmarinzweiges mit der Lilie. In der Lilie ruhen zwar feinere, hhere geistige Krfte, aber sie mssen erst berhrt werden von dem Rosmarinzweige; dann erst sind sie da. So liegt der Mrchenwelt der begrndete Glaube zugrunde, da alles, was wir um uns herum haben, die verzauberte geistige Wirklichkeit ist, und da der Mensch zur Wahrheit kommt, wenn er die verzauberte geistige Welt wieder entzaubert. Freilich mssen wir uns darber klar sein, da ein Mrchen ursprnglich allerdings die Wiedergabe eines astralisch geschehenden Ereignisses ist, da es aber weitererzhlt worden ist. Und da haben die Menschen ja dann ein solches Talent, einzelne Zge zu verndern! Sobald man die Mrchen aus dem Munde des Volkes sammelt, hat man zwar den berrest eines alten, astralisch gesehenen Bildes, aber es knnen einzelne Zge verndert sein. Da kann dann der Erklrer sehr leicht den Fehler machen, diese hinzugekommenen Zge besonders geistreich zu deuten, whrend man bei der richtigen Mrchenerklrung nie ver- kennen darf und es sich gefallen lassen mu, da man auf die Urge-stalt zurckgehen und sie erkennen mu. Alles entspricht solchen astralischen Erlebnissen. So kann namentlich die Frage vor uns auftreten: War denn der Mensch in einer frheren Zeit, die also festgehalten wird in den geistigen Erlebnissen der Zwischenzustnde, von einer solchen Gestalt wie heute? Nein, das war er nicht. Der Mensch hat ganz andere Gestalten durchgemacht und sich erst zu der heutigen Gestalt hin entwickelt. Aber auch das, was der Mensch berwunden hat, was er aus sich herausgesetzt hat, das erscheint in einer ganz bestimmten ueren Gestalt. Der Mensch mute, um sich seiner Riesengewalt zu entfremden, die Riesengestalten aus sich heraussetzen, sie berwinden, seine Krfte verfeinern und sie heraufheben zur Verstandesseele und zur Bewutseinsseele. Es gibt nun auch Wesen, die auf der Stufe der rohen Krfte stehengeblieben sind. berall, wo dem Menschen etwas als schlecht erscheint, das berwunden werden mte, das aber stehengeblieben ist auf dem Astralplan, erscheint dieses als Drachen und dergleichen, die nichts anderes sind als groteske, seither in der geistigen Welt umgewandelte Formen dessen, was der Mensch umwandeln und aus sich heraussetzen mute. Und auch da mssen wir uns wieder bewut sein, da das einer ganz bestimmten Tatsache entspricht. Nun mchte ich Ihnen zum Schlu, wie zu Ihrer eigenen Verarbeitung, noch ein Mrchen erzhlen, welches die mannigfaltigsten Motive, die wir jetzt haben sich abspielen sehen, wenn der Mensch in eine Beziehung zum Astralischen kommt, in sich vereinigt zeigen wird. Und wenn Sie das, was wir gesagt haben, anwenden auf dieses etwas komplizierte Mrchen, dann knnen Sie den Faden fast von selber darinnen finden. Dieses Mrchen ist wie eine Synthese, wie eine Zusammenfassung der allerverschiedensten ineinanderspielen-den Krfte. Es geschah einmal - wo war es denn nur? Ja, es knnte eigentlich berall geschehen sein, wo war es denn nicht geschehen? -, da lebte ein alter Knig. Der hatte drei Shne und drei Tchter. Als es zum Sterben ging, sagte der Knig zu den drei Shnen: Gebt die drei Tchter denen, die als erste um sie anhalten, damit sie nicht unverheiratet bleiben. Das ist die erste Lehre, die ich euch gebe. Die zweite ist diese, da ihr euch nicht an einen bestimmten Platz begeben sollt, und besonders nicht in der Nacht! Und er wies ihnen diesen Platz unter einem Pappelbaum des Waldes. Als der Knig gestorben war, trachteten die Shne danach, seine Weisungen auch zu befolgen. Am ersten Abend rief etwas zum Fenster hinein, man mchte ihm doch eine Knigstochter geben. Die Brder taten es und warfen die eine Schwester zum Fenster hinaus. Am zweiten Abend rief wieder etwas zum Fenster hinein, man mchte ihm doch eine Knigstochter geben. Da warfen die Brder die zweite Schwester zum Fenster hinaus. Und am dritten Abend rief auch wieder etwas zum Fenster hinein, man mchte ihm doch eine Knigstochter geben, und da warfen die Brder die dritte Schwester zum Fenster hinaus. Jetzt waren sie allein. Aber nun waren sie neugierig und wollten doch gerne wissen, was es mit dem Pappelbaum fr eine Bewandtnis habe. Sie gingen also eines Abends hinaus und setzten sich unter den Pappelbaum, zndeten ein Feuer an und schliefen ein. Der lteste mute Wache halten. Wie er da so mit dem Sbel auf und ab ging, zeigte sich etwas, das am Feuer fra, und als er nher zusah, da war es ein dreikpfiger Drache. Da begann er mit dem dreikpfigen Drachen zu kmpfen. Er besiegte ihn, begrub ihn, aber sagte seinen Brdern nichts davon, und am anderen Morgen gingen sie nach Hause. Am nchsten Abend gingen sie wieder hinaus. Sie zndeten wieder ein Feuer an und legten sich hin. Diesmal mute der zweite Bruder Wache halten. Da sah er bald etwas, das am Feuer fra; und als er nher hinsah, war es ein sechskpfiger Drache. Da fing er an, mit dem sechskpfigen Drachen zu kmpfen. Er besiegte ihn und begrub ihn, aber sagte weiter nichts, und die Brder glaubten, es wre nichts geschehen. Und sie gingen am anderen Morgen nach Hause. Am dritten Abend machten sie es ebenso, zndeten ein Feuer an, und diesmal mute der jngste Bruder Wache halten. Kaum da die anderen eingeschlafen waren und er mit dem Sbel auf und ab ging, da sah er, wie etwas am Feuer fra. Er sah sich das genauer an und zgerte et- was und dadurch verging einige Zeit. Dann fing er an, mit dem Drachen, der jetzt ein neunkpfiger war, zu fechten. Aber als er ihn besiegt hatte, da war das Feuer ausgegangen. Nun wollte er den Brdern die berraschung nicht bereiten, und er machte sich auf den Weg, um etwas Licht zu finden. Da sah er zwischen den Zweigen etwas Licht; das wollte er holen, aber es reichte nicht aus. Da sah er etwas kmpfen in den Lften und fragte, was denn das wre, und die kmpfenden Wesen sagten: Wir sind die Sonne und die Morgenrte; wir kmpfen um den Tag. - Da schnrte er sich das Band los, mit dem er seine Beinkleider zusammengebunden hatte, und knpfte damit die Sonne und die Morgenrte zusammen, so da der Tag nicht beginnen konnte. Dann ging er weiter, um sich Licht und Feuer zu holen. Da kam er dann dahin, wo bei einem mchtigen Feuer drei Riesen schliefen. Er nahm sich Feuer, aber wie er dann ber den einen Riesen hinwegsetzen wollte, fiel etwas Feuer auf den Riesen, da er erwachte. Der griff mit der Hand nach ihm, zeigte ihn den anderen und sagte: Guckt mal, was ich da fr eine Mcke gefangen habe! - Der Knigssohn war im hchsten Mae unglcklich, denn die Riesen wollten ihn tten. Aber vorher wollten sie noch etwas von ihm haben und schlssen daher mit ihm einen Vertrag. Sie wollten sich nmlich drei Knigstchter holen; aber da waren ein Hund und ein Hhnchen, und die machten solchen Spektakel, da sie nicht hinkommen konnten. Der Knigssohn versprach, ihnen zu helfen, und die Riesen wollten ihn dafr freilassen. Es wurde nun ein Fadenknuel angebunden, und der Knigssohn ging mit dem Fadenknuel weiter. Es war ausgemacht, da jedesmal einer der Riesen nachkommen sollte, wenn er an dem Faden ziehen wrde. Er kam bald an einen Flu, ber den er aber nicht hinber konnte. Die Brder schliefen unterdessen ja noch. Er zog an dem Faden - da kam der eine Riese herbei, warf einen Baumstamm ber den Flu, und er konnte weitergehen. Dann kam er an das Knigsschlo, wo die Schwestern sein sollten. Er ging hinein und kam in die eine der Kammern. Da sah er die eine Schwester. Die lag auf einem kupfernen Bett und hatte ein goldenes Ringlein am Finger. Das zog er ihr ab, steckte es an seinen eigenen Finger und ging weiter. Da kam er in die zweite Kammer, wo die zweite Schwester auf einem silbernen Bett lag, und ein goldenes Ringlein hatte sie am Finger. Das zog er ab und steckte es selbst an. Dann kam er in die dritte Kammer. Da lag auf einem goldenen Bett die dritte Schwester, und ihren goldenen Ring steckte er ebenfalls an. Als er sich weiter umsah, da entdeckte er, da an dem Schlo ein Eingang mit einer sehr kleinen ffnung war. Nun zog er an dem Faden und da kam der erste Riese herbei. Aber in demselben Augenblick, als er durch das Tor wollte und als er mit dem Kopfe schon hindurch, der Krper jedoch noch drauen war, da schlug er schnell dem Riesen den Kopf ab. Und mit dem zweiten und dritten Riesen machte er es ebenso. Jetzt hatte er die drei Riesen gettet. Nun ging er zu seinen Brdern zurck, nachdem er zunchst losgebunden hatte Sonne und Morgenrte. Die sahen sich an und sagten: Ach, es war doch eine lange Nacht! - Ja - sagte er -, es war eine lange Nacht! - und kam nun zu seinen Brdern. Aber wie es die anderen gemacht hatten, so sagte auch er ihnen weiter nichts, und sie gingen also nach Hause. Nach einiger Zeit wollten die drei Brder heiraten, und der jngste Bruder sagte den anderen, er wisse, wo drei Knigstchter wren und fhrte sie hin nach jenem Schlosse. Die drei Brder heirateten -der jngste heiratete die schnste, die, welche auf dem goldenen Bette gelegen hatte. Der jngste war der Erbe seines Schwiegervaters, und er mute daher in einem fremden Lande leben. Als aber einige Zeit verflossen war, wollte er sein Heimatland besuchen und auch seine Gattin mitnehmen. Da sagte ihm aber der Schwiegervater: Wenn du die Reise antrittst, so wird dir an der Grenze deine Gattin entrissen werden, und vielleicht auf Nimmerwiedersehen! Sie wollten aber doch reisen, reisten auch und nahmen zum Schutz dreiig Reisige mit. Als sie aber an die Grenze kamen, wurde wie von einer unbekannten Macht die Gattin herausgerissen. Er ging nun zurck und fragte seinen Schwiegervater, wie und wo er seine Gattin wiederfinden knne. Der Schwiegervater sagte ihm: Wenn schon, so kannst du sie nur in dem weien Lande finden. Er also machte sich nun auf die Reise, um seine Gattin wiederzufinden. Er wute aber gar nicht, wo der Weg zu dem weien Lande ging. Da kam er zunchst an ein Schlo und wollte nun dort Vorfragen, wo der Weg zu dem weien Lande wre. Als er in das Schlo hineinkam, sah er die Schlofrau sitzen, und da sah er, da das die eine seiner Schwestern war, welche die Brder vorher zum Fenster hinausgeworfen hatten, und er fragte nach dem Gatten. Der wurde hineingerufen. Das war ein vierkpfiger Drache - und er wurde gefragt nach dem Weg zum weien Lande. Der vierkpfige Drache aber meinte, er wisse nicht, wo das weie Land lge; die Tiere wten es aber vielleicht. Die Tiere wurden hineingerufen, aber keines wute den Weg zum weien Lande. Der Knigssohn ging also weiter und kam nun an ein zweites Schlo. Dort fand er die zweite seiner Schwestern, welche die Brder weggegeben hatten. Er fragte nach ihrem Gatten. Der wurde gerufen - da war es ein achtkpfiger Drache. Aber auch er wute nichts von einem weien Lande. Vielleicht aber, meinte er, wten es die Tiere. Die Tiere wurden wieder zusammengerufen, aber keines kannte den Weg zum weien Lande, und der Knigssohn mute weitergehen. Nach einer Weile kam er zu einem dritten Schlosse. Als er eintrat, fand er die dritte der Schwestern dort. Er sagte, was er wollte - sie antwortete ihm sehr traurig. Der Gatte wurde gerufen, da war es ein zwlfkpfiger Drache. Er wurde gefragt nach dem weien Lande, aber er sagte, er wisse es nicht, es knnte aber sein, da es vielleicht eines seiner Tiere wte. Die Tiere wurden also gerufen, aber auch von ihnen kannte keines das weie Land. Ganz zuletzt kam ein lahmer Wolf. Der erzhlte : Ja, ich bin einmal eingefallen in ein Land, da hat man mich verwundet, so da ich jetzt lahm bin. Ich wei das weie Land, leider wei ich es! - Da sagte der Knigssohn: Ich will dahingefhrt werden! - Aber der Wolf wollte nicht, und wenn ihm ganze Schafherden versprochen wrden. Aber zuletzt lie er sich doch herbei, den Knigssohn so weit zu fhren, da er von einem Berge aus in das weie Land hineinsehen knnte. Sie kamen dann auch an diesen Berg, und da verlie ihn der lahme Wolf. Da traf der Knigssohn eine Quelle. Er trank daraus und fhlte sich wunderbar erfrischt von dem Wasser. Da kam eine Frau heran, die er gleich als seine geraubte Gattin erkannte. Und sie, die ihn auch gleich wieder erkannte, sagte ihm: Wiedererringen kannst du mich doch nicht; denn wrdest du es tun, dann wrde der Zauberer, der mich jetzt hier zur Gattin hat, mich doch gleich wieder holen auf seinem Zauberpferde. Das kann so schnell durch die Luft fliegen wie der Gedanke! - Da sagte der Knigssohn: Ja, was sollen wir denn da tun? - Und sie antwortete: Es gibt ein Mittel, und das ist: wir mten ein schnelleres Pferd haben. Du gehst zu der alten Frau, die an der Grenze des Landes wohnt. Bei der verdingst du dich als Knecht. Sie wird dir zwar schwere Sachen aufgeben, aber du wirst schon sehen, wodurch du bestehen kannst; und du verlangst als Lohn das jngste Fohlen und einen Sattel und sagst der alten Frau: der oben auf dem Boden liegt und ganz voll Hhnermist ist -, und als drittes verlangst du einen ganz alten Zaum! Mit diesem Unterricht ging der Knigssohn fort und kam an einen Bach. Als er dort rastete, sah er am Rande des Bchleins auf dem Lande einen Fisch liegen. Der bat ihn: Nimm mich, und wirf mich wieder ins Wasser hinein, da tust du mir eine groe Wohltat! - Er tat es - aber whrend er es tun wollte, gab ihm das Fischlein eine Pfeife und sagte zu ihm: Wenn du etwas brauchst, so nimm nur die Pfeife und pfeife, und ich will dir einen Dienst erweisen! - Er nahm auch das Pfeifchen zu sich und ging weiter. Nach einer Weile traf er eine Ameise, die von ihrer Feindin, die eine Spinne war, verfolgt wurde. Er befreite sie, und die Ameise gab ihm dafr ein Pfeifchen und sagte ihm, wenn er einmal in Not wre und damit pfeifen wrde, so wird ihm Hilfe werden. Er steckte es zu sich und ging weiter. Da fand er bald einen Fuchs. Der war verwundet und hatte einen silbernen Pfeil in sich; und der Fuchs sagte zu ihm: Wenn du mir den Pfeil herausziehen wirst und mir fr meine Wunde etwas Pfahlkraut gibst, so soll dir in einer schwierigen Lage geholfen werden! - Der Knigssohn tat es, und der Fuchs gab ihm auch wieder eine Pfeife. Mit diesen drei Pfeifchen begab sich der Knigssohn nun zu der alten Frau an der Grenze des Landes. Er sagte ihr, er wolle sich bei ihr als Knecht anstellen lassen. Das kannst du wohl, meinte sie, aber der Dienst ist bei mit recht schwer; es hat ihn bis jetzt noch keiner bestanden. - Und damit nahm sie ihn hinaus auf das Feld. Da hingen neunundneunzig Menschen. Die Alte sagte: Das sind alles diejenigen, welche sich bei mir haben als Diener anstellen lassen, aber es ist keiner, der den Dienst bei mir besteht. Wenn du also Lust hast und nicht bestehst, so kannst du ja der hundertste werden! - Aber er verdingte sich doch bei ihr auf ein Jahr, aber dort in der Gegend hat das Jahr nur drei Tage. Am ersten Tage kochte ihm die alte Frau eine Traumsuppe, und dann schickte sie ihn mit drei Pferden fort. Aber er hatte ja die Traumsuppe getrunken, und daher schlief er bald ein, und als er wieder erwachte - da waren die drei Pferde fort. Er dachte an die Pfeifen, zog das erste Pfeifchen heraus und pfiff. Es war nun da an der Stelle eine Art von Quelle. Da kamen drei Goldfischchen geschwommen, und als er sie berhrte, verwandelten sie sich in die drei Pferde. Und er brachte nun die Pferde der alten Frau zurck. Sie hatte ja selbst erst die Pferde in die Goldfische verwandelt. Als sie ihn daher nun mit den Pferden sah, schimpfte sie und warf sich von einer Seite zur anderen. Am nchsten Tage kochte ihm die alte Frau wieder eine Traumsuppe und schickte ihn dann mit den Pferden fort. Er schlief wieder von der Traumsuppe ein, und als er erwachte, waren die Pferde verschwunden. Da pfiff er auf dem zweiten Pfeifchen, und in diesem Augenblick erschienen drei Goldameisen. Als er sie berhrte, da waren es seine drei Pferde wieder, die er nun der alten Frau zurckbrachte. Da wurde die Alte ganz wild, weil sie ja die Pferde selbst verzaubert hatte, und schalt noch mehr auf die Pferde. Aber der Knigssohn war gerettet. Am dritten Tag sagte sich die Alte: Jetzt mu ich die Sache noch viel schlauer anstellen! Sie kochte ihm wieder eine Traumsuppe und schickte ihn mit den Pferden hinaus. Als er von der Traumsuppe einschlief, verwandelte sie die Pferde in drei goldene Eier, und diese Eier dirigierte sie unter ihren eigenen Sitz - und setzte sich also darauf. Der Knigssohn erwachte, die Pferde waren fort, und da pfiff er nun auf dem dritten Pfeifchen, und - nun denken Sie, wie schlau die Dinge wirken -, jetzt kam der Fuchs herbei. Der Fuchs sagte: Diesmal ist die Sache doch etwas schwieriger, aber wir wollen es schon machen. Ich will nach dem Hhnerhof gehen und dort ein groes Geheul anstellen. Da wird die Alte herausspringen, und in dieser Zeit berhrst du dann die drei goldenen Eier unter ihrem Sitz; und wenn du sie berhrst, werden sie verwandelt sein. - Und so kam es. Der Fuchs ging zum Hhnerhof, machte dort ein groes Geheul, die Alte sprang auf, lief hinaus, der Knigssohn berhrte die goldenen Eier, und als die Alte wiederkam, da waren die drei Pferde da. Jetzt konnte die Alte nun nicht anders, als den Knigssohn fragen: Was willst du als Lohn haben? - Sie dachte ja, er wrde etwas ganz Besonderes haben wollen. Da sagte er: Ich will nur das Fohlen, das heute nacht geboren ist, dazu den Sattel oben auf dem Boden, der von Hhnermist ganz bedeckt ist, und einen alten Zaum. - Das bekam er. Das Pferd war noch klein. Er mute es auf dem Rcken tragen. Als es Abend war, sagte das Pferdchen: Jetzt kannst du eine Weile schlafen; ich will zu einer Quelle gehen und Wasser trinken. Am Morgen kam es wieder. Am zweiten Tage konnte es schon mit einer Riesengeschwindigkeit laufen. In der zweiten Nacht ging es wie in der ersten. Und am dritten Tage fhrte es ihn zu dem Bannort seiner Gattin. Da wurde die Gattin auf das Pferdchen gesetzt, und - das ist jetzt ein Zug, der fr jeden, der die Sache kennt, so tief beweisend ist fr den okkulten Ursprung des Mrchens - nun sagte der Knigssohn: Mit welcher Geschwindigkeit werden wir jetzt durch die Luft fahren? - Und es antwortete die Gattin: Mit der Geschwindigkeit des Gedankens. - Als nun der unrechtmige Besitzer das bemerkte, setzte er sich ebenfalls auf sein Zauberpferd, um ihnen nachzueilen. Da fragte ihn das Pferd: Mit welcher Geschwindigkeit werden wir durch die Luft fahren? - Und er sagte: Mit der Geschwindigkeit des Willens oder des Gedankens! - Es sauste ihnen nach, kam nher und immer nher, und als es schon ganz nahe war, da sagte das Pferd zu dem voranfliegenden, es solle warten. Ich werde erst warten, wenn du ganz nahe bist - war die Antwort. In dem Augenblick erhob sich das andere Pferd und warf den Ruber ab, vereinigte sich mit dem ersten Pferde und die Knigin war befreit. Nun konnte der Knigssohn wieder mit seiner Gattin zurckkehren, und sie lebten in ihrem Lande weiter. Und wenn das Ereignis nicht verblichen ist, so leben sie noch heute. Das ist jetzt ein anderes, etwas komplizierteres Mrchen, das die mannigfaltigsten Zge enthlt. Bis wir in der Lage sein werden, hier Weiteres zur Deutung gerade dieses Mrchens zu sagen, wollen wir es uns durch die Seele ziehen lassen, um die verschiedenen Zge, die gerade in diesem Mrchen wunderbar zusammenklingen, selber zu entrtseln. Natrlich wird das, was durch falsche Tradition hinzugekommen ist, ausgesondert werden mssen. Aber Sie werden, wenn Sie es nach dem Prinzip betrachten, das heute geschildert worden ist, fr alles, was hier auftritt, den Faden finden knnen: das Drachenmotiv, das Motiv der drei Schwestern, die herausgeworfen werden, das berwindungsmotiv der Drachen am Feuer, das Klugheitsmotiv, das Vermhlungsmotiv der Verstandesseele mit der ueren Welt; jetzt wieder in einzigartiger Weise das Klugheitsmotiv der feineren Zauberkrfte. Dann tritt auf in einer merkwrdigen Weise Nemesis, Karma, indem der Knigssohn seinen Schwestern wieder entgegentritt: Ihre hhere schwesterliche Natur haben die drei Brder hinausgeworfen, daher das Drachentten am Feuer und so weiter. Solche Mrchenerzhlungen sind Erfahrungen von Leuten aus dem Volk, die in solchen Zwischenzustnden sind. So sind ebenfalls die groen Gttermythen der Vlker die Darstellung dessen, was die Eingeweihten auf dem astralischen Plan und den hheren Planen erleben. Die Mrchen verhalten sich zu den groen Vlkermythen folgendermaen: Die groen Vlkermythen knnen wir enthllen, wenn wir die groen, umfassenden Verhltnisse des Kosmos zugrunde legen, und die Mrchen enthllen wir, wenn wir die Geheimnisse des Volkes zugrundelegen. Alles im Mrchen tritt so auf, da die verschiedenen Vorgnge und Bilder nichts anderes sind als Wiedererzhlungen astralischer Erlebnisse. Solche astralische Erlebnisse hatten in einer gewissen Urzeit alle Menschen. Dann wurden sie immer seltener und seltener. Die einen Menschen erzhlten sie den anderen, die anderen nahmen sie auf, und so wanderten die Mrchen von Gegend zu Gegend. In den verschiedensten Sprachen tra- ten sie auf, und wir merkten die hnlichkeit des Mrchenschatzes ber die ganze Welt, wenn wir die ihnen zugrundeliegenden astrali-schen Erlebnisse herausschlen knnen. Wer heute als sinniger Mensch durch die Welt wandert, der kann die letzten Reste des atavistischen Hellsehens wohl noch finden. Da oder dort tritt ihm jemand entgegen, und der erzhlt, was er als eigene Erlebnisse in der astralischen Welt geschaut hat. Ein solcher Mensch, der so durch die Lnder wandert, kann dann hren von solchen, die noch eine Ahnung haben von der wahren Wirklichkeit, die Mrchengeschichten. So werden sie in unseren Bchern aufgezeichnet. So haben die Brder Grimm die Mrchen gesammelt. So haben sie andere gesammelt, die meist selbst nicht Hellseher waren, sondern die Mrchen aus dritter, vierter, fnfter Hand bekamen, ja manchmal auch erst aus zehnter Hand, so da sie ihnen in einer mannigfaltig entstellten Gestalt entgegentraten. Aber es neigte sich die Zeit der Abenddmmerung, wo die Menschen noch ihren intimen Zusammenhang mit der geistigen Welt hatten, der jetzt eben charakterisiert worden ist. Immer mehr und mehr treten die Menschen von dieser geistigen Welt zurck. Das atavistische Hellsehen wird immer seltener und seltener werden, wenigstens das als gesund zu bezeichnende, und wahres Hellsehen wird immer mehr und mehr das blo durch Schulung dem Menschen zuteil gewordene sein knnen. Und von dem, was die Menschen in alten Zeiten gesehen haben, werden die meisten Menschen, die noch etwas wissen von den Dingen, in einer gewissen Zukunft sagen knnen: Es war einmal, da alte Leute aus ihren astralischen Erlebnissen heraus dieses oder jenes erzhlten. Wo war es doch? Es kann eigentlich berall gewesen sein. - Aber heute findet man nur noch sehr selten irgend jemanden, der das aus einer wirklichen Quelle heraus erzhlen wird. Und man wird von den Mrchenerlebnissen sagen knnen: Sie ereigneten sich einmal - und wenn sie nicht gestorben sind, diese Mrchenerlebnisse, so leben sie heute noch. Aber fr die meisten Menschen, die innerlich sich mit dem physischen Plan verstricken, sind sie eben lngst gestorben. DIE STELLUNG DER ANTHROPOSOPHIE ZUR PHILOSOPHIE Berlin, 14. Mrz 1908 Immer wieder hrt man mit Recht sagen, da die anthroposo phisch orientierte Geisteswissenschaft erst dann das Ohr berufener Leute finden wird, wenn sie imstande ist, sich mit philosophischen Dingen auseinanderzusetzen. Solange sie das nicht tut, wird sie auf die Philosophen einen dilettantenhaften Eindruck machen, und solange wird man auch sagen, da die Anhnger dieser Geisteswissenschaft nur deshalb Anhnger derselben seien, weil ihnen eben die grndliche philosophische Bildung fehle. Nun wrde es ganz aussichtslos sein, wenn man etwa warten wollte, bis eine gengend groe Anzahl von Menschen, die philosophisch geschult sind, einsehen wrden, da die Geisteswissenschaft selbst fr den allerphilosophischsten Menschen sehr wohl etwas ist, was ihn weit ber die bloe Philosophie hinaushebt. Da man aber mit der geisteswissenschaftlichen Bewegung nicht warten kann und die Geisteswissenschaft der ffentlichkeit so geben mu, wie diese ffentlichkeit imstande ist, sie aufzunehmen und zu begreifen, auch ohne da die einzelnen Glieder dieser ffentlichkeit eine besondere philosophische Schulung erhalten haben, wenn man also im allgemeinen gentigt ist, dies zu tun, so mu doch streng betont werden, da es auf anthroposophischem Felde nichts gibt, das nicht im strengsten Sinne sich auseinandersetzen knnte mit dem, was auf dem Gebiete der Philosophie ntig und richtig ist. Und wenn ich auch durch die allgemeine Richtung in der theosophischen Bewegung nicht in der Lage bin, philosophische Betrachtungen zu geben, so mchte ich doch diese kurze Stunde benutzen, um diejenigen, die sich mit philosophischen Dingen beschftigt haben, auf einige philosophische Gesichtspunkte aufmerksam zu machen. Und ich bitte, dies als etwas zu nehmen, was ganz und gar aus dem Rahmen der brigen anthroposophischen Betrachtungen herausfllt, als etwas, was rein eine einzelne philosophische Betrachtung sein soll. Sie werden vielleicht zum Teil die Dinge, die dabei ntig sind zu besprechen, schwierig finden. Aber machen Sie sich nichts daraus, wenn Sie einmal eine kurze Stunde schwierige und nicht so zu Herzen gehende Betrachtungen hier anzuhren haben. Jedenfalls knnen Sie sicher sein, da Ihnen das auerordentlich ntzlich sein wird zur Fundamentierung der geisteswissenschaftlichen Wahrheiten. Sie werden es immer wieder finden, wenn Sie wirkliche philosophische Denkungsart in sich aufnehmen, da Ihnen diese philosophische Denkungsart nicht nur das Verstndnis fr die Geisteswissenschaft im allgemeinen, sondern auch fr das, was man esoterische Ent-wickelung nennt, wesentlich erleichtern wird. Also ganz aus dem Rahmen der sonstigen Betrachtungen herausfallend soll diese heutige, rein philosophische Betrachtung sein. Philosophie mssen Sie berhaupt nicht als etwas ansehen, was Sie absolut nehmen drfen. Philosophie ist etwas, was im Laufe der Menschheitsentwickelung erst entstanden ist, und wir knnen sozusagen sehr leicht die Geburtsstunde der Philosophie angeben, denn diese Geburtsstunde der Philosophie ist im Grunde genommen eigentlich in jeder Geschichte der Philosophie mehr oder weniger richtig angegeben. Man hat in neuerer Zeit manches eingewendet gegen die Tatsache, da jede Philosophiegeschichte mit Thaies beginnt, also mit dem ersten Aufleuchten der Philosophie in Griechenland; und man hat gemeint, da man auch die Philosophie ber diese Zeit hinaus nach rckwrts verfolgen knne. Das ist nicht richtig. Was man mit Fug und Recht Philosophie nennt, beginnt in Wirklichkeit mit der griechischen Philosophie. Morgenlndische Weisheit und morgenlndisches Wissen sind nicht das, was man im eigentlichen Sinne mit Philosophie bezeichnen sollte. Wenn wir von den groen philosophischen Intuitionen, wie sie bei Heraklit, bei Thaies, spter bei Sokrates in einer anderen Weise auftreten, absehen und gleich gehen auf die Philosophie, soweit sie uns in einem geschlossenen Weltgebude, in einem geschlossenen Gedankengebude entgegentritt, so ist nicht etwa Pythagoras der erste Philosoph. Denn Pythagoras ist in einer gewissen Beziehung noch ein intuitiver Seher, der zwar vielfach in philosophischen Formen ausdrckt, was er zu sagen hat; aber im eigentlichen Sinne ein philosophisches System ist das pythagorische System nicht, ebensowenig wie das platonische. Ein philosophisches System im wahren Sinne des Wortes ist erst das groe System - als philosophisches System -, welches Aristoteles im 4. Jahrhundert vor Christus aufgebaut hat. Man mu sich ber diese Dinge erst einmal orientieren. Wenn Aristoteles als der erste Philosoph bezeichnet wird und Plato noch als halber Seher angesehen wird, so geschieht das deshalb, weil Aristoteles der erste ist, der blo aus der Quelle der Philosophie heraus schpfen mu, nmlich aus der Quelle des Denkens in Begriffen. Das war natrlich alles lange Zeit vorbereitet; es war nicht so, da er nun alle Begriffe erst selber htte schaffen mssen; seine Vorlufer haben ihm in dieser Beziehung nicht unerheblich vorgearbeitet. Aber in Wahrheit gibt Aristoteles in einer gewissen Beziehung gerade das, was zum Beispiel Gegenstand der Mysterien war, zum ersten Male nicht in der alten seherischen Form, sondern er gibt alles, was er gibt, in der begrifflichen Form. Und so wird auch der, der in der Philosophie sich orientieren will, zurckgehen mssen bis zu Aristoteles. Er wird bei ihm alle die Begriffe finden, die aus anderen Erkenntnisquellen der frheren Zeiten gewonnen worden sind, aber sie verarbeitet und aufgearbeitet finden zu einem begrifflichen System. Vor allen Dingen ist bei Aristoteles der Ausgangspunkt zu suchen einer - nennen wir es Wissenschaft -, einer Wissenschaft, welche in dieser Gestalt innerhalb der Menschheitsentwickelung frher nicht existiert hat und auch nicht htte entstehen knnen. Wer die Menschheitsentwickelung in dieser Weise verfolgen kann mit den Mitteln der Geisteswissenschaft, der wei, da vor Aristoteles - natrlich ist das alles mit dem berhmten Gran Salz zu verstehen - eine aristotelische Logik so nicht denkbar war, weil erst Aristoteles eine entsprechende Denktechnik, eine Logik, geschaffen hat. Solange in den Mysterien die hhere Weisheit direkt mitgeteilt wurde, bedurfte man keiner Logik. Aristoteles ist nun in einer gewissen Weise auch der unerreichte Meister der Logik. Im Grunde hat trotz aller Anstrengungen des 19. Jahrhunderts die Logik in allen wesentlichen Punkten nicht viele Fortschritte gemacht ber das hinaus, was Aristoteles bereits gegeben hat. Es wrde heute zu weit fhren, wollte ich Sie auf die Grnde hinweisen, warum Philosophie erst in dieser Zeit, in der Zeit des Aristoteles, in die Menschheit eintreten konnte. Durch die Anthroposophie wird es fr viele allmhlich begreiflich werden, warum ein ganz bestimmtes Zeitalter fr die Begrndung der Philosophie notwendig war. Wir sehen sodann, wie Aristoteles fr lange Zeiten der tonangebende Philosoph ist und mit kurzen Unterbrechungen - die fr den heutigen Menschen mehr als Unterbrechungen erscheinen, als da sie es wirklich waren - es bis zum heutigen Tage bleibt. Alle, die auf anderen Gebieten ttig sind, sagen wir im Gnostizismus, Platonis-mus, oder in den Kirchenlehren des ersten Christentums, sie verarbeiteten die aristotelischen Gedankenknste. Und in wunderbarer Weise breitet sich das, was Aristoteles der Menschheit gegeben hat als das formale Element des Denkens, auch im Abendlande aus, wo das, was die Kirche zu sagen hat, mehr oder weniger in die Formen gekleidet wird, die Aristoteles in seiner Denktechnik gegeben hat. Wenn auch in den ersten Jahrhunderten der Ausbreitung des Christentums die Philosophie des Aristoteles noch in sehr mangelhafter Form im Abendlande verbreitet war, so liegt das im wesentlichen daran, da man die Schriften des Aristoteles nicht in der Ursprache hatte. Aber man dachte im Sinne der von Aristoteles ausgearbeiteten Denktechnik. In anderer Art hat Aristoteles im Morgenlande Verbreitung gefunden, um dann, auf dem Umwege ber die Araber, wiederum in das Abendland zu kommen. So ist Aristoteles auf zwei Arten im Abendlande heimisch geworden: erstens durch die christliche Strmung und zweitens durch die Strmung, die nach und nach durch die Araber in die Kultur des Abendlandes eingeflossen ist. In diese Zeit hinein fllt jene groe Pflege des aristotelischen Denkens, welche den eigentlichen Hhepunkt in der Philosophie des Mittelalters darstellt, nmlich die erste Form dessen, was man Scholastik nennt, speziell Frhscholastik. Die Scholastik ist im wesentlichen dazu dagewesen, eine Philosophie des Christentums zu sein. Sie war aus zwei Grnden gentigt, den Aristoteles in sich aufzunehmen: Erstens aus den alten Traditionen heraus, weil man berhaupt gewohnt war, Aristoteles zu kennen; auch die Platoniker und Neuplatoniker waren mehr dem Inhalt nach Platoniker; in ihrer Gedankentechnik waren sie vielfach Aristoteliker. Aber auch aus einem anderen Grunde war es notwendig, da sich die Scholastik auf Aristoteles sttzte, nmlich weil die Scholastik in die Notwendigkeit versetzt war, gegen die Einflsse des Arabismus und damit gegen die morgenlndische Mystik aufzutreten, so da wir also im elften, zwlften, dreizehnten Jahrhundert innerhalb der Scholastik die Aufgabe finden, das Christentum gegenber der arabischen Gedankenwelt philosophisch zu rechtfertigen. Es kamen die arabischen Gelehrten mit dem wunderbar ausziselierten aristotelischen Wissen und versuchten von den verschiedensten Positionen aus, das Christentum anzugreifen. Wollte man das Christentum verteidigen, so mute man zeigen, da sich die Araber der Instrumente, deren sie sich bedienten, in einer unrichtigen Weise bedienten. Es handelte sich dabei darum, da die Araber sich den Anschein gaben, da nur sie allein die richtige Denkweise des Aristoteles htten und deshalb von dieser richtigen Denkweise des Aritoteles aus ihre Angriffe gegen das Christentum richteten. In der Auslegung der Araber erschien es so, als ob der, der auf dem Boden des Aristoteles stehe, notwendig ein Gegner des Christentums sein msse. Diesem Bestreben gegenber erhob sich die Philosophie des Thomas von Aquino. Diesem handelte es sich darum, zu zeigen, da, wenn man den Aristoteles richtig versteht, man gerade mit Hilfe des aristotelischen Denkens das Christentum rechtfertigen kann. So war es nach der einen Seite die Tradition, in aristotelischer Denktechnik zu verfahren, auf der anderen Seite die Notwendigkeit, gegen das anstrmende Arabertum gerade diese Denktechnik des Aristoteles in der richtigen Weise zu handhaben, was sich in der Philosophie des Thomas von Aquino ausdrckte. So finden wir eine eigentmliche Synthese des aristotelischen Denkens in dem, was in der ersten Zeit das Wesen der scholasti- sehen Philosophie ausmacht, einer Philosophie, die viel verlstert, heute aber wenig mehr verstanden wird. Sehr bald kam dann die Zeit, in der man die scholastische Philosophie nicht mehr verstand. Und dann kamen alle mglichen Ausartungen der Scholastik, zum Beispiel diejenige Ausartung, die man gewhnlich bezeichnet als die Geistesstrmung des Nominalismus, whrend die frhe Scholastik Realismus war. Diesem Nominalismus ist es zuzuschreiben, da die Scholastik sich bald berlebte und in Mikredit und Vergessenheit geriet. Der Nominalismus ist in einem gewissen Sinne der Vater alles modernen Skeptizismus. Es ist ein merkwrdiges Gewirr von philosophischen Strmungen, die wir heraufkommen sehen gegen unsere neuere Zeit hin, die alle im Grunde gegen die Scholastik strmen. Wir sehen noch einige Geister, die fest und tchtig in der aristotelischen Gedankentechnik stehen, die aber gegen das anstrmende Neuzeitliche nicht mehr ganz geschtzt sind. Zu diesen gehrt Nikolaus Cusanus. Wir sehen dann aber, wie das letzte, was sich retten lt von dieser philosophisch-methodischen Grundlage, Cartesius rettet. Und wir sehen auf der anderen Seite, wie alle die guten Elemente des Ara-bismus - jener Art von Philosophieen, welche mehr west-orientali-sches Sehen verknpft haben mit dem Aristotelismus -, sich verschrnkt haben mit jener Denktechnik, die wir die kabbalistische nennen. Zu den Vertretern dieser Richtung zhlt Spinoza, der nicht anders zu verstehen ist, als wenn man ihn angliedert einerseits an den Westorientalismus und andererseits an den Kabbalismus. Alles andere Reden ber Spinoza ist ein Reden, bei dem man keinen Boden unter den Fen hat. Dann aber machte sich der Empirismus mit Macht breit, besonders unter der gide Lockes und Humes. Und dann sehen wir, wie die Philosophie sich immer mehr gegenbergestellt findet den rein ueren materiellen Forschungen - der Naturwissenschaft -, und wie sie stckweise vor dieser Art des Forschens zurckweicht. Wir sehen dann, wie sich die Philosophie verfngt in einem Netz, aus dem sie sich fast nicht mehr herauszuwinden vermag. Das ist ein wichtiger Punkt, an dem sich die Philosophie der neueren Zeit ver- fngt, nmlich bei Kant! Und wir sehen in der nachkantischen Zeit, wie groe Philosophen auftreten, wie Fichte* Schelling, Hegel wie eine Art Meteore auftreten, wobei sie aber von ihrem eigenen Volke am schlechtesten verstanden werden. Und wir sehen, wie ein kurzes, seltsames Herumbalgen in den Gedanken stattfindet, um herauszukommen aus dem Netz, in das der Kantianismus die Philosophen hineinverfangen hat, wie unmglich es fr die Philosophie ist, da herauszukommen, und wie gerade das deutsche Denken an einem in den verschiedensten Varianten auftretenden Kantianismus krankt, wie sogar auch alle schnen und groen Anstze, die gemacht werden, an dem Kantianismus kranken. So sehen wir in der ganzen neueren Philosophie einen Mangel auftreten, der zwei Quellen hat: Die eine zeigt sich darin, da bei unseren philosophischen Lehrsthlen, die glauben, sich mehr oder weniger von dem Kantianismus freigemacht zu haben, die Leute doch immer noch in den Schlingen Kants zappeln; die andere zeigt sich darin, da die Philosophie an einer gewissen Unmglichkeit leidet, ihre Position, die sie als Philosophie verteidigen mte, gegen die sehr kurzsichtige Naturwissenschaft zu behaupten. Nicht frher, als bis sich unsere Philosophie befreit haben wird von den Netzen des Kantianismus und von all dem, wodurch die Philosophie Halt macht vor der anstrmenden Naturwissenschaft, nicht frher, als bis unsere besser gesinnten Elemente erkennen, wie sie ber diese beiden Klippen, die sich ihnen in den Weg stellen, hinwegkommen knnen, ist irgendein Heil auf philosophischem Felde zu erwarten. Daher bietet auch das philosophische Feld insbesondere innerhalb Deutschlands ein wirklich trauriges Bild, und es ist im hchsten Grade jammervoll zu sehen, wie zum Beispiel die Psychologie Stck fr Stck zurckweicht, wie zum Beispiel heute Menschen, die eigentlich nicht imstande sind, anderes zu tun, als elementare Dinge ein wenig in philosophischer Weise zu verarbeiten, aber dabei nicht ber gewisse Trivialitten hinauskommen, ein riesiges Ansehen haben, wie zum Beispiel Wundt. Auf der anderen Seite wieder mu man sehen, da Geister wie zum Beispiel Fechner - der anregend sein knnte, wenn die Menschen ein Urteil dafr htten -, da ein solcher von denen, die die reinen Dilettanten sind, angesehen wird wie ein neuer Messias. Das mute notwendig so kommen und soll keine Kritik sein. Ausgehen mchte ich nun von einem Begriff, der so recht zusammenhngt mit dem Netz, worin sich die Philosophie seit Kant verfangen hat, der das Grundbel des philosophischen Geistes ist, ein bel, das mit den Worten gekennzeichnet werden kann: Die Philosophie ist ganz und gar dem Subjektivismus verfallen! Wenn wir Kant verstehen wollen, mssen wir ihn zuerst historisch verstehen. Die Kantsche Anschauung ist eigentlich ganz und gar herausgeboren aus der Entwickelungsgeschichte des menschlichen Vorstellens. Wer Kant genauer kennt, der wei, da der Kant der fnfziger und auch noch der sechziger Jahre ganz und gar aufging in dem, was damals die gebruchlichste Philosophie in Deutschland war, was man nannte die Aufklrungsphilosophie von Wolff. Sie war in ihrer ueren Form vielfach ein Gestrpp von Gedankenhlsen, aber ihr Geist war zum Teil noch entlehnt dem alten Leibni-zianismus. Wir wollen uns hier aber mehr auf eine kurze Charakterisierung des Wolffianismus einlassen. Da knnen wir sagen: Fr den Wolffianismus zerfllt die Weltauffassung in zweierlei Wahrheiten: erstens die des ueren Anschauens und dessen, was der Mensch daraus gewinnen kann; zweitens diejenige, die der Mensch durch reines Denken gewinnen kann: a priori. So gab es ja auch eine Physik - eine Astronomie, eine Kosmologie -, die aus der Betrachtung der Tatsachen gewonnen wurde, und eine rationale Physik - eine rationale Astronomie -, die durch reines Denken gewonnen wurde. Wolff war sich klar, da das menschliche Denken, ohne irgendwie auf Erfahrung Rcksicht zu nehmen, rein rational, aus sich heraus, ein Wissen konstruieren knnte ber das Wesen der Welt. Es war das ein Wissen aus der reinen Vernunft, a priori, -whrend a posteriori das Wissen war, das aus dem Sinnlichen, aus dem bloen Verstnde, aus der Erfahrung gewonnen wurde. Ebenso gab es fr Wolff zwei Psychologien, eine, in der sich die Seele selbst beobachtete, und dagegen die andere, die rationale Psychologie. Und ebenso unterschied Wolff zwischen einer Natur-Theologie, die auf der Offenbarung beruht, auf dem, was als die geoffenbarte Wahrheit uns berkommen und als das bersinnliche in den Religionsbekenntnissen vorhanden ist -; davon unterschied er die rationale Theologie, die aus der reinen Vernunft - a priori - gewonnen werden konnte, welche zum Beispiel die Beweise ber das Dasein Gottes aus der reinen Vernunft schpft. So trennte sich das ganze Wissen der damaligen Zeit in ein solches aus der reinen Vernunft und ein solches aus der reinen Erfahrung. Diejenigen, die auf diesem Boden standen, studierten damals an allen Universitten. Kant gehrte auch zu ihnen, wenn er auch schon darber hinausging, wie es eine Schrift von ihm zeigt, die den Titel hatte: ber den Begriff, die negative Gre in die Welt einzufhren. Dann wurde er bekannt mit dem englischen Skeptiker Hume und lernte damit jene Form des Skeptizismus kennen, die erschtternd wirkt auf jedes rationale Erkennen, besonders auf die Anschauung der durchgngigen Aprioritat, das Kausalgesetz. Hume sagt: Es gibt nichts, was man durch irgendwelche apriorische Form des Denkens gewinnen knne. Es sei eben eine Gewohnheit des Menschen, zu denken, da jede Tatsache als Wirkung einer Ursache zu verstehen sei. Und so sei der ganze rationale Ausbau etwas, an was man gewhnt worden sei. Dadurch wurde fr Kant, der etwas Einleuchtendes bei Hume fand, dem Wolffschen Rationalismus der Boden entzogen, so da er sich sagte, es sei berhaupt nur ein Erkennen aus Erfahrung mglich. Da kam Kant in eine sehr merkwrdige Lage. Sein ganzes Fhlen und Empfinden wehrte sich gegen die Annahme, es gbe eigentlich nichts absolut Gewisses. Wenn man sich ganz auf den Boden von Hume stellte, mte man sagen: Gewi, wir haben gesehen, da die Sonne des morgens aufgeht und die Steine erwrmt, und wir haben aus all den Fllen, da die Sonne des morgens aufging und die Steine erwrmte, geschlossen, da darin ein gewisser urschlicher Zusammenhang besteht; aber es zeigt sich gar keine Notwendigkeit, da dieser Schlu eine absolute Wahrheit ist. - Das ist die Humesche Anschauung. Kant wollte nun die absolute Wahrheit nicht fallen lassen. Es war ihm auch klar, da ohne die Erfahrung keine apriorische Aussage mglich ist. Er drehte deshalb diesen letzten Satz um und sagte: Gewi, richtig ist es, da der Mensch ohne Erfahrung zu nichts kommen kann; aber stammt denn die Erkenntnis auch wirklich aus der Erfahrung? - Nein, sagte Kant, es gibt mathematische Urteile, die ganz unabhngig sind von der Erfahrung. Wenn mathematische Urteile aus der Erfahrung gewonnen wrden, so knnten wir nur sagen: sie haben sich bisher bewhrt, aber ob sie richtig sind, das wissen wir nicht. - Da kam Kant dazu zu sagen: Da wir solche Urteile fllen knnen wie die mathematischen, hngt ab von der Organisation des Subjektes in dem Moment, in welchem wir diese Urteile abgeben; wir knnen nicht anders denken, als die Gesetze der Mathematik sind, deshalb mu sich alle Erfahrung nach dem Bereiche der mathematischen Gesetzmigkeit richten. Wir haben also eine Welt um uns, die wir schaffen nach den Kategorien unseres Denkens und unserer Erfahrungen. Wir fangen mit der Erfahrung an, aber alles das hat nur mit unserer Organisation zu tun. Wir breiten das Netz unserer Organisation aus, fangen den Stoff der Erfahrung ein nach den Anschauungs- und Verstandeskategorien unserer subjektiven Organisation und sehen im Grunde ein Weltbild, das wir seiner Form nach selbst gesponnen haben. [Lcke in der Nachschrift.] In diesen Subjektivismus hat sich die Philosophie seit Kant eingesponnen - auer in gewissem Mae bei Fichte, Schelling und Hegel -, in diesen Subjektivismus, der besagt, da der Mensch mit den Dingen nur insofern etwas zu tun habe, als sie einen Eindruck auf ihn machen. Man hat immer mehr in den Kantianismus hineingelegt. Schon Schopenhauer, der in seiner Welt als Wille und Vorstellung wirklich ber Kant etwas hinausgeht, aber auch andere in noch viel grerem Mae, haben diesen Kantianismus nur noch so aufgefat, da das Ding an sich dem menschlichen Erkennen vllig unzugnglich sei, whrend dagegen alles dasjenige, was beim Menschen auftritt - von dem ersten Sinneseindruck bis zur Verarbeitung der Eindrcke als Erkenntnis - blo eine Wirkung auf das Subjekt sei. Sie sehen, da der Mensch dann im Grunde genommen von allem Objektiven abgeschlossen ist, nur in seine Subjektivitt eingespon- nen ist. Unsere Welt ist nicht eine Welt der Dinge, nur eine Welt der Vorstellungen, sagt Schopenhauer. Das Ding ist etwas, was jenseits vom Subjekt liegt. In dem Augenblick, wo wir etwas wissen, ist das, was wir vor uns haben, schon unsere Vorstellung. Das Ding liegt jenseits vom Subjekt, im Transsubjektiven. Die Welt ist meine Vorstellung, und ich bewege mich nur in meinen Vorstellungen. - Das ist das Netz, in dem sich die Philosophie gefangen hat, und das finden Sie ausgebreitet ber das ganze Denken des neunzehnten Jahrhunderts. Und dieses Denken hat auch auf dem Gebiete der Psychologie zu gar nichts anderem fhren knnen als dazu, dasjenige, was uns gegeben ist, als etwas Subjektives aufzufassen. Selbst bei den Einzelwissenschaften macht sich dies bemerkbar. Man achte auf die Helmholtzschen Lehren. Helmholtz sagt: Das, was uns gegeben ist, ist nicht mehr nur ein Bild, sondern nur ein Zeichen des wirklichen Bildes; der Mensch darf nie behaupten, da das, was er wahrnimmt, eine hnlichkeit habe mit der Wirklichkeit. Der ganze Entwicklungsweg des Subjektivismus im neunzehnten Jahrhundert ist ein Beispiel dafr, wie die Menschen die Unbefangenheit verlieren knnen, wenn sie einmal in einen Gedanken eingesponnen sind. Der Transcendentale Realismus Eduard von Hartmanns ist ein Beispiel dafr. Es war unmglich, mit Eduard von Hartmann darber zu reden, da vielleicht die Welt doch nicht blo meine Vorstellung sein knnte. Er hatte sich so sehr in diese Theorie eingesponnen, da man kaum mehr objektiv ber eine erkenntnistheoretische Frage mit ihm diskutieren konnte. Er konnte gar nicht ber diese Definition die Welt ist meine Vorstellung hinauskommen. Wer nun gerecht ist, darf nicht in Abrede stellen, da dieser Subjektivismus, der in dem Satz liegt Die Welt ist meine Vorstellung, etwas ungeheuer Bestechendes hat. Nehmen Sie die Sache vom Subjekt aus, so werden Sie sagen, da, wenn wir erkennen wollen, wir immer ttig sein mssen. Von der ersten Empfindung an bis zur letzten Erzeugung des Punktes in unserem Blickfelde, der das Rot bedeutet, mssen wir ttig sein. Htten wir nicht die Organisation unseres Auges, das Rot knnte nie in unserem Auge auftreten. So da, wenn Sie das Erfahrungsfeld berblicken, Sie in den Erfahrungen die Ttigkeit des Subjekts haben, und da daher alles, was innerhalb Ihrer Erkenntnis ist, vom Subjekt aus betrachtet, von Ihnen selbst hervorgebracht ist. Das ist in einer gewissen Weise sehr bedeutsam, da der Mensch ttig sein mu, bis ins letzte Pnktchen hinein, wenn er erkennen will. [Lcke in der Nachschrift.] Die Subjektivitt des Menschen berhrt sich da mit dem Ding an sich; berall, wo sie anstt, erfhrt sie eine Affektion; Sie erleben immer nur eine Modifikation Ihrer eigenen Krfte. So spinnen Sie sich ein; Sie kommen gar nicht ber die Oberflche des Dinges an sich hinaus. Alles, was Sie erreichen knnten, ist dies, da Sie sagen: Es stt sich meine eigene Ttigkeit immer an der Oberflche des Dinges an sich, und ich empfinde berall nur meine eigene Ttigkeit. Ich mchte Ihnen ein Bild geben. Dieses Bild ist ein solches, das noch keiner der subjektivistisch eingestellten Philosophen wirklich durchdacht hat. Denn wrde er es tun, so wrde er in diesem Bilde die Mglichkeit finden, aus der Subjektivitt herauszukommen. Sie haben einen Bogen Papier, trufeln flssigen Siegellack darauf und drcken nun in den Siegellack ein Petschaft ab. Jetzt frage ich Sie: Was ist da geschehen? Auf dem Petschaft soll ein Name stehen, sagen wir Mller. Wenn Sie es abgedrckt haben, ist dasjenige, was im Petschaft steht, absolut identisch mit dem, was im Siegellack steht. Wenn Sie den ganzen Siegellack durchforschen, werden Sie nicht das geringste Atom finden, das vom Petschaft in den Siegellack hineingekommen wre. Beide berhren sich, und da tritt der Name Mller auf. Denken Sie sich, der Siegellack wre ein erkennendes Wesen und wrde sagen: Ich bin durch und durch Siegellack; das ist meine Eigenschaft, Siegellack zu sein. Da drauen, das Petschaft, ist ein < Ding an sich >; von diesem < Ding an sich > kann nicht das geringste in mich hineinkommen. Die Substanz des Messings bleibt ganz drauen; und dennoch, wenn Sie das Petschaft wegnehmen, der Name Mller, auf den es ankommt, ist absolut richtig beim Siegellack. Sie knnen aber nicht sagen, da der Siegellack den Namen Mller hervorgebracht hat. Nie, wenn nicht eine Berhrung zustandegekommen wre, wrde der Name Mller zustandegekommen sein. Wenn nun der Siegellack reden knnte und sagte: Dieser Abdruck ist nur subjektiv! ? - So schlieen im Grunde genommen alle Kantianer; nur tun sie das in Gedankenwindungen, bei welchen der einfache Mensch nicht mehr erkennen kann, da der Gedankenfehler in etwas so Einfachem besteht. Nun stimmt aber der Siegelabdruck vollstndig mit dem im Petschaft eingravierten Namen berein, also mit dem, worauf es hier im wesentlichen ankommt, abgesehen vor der Spiegelbildlichkeit, die aber hier auer Betracht fllt. Daher knnen Eindruck und Abdruck als identisch angesehen werden, wenigstens in bezug auf das Wesentliche, auf den Namen Mller. Genauso ist es auch mit den Eindrcken, die wir von der Auenwelt empfangen, sie sind identisch mit der Art und Weise, wie die Dinge drauen existieren, das heit in bezug auf das Wesentliche an beiden. Nun handelt es sich darum, da der Siegellack noch immer sagen knnte: Messing lerne ich doch nicht kennen. Das hiee aber, da das, was den Namen Mller in sich enthlt, auch seiner materiellen Beschaffenheit nach erkannt wrde. Darauf kommt es aber nicht an. Sie mssen unterscheiden zwischen der Widerlegung des Kantianismus - der Kantianismus ist, wenn dieses Beispiel zu Ende gedacht wird, absolut widerlegt - und ein anderes ist es, berhaupt ber den Subjektivismus gnzlich hinauszukommen. Und da fragt es sich: Knnen wir nun auch das Andere finden, das weder in der Natur des Siegellacks, noch in der des Messings ist, das ber beiden darber ist, und eine Synthesis sein wird zwischen Objektivismus und Subjektivismus? Denn mit der bloen Widerlegung des Kantianismus ist es nicht getan. Will man diese Frage beantworten, dann mu man etwas tiefer auf die Probleme eingehen. Da auf diesem Gebiete die neuere Philosophie auf keinen grnen Zweig hat kommen knnen, rhrt davon her, da sie die Verbindung mit einer wirklichen Denktechnik verloren hat. Unsere Frage ist nun diese: Gibt es im Menschen etwas, was die Erfahrung machen kann, da es nicht etwas Subjektives ist? Oder lebt im Menschen nur das, was ber die Subjektivitt nicht hinauskommen kann? Wre die Menschheit imstande gewesen, von Aristoteles herauf den geraden Weg zu gehen, so wrde sie nie in das Netz des Kantia-nismus verstrickt worden sein. Der gerade Weg - ohne den Bruch im Mittelalter - wrde dazu gefhrt haben zu erkennen, da es ber dem Subjektiven ein bersubjektives gibt. Die Menschheit ist eben nicht geraden Weges von Aristoteles weitergeschritten, sondern sie ist auf eine Seitenlinie gekommen, und zwar begann diese Ab-schwenkung schon in der spteren Scholastik infolge des Aufkommens des Nominalismus. Sie hat sich dann immer weiter fortgewlzt auf diesem Abwege, bis sie sich zuletzt bei Kant in einem frmlichen Netz verstrickt fand. Um uns aus dieser Sackgasse herauszuwinden, mssen wir wieder zurckgehen auf Aristoteles und uns fragen: Gibt es denn nichts, das ber das blo Subjektive hinausgeht, was gleichsam subjektiv-objektiv ist? Betrachten wir einmal, wie Aristoteles das Erkennen behandelt. Er unterscheidet das Erkennen durch den Sinn und das Erkennen durch den Verstand. Das Erkennen durch den Sinn ist gerichtet auf das einzelne sinnliche Ding, das Erkennen durch den Verstand ist darauf gerichtet, eine Unterscheidung zu treffen zwischen Materie und Form. Und unter der Form versteht Aristoteles sehr, sehr viel. Der Formbegriff des Aristoteles mte in richtiger Weise der Menschheit erst wieder einmal zum Bewutsein gebracht werden. Ein alter Freund von mir in Wien machte seinen Studenten das immer an einem Beispiel klar. Die Materie ist im Grunde gar nicht das Wesentliche einer Sache, sondern das Wesentliche einer Sache fr unseren Verstand macht die Form aus. Nehmen wir einen Wolf, so sagte Vincenz Knauer - so hie er -einen Wolf, der immer Lmmer frit. Dieser Wolf besteht im Grunde aus derselben Materie wie die Lmmer. Aber wenn er noch so viele Lmmer fressen wrde, er wird doch nie ein Lamm. Was den Wolf zum Wolf macht, das ist die